Mitten im Gefühl: Roman (German Edition)
Kriegserinnerungen schwelgte. Oder seine Mutter hatte ihn buchstäblich angefleht, länger zu bleiben, nur bis sieben …
O Gott, Gerry wartete immer noch darauf, dass sie etwas sagte.
»Danke, nein.« Tara schüttelte den Kopf. »Ich warte noch fünf Minuten, dann … «
»Lässt du es gut sein.« Gerry nickte verständig. »Du Arme, mit Männern hast du nicht viel Glück, was?«
Tara zwang sich ein Lächeln auf die Lippen. Wie nett von Gerry, sie darauf hinzuweisen. Sie sah aus dem Fenster – ungefähr zum fünfhundertsten Mal – und stellte sich vor, wie Andys Wagen mit quietschenden Reifen zum Stehen kam, wie Andy ins Pub lief und ausrief: »Gott sei Dank, du bist noch da! Meine Familie wollte mich nicht gehen lassen. Ich war außer mir, weil ich fürchtete, du würdest nicht auf mich warten … «
Und tatsächlich fuhr in diesem Moment ein Auto vom Hotelparkplatz und kam direkt auf sie zu. Tara reckte den Hals und krallte ihre Fingernägel in die Handflächen. Mental zwang sie den dunkelblauen Renault, vor dem Pub langsamer zu werden.
Draußen setzte die Dämmerung ein, aber man konnte noch erkennen, wer am Steuer saß, als das Auto ohne anzuhalten vorbeibretterte. Es war auch möglich, die Person auf dem Beifahrersitz auszumachen.
Es war Andy, lachend und rauchend, mit einer hübschen Frau in einem rosa Kleid neben ihm, deren rechte Hand um seinen Hals lag.
Andy warf nicht einmal einen Blick in Richtung Pub, und im nächsten Moment war der Wagen schon außer Sicht.
Tara fragte sich, ob es körperlich möglich war, sich noch gedemütigter zu fühlen.
Gerry, in dessen Augen das Wiedererkennen glomm, rief: »Gottverdammt! Das war er doch, oder?« Laut genug, dass es jeder im Pub hören konnte – und auch alle, die zufällig gerade auf dem Klo waren.
»Danke schön«, seufzte Tara und griff nach ihrer Tasche.
»Sieht aus, als hätte er ein besseres Angebot bekommen.« Gerry tätschelte ihr ungelenk, aber tröstend die Schulter. »Na ja, so ist das Leben, nicht wahr, Kleines? Wieder einmal hat dir das Schicksal eins mit dem Nudelholz übergezogen.«
Wann hatte er sich eigentlich das letzte Mal mit Maggie getroffen? Ziemlich lange her, dachte Hector, als er sich über den zugewucherten Weg kämpfte, der am Friedhof vorbei vom Hotelgelände zu den Cottages an der High Street führte. Seit er sie das letzte Mal richtig gesehen hatte. Nicht als unansehnlicher Haufen auf dem Gehweg vor ihrem Haus, das zählte nicht.
Mein Gott, hier draußen im Wald war es abscheulich. Kalt und nass. Der Schnee tropfte von den Ästen auf ihn herab. Und es war stockdunkel. Wenn er jetzt über eine Baumwurzel stolperte, konnte er sich die Hüfte brechen, und dann würde er die ganze Nacht hier draußen liegen.
Was machte er hier überhaupt? Er hatte nicht einmal angerufen, um zu hören, ob sie zu Hause war. Er wusste, dass Tara ausgegangen war, aber Maggie ja vielleicht auch. Und warum wollte er sie plötzlich unbedingt sehen? Es war nicht die Aussicht auf Sex, die ihn durch die feuchte, eisige Schwärze trieb. Er wollte nicht mit Maggie schlafen, nur aus irgendeinem Grund mit ihr reden. Vielleicht bereitete ihm sein Gewissen Kopfzerbrechen. Wenn sie mit ihm schlief, zahlte er ihr im Gegenzug – diskret – etwas Geld. Er wusste, dass sie das Geld brauchte.
Als er sich dem Cottage näherte, seufzte Hector erleichtert auf. Durch die Bäume sah er, dass Licht brannte. Maggie war zu Hause.
Aufgrund langer Übung hoben seine Hände geschickt den Riegel an der hinteren Pforte. Geräuschlos schritt er über den schmalen Pfad, der ihren Garten in zwei Hälften teilte. Die weißblauen Gingham-Küchenvorhänge waren zugezogen, aber das Licht schimmerte hindurch und er konnte die schattenhaften Bewegungen von Maggie in der Küche ausmachen.
Sollte er sich schuldig fühlen? War er Paula irgendwie untreu?
Na wenn schon.
Hector verspürte einen freudigen Schauder. Er hob seine klamme Hand und klopfte leise an die Hintertür.
Stille. Abruptes Ende der Bewegungen in der Küche.
Ihm kam der Gedanke, dass Maggie ihn möglicherweise für einen Einbrecher halten könnte.
Schließlich hörte er ihre Stimme, angespannt und furchtsam.
»Wer ist da?«
Er lächelte in sich hinein und rief aufmunternd: »Maggie, es ist in Ordnung, ich bin’s.« Und nur für den Fall, dass es schon zu lange her war und sie ihn völlig vergessen hatte, fügte er hinzu: »Hector.«
Dieses Mal gab es kein Zögern. Er hörte, wie der Schlüssel im Schloss
Weitere Kostenlose Bücher