Mithgar 18 - Drachenkrieg
… Oh, sie haben es auch getan.« Aravans Handschellen baumelten an den Ketten, viel zu klein, um die Handgelenke einer Person zu umspannen. Trotzdem waren Valkes Flügel hinausgeglitten, weil der Falke sie hatte so zusammendrücken können, dass sie aus den Fesseln hinausglitten, im Unterschied zu Jägers Vorderpfoten.
Aravan und Bair schnallten sich ihre Langmesser um, schulterten die Rucksäcke und legten die Kletterausrüstung an. Als Bair seinen Morgenstern ergriff, sagte Aravan: »Lass uns jetzt nach dem Silbernen Schwert suchen, denn es ist gewiss hier in der Nähe. Ydral wird es allein wegen des Vergnügens, das es ihm bereitet hat, behalten haben. Denn es erinnerte ihn an das Gemetzel, in dem er es erobert hat. Falls wir es finden, müssen wir anschließend Ydral erledigen, bevor er erneut entfliehen kann. Denn was immer er auch in Kirstallopyr gesehen hat, es verheißt nichts Gutes für die Welt und die Schöpfung. Ich will ihn töten, bevor es dazu kommt, und meinen Speer wieder in meinen Händen halten.«
Nur Augenblicke später traten sie mit gezückten Waffen durch den Vorhang vor dem Durchgang auf der linken Seite, durch den auch Ydral aufgetaucht war.
»Bei Adon!«, keuchte Bair und schlug sich eine Hand vor Nase und Mund, denn der Gestank nach Verwesung war überwältigend.
Die von Laternen erleuchtete Kammer war von enthäuteten und ausgeweideten Kadavern übersät. Einige lagen auf Tischen: Rucks, Hlöks und sogar ein mächtiger Troll. Daneben lagen griffbereit funkelnde Instrumente, Skalpelle in allen Größen, aber auch Pinzetten, Zangen, Sägen und andere Folterinstrumente. Zudem standen überall Glasbehälter und Flaschen mit Organen: Augen, Herzen, Zungen, Lebern, Eingeweide, Genitalien und solche Dinge, die Bair gar nicht benennen konnte.
In Bechern und Flaschen, die auf Regalen an einer Wand standen, befanden sich Flüssigkeiten, Kristallsalze, Schwefel und Pulver, all dies neben einer Sammlung von Schädeln. Über einem Feuerkorb mit glühender Holzkohle baumelte der Oberkörper eines Rucks an einem Haken. Das Fleisch war schwarz angelaufen und aufgeplatzt, und Fett tropfte zischend auf die Kohlen darunter.
»Was hat er…?«Bair fühlte, wie sich der Zwieback, den er auf dem Weg zur Festung gegessen hatte, den Weg durch die Speiseröhre zurückbahnte.
Aravan schüttelte den Kopf. »Wie der Sohn, so der Vater«, murmelte er. »Komm«, sagte er dann. »Ich denke, das Schwert befindet sich nicht hier.«
Sie verließen Ydrals gotteslästerliche Chirurgie und gingen bis zu dem Durchgang dahinter, betraten die Kammer, und Bair wappnete sich gegen das, was ihn dort erwartete.
Es war Ydrals Wohnstatt: ein ungemachtes Bett, Stühle, ein Tisch, ein Schreibtisch, ein Schrank…
… mehr konnte Bair nicht aufnehmen, als er sah, dass in dem zerwühlten Bett eine Leiche lag, eine weibliche Leiche.
Sein Zwieback verteilte sich in einem feinen Sprühnebel durch den Raum, zusammen mit dem restlichen Mageninhalt.
»Wenn du kannst«, sagte Aravan, »dann durchsuche den Schrank. Ich selbst werde die Kiste am Fußende des Bettes durchsehen. Und Bair, achte auf vergiftete Nadeln oder andere Fallen, die möglicherweise Türen und Schubladen und Deckel schützen.«
Bair wischte sich den Mund mit dem Ärmel ab, trat an den Schrank und benutzte einen Stachel seines Morgensterns, um die große Tür zu öffnen. Er wühlte darin herum, fand jedoch nur Kleider. Dann zog er die Schubladen auf der linken Seite des Schranks heraus und stellte eine nach der anderen auf den Boden. In den Schubladen lagen ebenfalls nur Gewänder, und auch dahinter befand sich nichts.
Bair drehte sich herum. Der Inhalt der Truhe lag auf dem Boden, die Truhe selbst war umgekippt. Aravan untersuchte gerade den Schreibtisch.
Bair zog den Schrank von der Wand fort und blickte dahinter. Nichts.
Jetzt trat Aravan ans Bett. Er hob die Matratze an, der weibliche Leichnam glitt zur Seite und fiel mit einem dumpfen Plumps zu Boden. »Bair!«
Dieser drehte sich zögernd herum. Auf dem Boden unter den Seilen, die im Zickzack von Bettrand zu Bettrand gespannt waren, um die Matratze zu tragen, lag ein Schwert in der Scheide.
»Kein sehr gutes Versteck«, sagte der Jüngling.
»Er wollte es nicht verstecken«, erwiderte Aravan, der die Matratze hinabfallen ließ und sich bückte. »Er wollte es griffbereit haben, damit er es jederzeit anfassen, es streicheln konnte, um so das Gemetzel vom Dalgor Moor immer wieder aufs Neue durchleben zu
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