Mittelalterliche Klöster: Deutschland - Österreich - Schweiz
Gregor IX. (1227 – 1241).
Im Gegensatz zu Franziskus, der in seiner Laiengemeinschaft Predigt und Selbstheiligung in den Vordergrund stellte, war es für Dominikus, der als Kleriker aus der Amtskirche kam, selbstverständlich, dass der Orden dieser mit gut ausgebildeten Klerikern zur Verfügung stehen müsse. Allerdings führte das Engagement bei der Ketzerbekämpfung zu einer anderen Lesart ihres Namens: Domini canes – Hunde des Herrn.
Auf dem Streifzug durch die Geschichte des abendländischen Mönchtums konnten nur einige Aspekte berücksichtigt, andere bloß erwähnt werden. Die komplexe Geschichte der weiblichen Zweige musste, weil sie Umfang und Rahmen dieser Darstellung sprengen würde, komplett ausgeklammert werden. Der kurze Überblick hat nicht nur die Vielfalt klösterlicher Lebensweisen im historischen Wandel aufgezeigt. Es wurde ebenso deutlich, dass monastische Orden im engeren Sinn erstmals im frühen 12. Jahrhundert mit den Zisterziensern, Kartäusern oder Prämonstratensern in Erscheinung traten. Unter architekturhistorischen Blickwinkel lassen sich die Kongregationen jedoch keineswegs so eindeutig charakterisieren, wie sie verfassungsrechtlich, spirituell und in ihrem gesellschaftlichen Wirken beschrieben werden können. Die These einer Ordensbaukunst konnte von der kunsthistorischen Forschung nie überzeugend begründet werden. Deshalb werden in den folgenden Kapiteln einzelne Aspekte monastischen Bauens exemplarisch erläutert, ohne Anspruch auf Systematik und Vollständigkeit.
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II ♦
Die Benediktiner
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1. Das benediktinische Klosterleben und die Regula Benedicti
D ie Grundlage des Klosterlebens bildet die Benediktregel. Der Urtext ist nicht erhalten. Mit dem Codex Sangallensis 914, der aus der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts datiert und heute in der Sankt Galler Klosterbibliothek aufbewahrt wird, ist ein wichtiger Textzeuge überliefert. Der Codex geht auf das sogenannte Aachener Normalexemplar zurück, das in der karolingischen Klosterreform für das Musterkloster Inda (Kornelimünster) extra aus Italien beschafft und für alle, die sich für den Ordo monasticus entschieden, verbindlich wurde.
Die Benediktregel, die das zönobitische Mönchtum betont, entstand in Abhängigkeit von der sogenannten Magisterregel (1. Viertel 6. Jahrhundert). Während die Magisterregel den monastischen Alltag erheblich ausführlicher beschreibt, enthält die Benediktregel vor allem spirituelle Leitmotive. Gleichwohl ist das benediktinische Motto ora et labora – bete und arbeite – nicht mittelalterlichen Ursprungs. Gegenüber dem primären Anliegen Benedikts, grundlegende spirituelle Werte, die wichtigsten liturgischen Verpflichtungen und allgemeine organisatorische Strukturen darzulegen, treten Hinweise auf die räumliche Organisation des Klosterlebens in den Hintergrund. Der konkreten architektonischen Ausbildung der Klosterräume sowie ihrer Ausstattung wurde keine Beachtung geschenkt.
In der Regula Benedicti werden folgende Räume und Ausstattungen ausdrücklich erwähnt oder können aus dem Kontext erschlossen werden: der Betraum / die Kirche ( oratorium ) mit Chorstallen ( scanni ) und dem Lesepult ( analogium ); ein gemeinsamer Schlafsaal ( dormitorium ), in dem jeder sein eigenes Bett ( lectus ) hat; ein Speiseraum ( refectorium ) mit Tischen und einer Lesekanzel bzw. einem Lesepult für den Tischleser; für den Abt gibt es einen eigenen Tisch ( mensa abbatis ), an dem dieser mit den Gästen und Pilgern speist; eine Küche ( coquina ) für die Mönche, eine weitere für Abt und Gäste; einen Vorratsraum ( cellarium ), eine Kleiderkammer ( vestiarium ) und ein Bücherregal ( bibliotheca ); des Weiteren verschiedene Räumlichkeiten ( cellae ) für Pförtner ( cella iuxta portam ), Novizen ( cella noviciorum ), Gäste ( cella hospitum ) und die kranken Brüder ( cella infirmis fratribus ); schließlich werden noch Wirtschaftsgebäude wie Mühle ( molendinum ), Bäckerei ( pistrinum ), Garten ( hortus ) und Werkstätten für verschiedene Handwerker ( officina artium diversarum ) erwähnt sowie eine Wasserversorgung ( aqua ).
Als Fazit ist festzuhalten, dass in der Benediktregel weder eine zwingende Raumordnung noch bestimmte Raumstrukturen einzelner Gebäude bzw. Gebäudeeinheiten festgeschrieben sind. Kreuzgang ( claustrum ), Kapitelsaal ( capitulum ), Wärmeraum ( calefactorium ), Brunnenhaus ( lavatorium ) oder die Schreibstube ( scriptorium ) werden nicht erwähnt. Der
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