Mitten im Gefühl: Roman (German Edition)
schuldbewusst auseinandersprangen.
»Mein Gott, es tut mir Leid!« Die junge Frau unterdrückte ein Kichern. »Wir haben uns nur … «
»Mitreißen lassen.« Daisy nickte. Sie verstand nur zu gut. »Aber bitte nicht hier. Wir möchten vermeiden, dass unsere älteren Gäste einen Herzinfarkt bekommen.«
»Sorry.« Der Junge zwinkerte ihr zu.
»Es ist ja nichts passiert.« Daisy hielt die Tür für die beiden auf und lächelte dem Mädchen zu. »Es freut mich, dass Sie sich mit den Verwandten Ihres Patenonkels so gut verstehen.«
Grinsend erwiderte die junge Frau: »O ja, bei uns hat es wirklich eingeschlagen.«
»Wie sehen deine Pläne für heute Abend aus? Kommt Tara wieder vorbei?« Hector hoffte, dass Daisy sich mit der Arbeit nicht übernahm – als er an die Tür geklopft hatte und in ihr Büro getreten war, wirkte sie für den Bruchteil einer Sekunde erschrocken und fahrig, bevor sie merkte, dass es sich nur um ihn handelte.
»Nein. Ich werde ein schönes, langes Bad nehmen und mir eine alkoholfreie Nacht genehmigen.« Daisy lehnte sich auf ihrem Drehstuhl zurück und streckte ihren schmerzenden Rücken. »Tara hat heute Abend schon etwas vor. Ein heißes Date mit einem neuen Mann.«
Hector überließ Daisy sich selbst und ging zur Bar. Paula bereitete sich oben in ihrer Suite auf ein Abendessen mit ihrem Agenten vor, der extra zu Besuch gekommen war. Seit ihrer Ankunft im Hotel überraschte Hector die Plötzlichkeit und Intensität seiner Beziehung zu Paula, aber für sie war es offenbar nichts Ungewöhnliches. Sie war im Showgeschäft, und solche Dinge passierten täglich in diesen Kreisen. Man trifft jemand, man schläft mit ihm, man erklärt, man sei verliebt … ein Wirbelwind an Übertreibung und Dramatik, der mit dem wahren Leben wenig zu tun hatte. Paula hatte noch nicht von Heirat gesprochen, aber vermutlich spukte ihr dieser Gedanke schon durch den Kopf. Das war natürlich lächerlich, aber dennoch schmeichelhaft.
Hector, berüchtigt für seine Unbeschwertheit, nahm nichts davon allzu ernst. Paula war eine bezaubernde Frau und er genoss ihre Gesellschaft sehr, aber er würde sich nicht zu etwas rechtlich Bindendem verleiten lassen. Es war auch schön, so viel Zeit miteinander zu verbringen – im Bett und außerhalb –, aber etwas Freiraum tat ihm dann auch wieder ganz gut.
»Hallo?« Rocky wedelte mit der Hand vor Hectors Gesicht. »Erde an Hector? Wollen Sie etwas trinken? Hector, wo sind Sie denn mit Ihren Gedanken? Blinzeln Sie einmal für Kaffee, zweimal für Scotch.«
Hector blinzelte – rein zufällig – und beobachtete, wie Rocky nach der Cafetière griff. Es hatte keinen Zweck. Er hatte Daisys Worte vergessen wollen, aber sie waren immer noch da. Er fühlte sich wie ein Exraucher, der plötzlich den Duft einer frisch angezündeten Zigarette einatmet.
Tara hatte heute Abend ein heißes Date.
Was bedeutete, dass die Luft in Maggies Cottage rein war. Wenn er Maggie sehen wollte, dann konnte er das tun.
Und nun, da er diesen Gedanken endlich zuließ, entdeckte Hector, dass er Maggie wiedersehen wollte.
Plötzlich stand eine Tasse Kaffee vor ihm. Er sah sie stirnrunzelnd an. »Für wen ist die denn?«
»Für Sie«, sagte Rocky.
»Ich habe nicht darum gebeten.«
»Doch, haben Sie.« Dennoch stellte Rocky die Tasse seufzend beiseite. »Also wollen Sie lieber einen Scotch?«
»Blöde Frage«, sagte Hector und sah auf seine Uhr. »Natürlich will ich einen Scotch.«
43. Kapitel
Tara konnte es einfach nicht glauben. 18 Uhr 45 und immer noch kein Zeichen von Andy. Seit fünfzig Minuten saß sie im Hollybush und er tauchte einfach nicht auf.
Es war nicht nur unglaublich – er hatte doch so versessen gewirkt –, es war auch unglaublich zehennägeleinrollend demütigend. Sie kannte praktisch jeden im Pub und die anderen wiederum wussten alle genau, was sie hier machte, in Schale geworfen in ihrem scharlachroten Satinkleid.
»Noch eine?« Gerry, der Wirt, wies mit mitleidvollem Lächeln auf ihr leeres Colaglas. Momentan war sein Lächeln noch teilnahmsvoll, aber Tara wusste, dass er und die Stammgäste auf ihre Kosten herzlich lachen würden, sobald sie außer Hörweite war.
Zehn vor sieben. Die Entschuldigungen, die sie zu Andys Gunsten erdacht hatte, wirkten zunehmend albern. Na gut, er steckte auf einer Familienfeier fest und die Reden mochten sich länger hingezogen haben als erwartet. Oder er war von einem uralten Verwandten in eine Ecke gedrängt worden, der nun endlos in
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