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Mitteilungsheft - Leider hat Lukas

Mitteilungsheft - Leider hat Lukas

Titel: Mitteilungsheft - Leider hat Lukas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niki Glattauer
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auf dem Klassenbild wäre. Auch besteht wieder die Möglichkeit für Freundschaftsfotos, das heißt, dass sich jedes Kind mit ein oder zwei (oder auch mehr) speziellen Freunden fotografieren lassen kann, erfahrungsgemäß machen die Kinder gern davon Gebrauch.
    Was das Handy betrifft: Wie ich in Erfahrung bringen konnte, wurde Lukas von unserem Herrn Direktor persönlich vor dem Biologie-Lehrmittelzimmer mit einem eingeschalteten Handy betreten. Laut Schulordnung müssen vormittags alle Handys ausgeschaltet sein. Manche Klassenvorstände lassen die Schüler ihre Handys in der Früh in die Spinde sperren. Jedenfalls ist es nicht zu tolerieren, dass ein Schüler im Schulhaus Videoaufnahmen macht und dann vielleicht auch noch ins Internet stellt. Ohne Ihrem Sohn diese Absicht unterstellen zu wollen, mussten doch unverzüglich Maßnahmen ergriffen werden. Wie gesagt, das Handy liegt im Direktionssekretariat.
    Ich hoffe, Sie haben Lukas inzwischen auch wegen seiner fehlenden Hausübungen ins Gebet genommen. In Mathematik ist er schon wieder zwei Hausübungen hinten. Seine GZ-Blätter fehlen zur Hälfte.
    Mag. Reingard Söllner
    U:
Lukas
    20. 11. 10. leider!
    Mir fehlten in Deutsch die A-Blätter 16, 17 und 18a. Ich muss mein Wörterbuch im Unterricht dabeihaben. Bitte suchen!
    U:
Lukas
    Die Fotos kommen in zirk er a zwei Wochen. Preis: Gruppenfoto: 6 Euro. Die g. Mappe 29 Euro, Passfotos, Fotos gr., kl., 18 Klebe., Freundschaftsfotos: zusätzlich 15 Euro
    Die Fotos gibt es nur gegen
    U:



7
C:\Users\Walter\Dokumente\LukasSchule\TagebuchadMitteilungsheft
Donnerstag, 21. 10.
    Performance. Sie hat Performance geschrieben. Da hätte es bei mir klingeln müssen. Die Frau, die ich in meinem Kopf gehabt habe, hätte nicht Performance geschrieben. Wenn ich jetzt zurückdenke, kommt es mir vor, als hätte ich beim Drüberlesen sogar ein wenig gestutzt, aber es hat nicht geklingelt.
    Also. Sprechstunde bei „Frau Professor Söllner“. Ich klopfe, ich öffne die Tür, ich bin auf eine mittelalterliche Schreckschraube vorbereitet, die hinter einem vormittelalterlichen Schreibtisch mit gezückter Füllfeder auf den Vater eines, nun ja, in einigen Belangen problematischen Schülers wartet, und dann mache ich Bekanntschaft mit dieser Frau. Lehnt, als ich das Zimmer betrete, lässig an der Wand und reißt sich – pffft – gerade eine Red-Bull-Dose auf. Ups!, sagt sie und lächelt mich über den Rand ihrer Brille hin an. Ups!, ohne ihre Stellung zu verändern, Ups!, ohne von der Wand wegzugehen, an der sie lehnt. Und dann prostet sie mir freundlich zu. „Glücklich der Mann einer Frau mit Brille, denn er hat zwei Frauen“, sagt ein russisches Sprichwort, habe ich bei Jewtuschenko gelesen. Die Söllner ist definitiv zwei solche Frauen – die eine aus dem Mitteilungsheft und die, die ich heute in Lukas’ Schule kennengelernt habe.
    –  Ups!
    –  Entschuldigung, ich suche …
    –  Herr Gruber?
    –  Ja.
    –  Söllner, freut mich. Ich komme gerade aus dem Unterricht, ich habe einen total trockenen Hals. Es stört Sie hoffentlich nicht, wenn ich schnell noch …
    An dieser Stelle prostet sie mir zu.
    –  Möchten Sie auch etwas? Red Bull leider aus. Aber vielleicht möchten Sie einen Kaffee? Oder Wasser?
    Ich im blauen Sakko. Sie im … keine Ahnung. War es ein Rolli? Ich glaube, oben war es ein schwarzer Rolli. Unten war es ein Rock, knielang, auch schwarz, ein ja, ein schwarzer, knielanger Rock. Blond gefärbte Haare. Schwarze Brille. Ich habe die Frau noch nie zuvor gesehen – und doch war sie mir vertraut wie eine alte, nein, eben nicht wie eine alte, Freundin.
    –  Kaffee. Gern.
Kann es sein, dass ich Sie … dass wir uns schon einmal …
    –  Getroffen haben? Meinen Sie, in der Schule? Das wohl bisher eher nicht.
    An dieser Stelle hat sie mich über den Rand ihrer Brille hin noch einmal angelächelt. Dann zwei schnelle Schritte, und schon stand sie bei der kleinen Teeküche.
    –  Zucker? Milch?
    –  Nein, schwarz. Und ohne Zucker, bitte.
    Es ist ein gutes und konstruktives Gespräch geworden, ein zwar kurzes, aber dafür erbauliches Gespräch. Wenn man vom Inhalt absieht. Auf den Punkt gebracht: Lukas lernt nichts. Lukas macht keine Hausübungen . Lukas drohen im Semesterzeugnis, wenn er das Steuer nicht herumreißt, „Nicht genügend“ in mindestens drei, wahrscheinlich aber fünf Fächer n. Deswegen hat sie Sabine vor ein paar Wochen zu sich gebeten. Frühfrühfrühwarnung sozusagen. Aber Sabine voll auf

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