Mithgar 17 - Drachenbund
Miene.
Bair lief die Böschung hinauf, warf sich in die Arme seines kelans und quietschte vergnügt, als ihn Aravan auffing und an den Füßen hochhob, den Kopf nach unten. Als er das lachende Kind dann wieder auf die Füße stellte, sagte der Elf: »Wie Dalavar Wolfmagier Euch gebeten hat und wie auch ich Euch bat, werde ich die Ausbildung dieses kichernden Welpen übernehmen.« Dann verflog Aravans Lächeln und seine Miene wurde grimmig. »Sollte mich jedoch Kunde von einem gelbäugigen Mann erreichen, so werde ich ihr folgen, denn mein Schwur, Galarun zu rächen, hat Vorrang vor fast allem anderen.«
9. Kapitel
VERSPRECHEN
Winter, 5E999 bis 1000 (Zehn und neun Jahre zuvor)
Häufig sahen die Elfen von Ardental einen riesigen Bären und einen kleinen Silberwolf durch die ausgedehnten Wälder des unter hohen Bergflanken geschützten Tals streifen. Der Wolf sprang voraus, lief dann zu dem Bären zurück, nur um erneut vorauszulaufen, während der Bär gleichmütig voranschritt. Dann hielten Darai und Alori in ihren Beschäftigungen inne und lächelten, denn alle wussten, dass es Urus war, der seinen Sohn die Kunst des Gestaltwandelns lehrte, ein wundersames Ding fürwahr, wenn auch voller Gefahr.
»Pa, erzähl mir noch einmal von dem Mann, dem Bär und dem Jungen und dem Wolf.«
Urus lächelte auf den sechs Jahre alten Bair herab, der seine Knie umschlungen hatte und auf seine Lieblingslektion wartete. »Nun, Sohn, es gibt einen Mann namens Urus, und dann gibt es den Bären. Der Bär ist eine wilde Kreatur, in der die Vernunft kaum Macht hat, denn der Bär wird von anderen Bedürfnissen getrieben, als es die des Menschen sind, der er einst war. Der Bär ist ein Wesen der Wildnis, nicht nur der Mensch Urus in der Gestalt eines Bären, sondern wirklich ein Bär, wenngleich auch weit listiger als alle anderen Bären, ein Bär, der von Zeit zu Zeit höchst unbärenhafte Bedürfnisse hat, Bedürfnisse, die denen der Menschen gleichen, vielleicht sogar denen, die jener Mann besitzt, den man Urus nennt.
Doch der Bär, der einst Urus war, denkt nur selten auf diese Weise; und obwohl er wieder Urus werden könnte, gibt es keine Garantie dafür. Eben das ist die Gefahr, mit der der Bär und Urus leben müssen: Urus könnte nie wieder ein Bär werden, und der Bär nie wieder Urus. Der Mann Urus ist sich dieser Gefahr auch bewusst, der Bär aber nicht.
Ebenso verhält es sich mit dir, mein Sohn: Es gibt einen Jungen namens Bair, und einen Silberwolf. Und der Wolf ist ganz und gar ein Draega, er denkt wie ein Draega, er benimmt sich wie ein Draega, wenngleich er auch listiger ist als alle anderen seiner Art. Doch manchmal hat der Wolf, der einst ein Junge war, Gedanken, die einem Draega fremd sind, Gedanken, die den Überlegungen ähneln, die jemand namens Bair hegt.«
»Aber sag mir, Pa, dieser Junge namens Bair, hat er nicht manchmal auch Gedanken wie ein Draega?«
Urus lachte laut. »Das denke ich doch, denn Urus hat auch oft die Gedanken eines Bären, vor allem, wenn er kämpft.«
»Wann werde ich denn Wolfsgedanken haben, Pa?«
»Vielleicht auch im Kampf, obwohl ich glaube, dass du sehr wahrscheinlich wie ein Wolf denkst, wenn du erst jagen gehst.«
Bair nickte ernst, doch dann hellte sich seine Miene auf. »Gehen wir jagen?«
Urus seufzte. »Eines Tages werden wir das tun, aber nicht heute, und nicht im Tal.«
»Oh.« Bair war sichtlich enttäuscht. »Wenn nicht hier im Tal, wo dann?«
Urus blickte nach Westen. »Im Ödwald.«
Bair riss die Augen auf. »Ythir und kelan Aravan sagen, dass es im Dhruousdarda einst Brut und andere schlimme Kreaturen gab.«
»Das war auch so, Bair, aber jetzt reden wir nicht davon. Stattdessen sag mir, wie also lautet die Lektion, was das Gestaltwandeln betrifft?«
»Dass du ein Mann bist, der manchmal wie ein Bär denkt, und ein Bär, der manchmal wie ein Mann denkt. Und ich werde ein Wolf sein, der manchmal wie ein Junge denkt, und ein Junge, der manchmal wie ein Wolf denkt.«
Urus nickte. »Und jetzt gib acht, Bair, denn das ist sehr, sehr wichtig: Wenn du ein Wolf bist, und wie ein Junge namens Bair denkst, ist dies der Augenblick, da du wieder zum Jungen werden kannst. Es ist lebenswichtig, dass du immer daran denkst, und dich immer auf deinen WahrNamen Bair konzentrierst, wenn du dich bereit machst, dich vom Jungen zum Wolf zu wandeln. Denn nur, wenn der Wolf deinen WahrNamen kennt, kannst du auch wieder ein Junge werden.«
»Das weiß ich schon, Pa, und
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