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Mitteilungsheft - Leider hat Lukas

Mitteilungsheft - Leider hat Lukas

Titel: Mitteilungsheft - Leider hat Lukas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niki Glattauer
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Geschichte sogar erst in der 6. Stunde. Da kann sich keiner mehr konzentrieren. Stell dir das einmal vor: Nur unterstreichen – und das sollst du dann stur auswendig lernen.
    –  Du könntest es ja auch zu verstehen versuchen.
    –  Verstehen? Eine Jahreszahl? Wer wann wo eine Schlacht gewonnen hat?
    –  Und Niko?
    –  Was Niko. Ob der auch mit seinem Handy …? Na klar, der genauso.
    –  Und eure Lehrerin sieht das nicht?
    –  Sie unterhält sich mit der Urbanek.
    –  Mit wem?
    –  Mit der I-Lehrerin. Immer wenn Test ist, stehen sie am Fenster und reden.
    –  Ihr seid eine Integrationsklasse? Wusste ich ja gar nicht.
    –  Vater!!!
    –  Warum sagst du das so komisch: Vater!!!
    –  Was weißt du eigentlich über mein Leben in der Scheißschule!?!
    –  Sag nicht Scheißschule.
Apropos. Sag, rauchst du?
    –  Rauchen? Nein, wieso?
    –  Nur so.
    –  Was heißt, nur so? Du musst doch einen Grund haben. Jetzt sag schon. Ist es, weil …
    –  Weil du in deinem Test Dupont geschrieben hast.
    –  Der vom Roten Kreuz? Was hat das mit Rauchen zu tun?
    –  Der hieß Dunant. Henry Dunant! Nicht Dupont. Dupont ist ein Feuerzeug.
    –  Aha.
    –  ---
    –  ---
    –  ---
    –  Wieso will hier eigentlich niemand wissen, wieso man mir das Handy weggenommen hat?
    –  Steht das nicht im Heft? Du hast ein Video machen wollen! Und die, die du aufnehmen wolltest, wollten nicht, dass du sie aufnimmst. Auch Jugendliche haben ein Recht auf Anony…
    –  Die, die ich aufnehmen wollte, waren unsere Professoren. Im Lehrerraucherkammerl!
    –  Noch ärger, wenn du deine Prof… Im WAS?
    –  Im Lehrerraucherkammerl. Uns erlauben sie es nicht, aber selber haben sie ein geheimes Raucherkammerl …
    Mittlerweile kenne ich die ganze Geschichte. Auf der Tür steht: Biologie. Drinnen steht der Aschenbecher. In diesem Punkt glaube ich Lukas. Es wurmt sie alle, sagt er, seit Schulanfang. Er hat, sagt er, vorsichtig die Tür aufgemacht und hineingehalten. Es hätte, sagt er, bestimmt geklappt. Schon oft seien Schüler irrtümlich hineingeplatzt und wieder draußen gewesen, ohne dass jemand etwas bemerkt habe. Darum sei das geheime Raucherkammerl in der ganzen Schule ein offenes Geheimnis.
    Aber diesmal kam der Feind von hinten. In Gestalt des Herrn Hofrat Doktordoktor.
    −  Was machst du denn da?
    −  Wieso? Das … äh … Skelett holen?
    −  Mit einem Fotoapparat?
    −  Das ist mein Handy.
    −  Jetzt nicht mehr.
    Und weg ist es gewesen.
Mitteilungsheft
Walter Gruber per Computerausdruck
    Sehr geehrte Frau Professor Söllner,
    Eine Frage betreffend den Fototermin am Dienstag und die Turnschuhe: Lukas besitzt nur Sportschuhe. Nur im Sinne von ausschließlich. Denn gute Sportschuhe kosten, wie Sie wahrscheinlich wissen, heutzutage mehr als normale Straßenschuhe. Was mir recht wäre, wenn der hohe Preis das Übel der Kinderarbeit in Ländern wie Afghanistan und Nordkorea hintanhalten könnte. Sie wissen, wovon ich spreche. Aber tut er das?
    Jedenfalls zieht Lukas andere Schuhe als Sport- oder Turnschuhe nicht mehr an. Selbstverständlich befinden sich daher in seinem Schuhkasten auch Exemplare dieser Gattung, die man guten Gewissens als fototauglich bezeichnen kann. Dürfte er mit sauberen und gepflegten Sportschuhen auf das Klassenfoto?
    Der Vorfall mit seinem Smart-Trottel (gruber-interne Diktion für Tipp- und Ziehmonsteraller Art) wird ihm eine Lehre sein. Behalten Sie das Ding ruhig bis Donnerstag in Verwahrung! Bei der Gelegenheit: Wobei genau wurde Lukas erwischt? Er hüllt sich darüber mir gegenüber hartnäckig in Schweigen.
    Wegen des Nasenpiercings habe ich inzwischen mit meinem Sohn gesprochen. (Ich finde die Idee eines Football-Turniers großartig! Ich wusste bis jetzt nicht, dass Lukas in dieser Sportart Talent besitzt, aber ich unterstütze jede Art der sportlichen Betätigung natürlich sehr. Frau Sibera hat mich bis jetzt übrigens noch nicht kontaktiert, soll ich?)
    mit freundlichem Gruß, Walter Gruber, Wien, am Sonntag, den 17. 10.
Reingard Söllner
    Montag, 18. Oktober
    Sehr geehrter Herr Gruber,
    Zur Frage der Turnschuhe darf ich Ihnen mitteilen, dass wir dabei einem Beschluss des Schulgemeinschaftsausschusses nachkommen. Eltern und Lehrer sind darin übereingekommen, gemeinsam für eine ansprechende Performance unserer Schüler zu sorgen, dazu gehört gefälliges Schuhwerk. Eventuell könnten wir Ersatzschuhe zur Verfügung stellen. Es wäre jedenfalls schade, wenn Lukas nicht

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