Mithgar 18 - Drachenkrieg
Gydwyn die Entzückende, Königin von Jute, gesagt hatte, obwohl sie verrückt war: »Was spielt es für eine Rolle, Eitel, dass du zehn Jahre älter bist als Ryon? Es spielt nicht die geringste Rolle. Unsere uralten Feinde auszulöschen jedoch, das ist von Bedeutung. Und du wirst sie vernichten, sobald du erst Königin von ganz Mithgar bist.« Eitel die Exquisite war mit dem Plan ihrer Mutter voll und ganz einverstanden. Sie brauchte nichts weiter dafür zu tun, als diesen dummen Jungen zu bezirzen, und das würde ihr zweifellos gelingen, sobald sie ihn erst in ihr fleißig benutztes Bett gelockt hatte.
Noch während sich Ryon für den letzten Angriff auf das Ziel fertig machte, den er reiten wollte, bevor auch das Zwielicht erlosch, lief ein Page über das Feld und trat neben das Pferd des Jungen. Der Prinz beugte sich herab und lauschte. Einen Augenblick später reichte er einem Knappen seine Lanze und ritt im Galopp davon. Er überließ es Eitel, allein zurückzukehren, während sich die Hofdamen hinter ihr in dem schwächer werdenden Licht anblickten und wissend lächelten.
»Mylord Prinz Ryon«, rief der Haushofmeister, als Ryon in die von Kerzen erleuchtete Kammer schritt. »Lord Bruka von Blauhorst und Lord Koll von Himmelshorst.«
Ryon, immer noch mit seiner Rüstung bekleidet, zog jetzt die Handschuhe aus und warf sie auf einen Tisch. »Mylords«, er nickte den beiden Gesandten der Zwerge zu.
»Prinz Ryon«, knurrte Bruka und senkte kurz den Kopf, ebenso wie Koll, obwohl dieser nichts sagte.
Die beiden breitschultrigen Zwerge trugen Kettenhemden aus schwarzem Zwergeneisen, hatten zweischneidige Streitäxte auf ihre Rücken geschnallt und sahen sich ziemlich ähnlich. Koll war ein Stück größer, maß beinahe einen Meter fünfzig, Bruka war vielleicht fünf Zentimeter kleiner. Sie trugen einfache Eisenhelme auf den Köpfen, unter denen ihr schwarzes Haar bis auf ihre Schultern herabfiel. Ihre Gesichter schmückten mächtige Barte.
Bruka und Koll dagegen sahen einen braunäugigen, braunhaarigen, schlanken Jüngling von fast einem Meter achtzig Körpermaß vor sich. Sie sahen in sein vor Schweiß glänzendes Gesicht, betrachteten seine verschrammte Rüstung und die Schwielen an seinen Händen und wechselten einen anerkennenden Blick.
»Kommt«, sagte Ryon. »Setzen wir uns, dann könnt Ihr mir sagen, weshalb Ihr hier seid.«
Sie setzten sich an den Tisch. »Wir wollten Euren Vater sehen«, erklärte Bruka, »doch man hat uns mitgeteilt, dass er zur Feste Challerain geritten ist.«
Ryon nickte. »Er und meine Mutter verbringen den Sommer dort. Im Oktober kehren sie zurück. Bis dahin vertrete ich hier in Caer Pendwyr den König.«
Koll knurrte, als überraschte es ihn, dass einem sechzehnjährigen Jüngling so viel Verantwortung übertragen wurde.
Ryon lächelte. »Kann Euer Begehr bis Oktober warten, oder müsst Ihr die mehr als fünfhundert Werst bis nach Rian auf Euch nehmen?«
Koll sah Bruka an und zuckte mit den Schultern. »Wir sind bereits weit gereist«, ergriff der Zwerg das Wort, »um diese Kunde zu überbringen, wenngleich wir nicht wissen, was sie bedeuten mag.«
»Dann sprecht, Mylords«, bat Ryon.
»Skail ist tot«, antwortete Bruka.
»Dreja ebenfalls«, ergriff Koll zum ersten Mal das Wort.
»Die Kaltdrachen?«
»Ai.«
»Wann? Und wie?«
Die beiden Zwerge hoben wortlos die Hände, bis Bruka erläuterte: »Wir haben Skails Kadaver vor einigen Monaten entdeckt. Er lag vor seinem Horst in den Bergen von Gelen. Sein Leichnam wies keine ersichtlichen Wunden auf, deshalb halten wir ihn für ein Opfer des Banns.«
Ryon hob eine Braue. »Ein Opfer des Banns, sagt Ihr? Wie das?«
»Sein Schatz war unberührt.«
»Ah, ich verstehe«, sagte Ryon. »Wäre er von einem Helden erlegt worden, wie Elgo …«
»Einem Dieb wie Elgo, wolltet Ihr sagen«, knurrte Koll, und Bruka nickte bestätigend.
Ryon hob die Hand. »Sagen wir also, dass der Schatz verschwunden wäre, hätte jemand den Drachen erlegt. Und da dem nicht so ist …« Ryon dachte kurz nach. »Ihr beansprucht den Schatz für Euch, nehme ich an.«
Bruka nickte. »Die Drachenhaut ebenfalls.«
»Ah, gewiss. Aber sagt«, fuhr Ryon fort, »warum sollte Skail in die Sonne hinausgetreten sein?«
Erneut zuckten die beiden Zwerge mit den Schultern. »Wer kann schon den Verstand eines Drachen nachvollziehen?«, entgegnete Bruka schließlich. »Wie dem auch sei, als wir die Kunde zum Horst brachten, den Ihr Himmelshorst nennt,
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