Mithgar 17 - Drachenbund
Avagon-See.«
Aravan lachte. »Ah, Bair, deshalb nennt man sie auch - Wüstenschiffes eben weil sie so schaukeln. Aber keine Angst, du wirst dich daran gewöhnt haben, bevor wir die Dünen erreichen.«
Sie ritten durch die schwindende Nacht. Der Himmel im Osten wurde heller, und kurz bevor die Dämmerung gänzlich dem Tageslicht wich, erreichten Aravan und Bair den Rand der Karoo, die sich, so weit das Auge reichte, in elegant geschwungenen Dünen vor ihnen erstreckte. In dem strahlenden Sonnenlicht schimmerte die Wüste wie ein Meer aus goldenem Beige und dunkler Bronze. Kelan und elar hielten einen Augenblick inne, um diese beeindruckende Szenerie zu betrachten, bevor sie weiterritten. Links von ihnen stieg die Sonne gerade über den östlichen Horizont. Rechts von ihnen führte die sanfte Kurve der Erg nach Westen weiter, schwang sich allmählich nach Norden, dem Bogen des Landes folgend. Hinter ihnen lag die Stadt Sabra, und hinter ihr die Avagon-See. Und vor ihnen erhoben sich die Dünen der gewaltigen Karoo.
»Himmel, kelan, woher kommt all dieser Sand?«, fragte Bair. Er hatte sein rechtes Bein um den großen, gepolsterten Sattelknauf geschlungen. Das Tier stand still, blickte jedoch zur Stadt zurück, als würde es am liebsten zu einem Ort zurücklaufen, der besser war als jener, der vor ihnen lag.
»Ich weiß es nicht, elar. Vielleicht haben die Götter ihn geschaffen.«
»Wie weit müssen wir durch diesen Sand reisen?«
»Unsere Route beträgt von Sabra hinter uns bis zu unserem Ziel fast hundertfünfzig Werst.«
»Vierhundertvierzig Meilen? Nur durch Sand?«
»Aber nein, Junge, wie du sehen wirst, gibt es dort viel mehr als nur Sand.«
»Zum Beispiel?«
»Das wirst du schon bald sehen«, erwiderte Aravan.
»Hm … Ihr wollt es nicht erzählen, was? Dann sagt mir aber eines: Stoßen wir unterwegs auch auf Vegetation oder Wasser?«
»Ai, sowohl in der Oase Falidii als auch im Kandra-Geh ölz - dort gibt es Wasser und Vegetation.«
Bair nickte. »Ich freue mich schon auf diesen Wald in der Wüste - das Sandra-Gehölz - unser endgültiges Ziel.«
Aravan schüttelte den Kopf. »Sollte Dodona meine Frage beantworten, ist es für mich keineswegs das letzte Ziel. Ich werde von dort aus weiterziehen.«
»Mit mir, kelan.«
»Bair, ich gehe Gefahren entgegen.«
Bair nickte zustimmend. »Allerdings. Und ich habe geschworen, mit dir zu gehen.«
»Bair, ich möchte dich nicht in Gefahr bringen.«
Bair hob eine Hand. »Und ich möchte Euch nicht erlauben, Euch den Gefahren allein zu stellen.«
Aravan seufzte. »Wir werden dies ein anderes Mal besprechen, elar.«
»Was gibt es da zu besprechen?«
»Dich erwarten größere Dinge, Bair, als nur die Rache an einem gelbäugigen Mann.«
Bair hob eine Braue. »Und was …?« Aravan antwortete nicht.
Sie saßen eine Weile schweigend auf ihren Kamelen, bis es schließlich aus Bair herausbrach: »Mein Leben lang habe ich empfunden, dass man mir Geheimnisse und Mysterien vorenthält, als hättet Ihr und ythir und Pa und selbst amicula Faeril ein Schweigegelübde abgelegt. Geheimnisse, die Ihr zu fürchten scheint, denn ich habe oft Sorge in Euren Mienen gesehen, vor allem, wenn wir von den Übergängen ins Dazwischen sprachen, von den Ebenen, und sogar von dem Silbernen Schwert. Vielleicht könnt Ihr mir ja im Kandra-Gehölz sagen, welche >größeren Dinge< mich erwarten, wenn oder falls Ihr Eure Antwort bekommt und wir darüber streiten, ob ich mit Euch gehe oder nicht. Vielleicht erfahre ich ja dann, welche geheime Mission ich zu erfüllen habe.« Bair deutete auf die weite Karoo. »Bis dahin, kelan, je früher wir anfangen, desto eher sind wir fertig, wie ich zahllose Male zu hören bekommen habe.«
Aravan betrachtete den Jungen, während sich widerstreitende Gefühle in seinen Augen deutlich abzeichneten. Doch dann schlug er seinem Tier mit dem Kamelstock auf die Flanke und rief: »Hut! Hut! Hut!« Bair folgte seinem Beispiel, und die beiden ritten weiter, die Packtiere an den Leinen im Schlepp. Die Kamele murrten und brüllten protestierend, weil sie sich wieder in Bewegung setzen mussten. Sie ritten in den endlosen Sand, Aravan vorneweg und Bair hinterher, und schon bald verschwand die Stadt hinter den Dünen. Ihre hohen Minarette versanken als Letztes.
Als die Mittagszeit nahte, hielt Aravan an. Bair ritt neben ihn. »Auch wenn Winter ist«, bemerkte der Alor, »ist es das Beste, wenn wir in der Mittagshitze rasten. Wir können hier Pause
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