Mitten in Amerika
immer Muggs Laden. Und Mrs. Flagg interessiert sich für Präriehühner. Ein Teil ihrer Ranch ist Schutzgebiet, wo Präriehühner nisten. Letztes Jahr sind die Flaggs dafür ausgezeichnet worden.«
Die Frau sah Bob an. »In dichtem Gras fühlen sie sich wohl, und es macht uns Freude, sie im Frühjahr bei ihren komischen Balztänzen zu beobachten.«
»Muggs Warenhaus war ordentlich. Jed Steddys Laden war ein Chaos, aber geliebt haben wir diesen Laden alle.« Ein Sonnenstrahl fiel durch das Fenster, und die Nadeln glitzerten.
»Ich weiß noch, daß von den Balken die Metallspanner für Kuhhäute hingen und daß mein Dad einen gebrauchten Sattel gegen sechs Stück davon eingetauscht hat. Und daß es eine große Kiste voll mit dieser glitschigen gelben Seife gab. « Wolken zogen auf, und das Sonnenlicht verglomm, die Nadeln wurden stumpf.
»Ja, das stimmt. Und niemand soll es je fertiggebracht haben, ihn übers Ohr zu hauen. Mein Gott, was der alles in seinem Laden hatte! Ich weiß noch, daß es Patronenschachteln gab, von denen Mr. Steddy behauptet hat, sie stammten aus den Indianerkriegen, und alte Zaunpfosten, auf die ›U. S.-Kavallerie‹ aufgestempelt war, und eine große kegelförmige Garntrommel mit Schnur. Als mein Deddy Besenhirse anbaute, haben wir uns welche von den Zaunpfosten geholt. Erinnert ihr euch an den großen alten staubigen Dinosaurierzahn, den sie auf der Double Z gefunden haben? Auf der Theke gab es einen Glaskasten mit allen möglichen Sachen für Cowboys. Mein Bruder Ivon holte sich dort seine Flasche Glacier-Kopfhautbalsam und schmierte sich das Zeug in die Haare, bevor er zum Tanzen ging. Es roch ein bißchen nach Mandeln. Er war ganz vernarrt in diesen Laden, wie alle Cowboys. Steddy nannte sie immerViehburschen, nie Cowboys. Er hatte alles, was sie brauchten, Tabak, gebrauchte Sättel und Zaumzeug, Schädlingsfallen und Regensachen, Einreibemittel und Veterinärarznei, Hafersäcke und Satteltaschen.«
»Eine Sache, die zur Vergangenheit gehört und der niemand nachweint, sind die Feuer. Dauernd qualmte und brannte es, Grasfeuer. Rauchgeruch jagte einem immer einen Höllenschrekken ein.« Wie auf ein Stichwort erschütterte Donnergrollen die Luft. Die Männer draußen blickten nach oben.
»Zu den Bränden will ich noch was sagen: Nichts auf der Welt war so schön wie die texanische Prärie in dem Jahr nach einer Feuersbrunst.«
»Amen.«
»Aber es waren nicht bloß gute Zeiten und Besuche im Gemischtwarenladen. Es gab auch Herzeleid und Gemeinheit. Erinnert ihr euch an das arme Mädchen, das an seinem entzündeten Bein gestorben ist? Hatte sich einen Teufelsdorn in den Fuß getreten, und die Wunde hat sich infiziert. Und die Feuersbrünste hatten auch ihr Gutes, das ist wahr. Das Unkraut wurde weggebrannt, und das Gras konnte wachsen. Keinem Menschen ist bei diesen Steppenbränden je was passiert. Es war nicht schwer, ihnen zu entkommen – man stieg einfach über sie drüber zu den Stellen, wo es schon gebrannt hatte. Die Häuser und Gebäude, die mußten dran glauben.«
»Ich glaube, das Mädchen mit dem infizierten Bein, das war Helen Leeton. Ihr Vater baute Besenhirse an, und sie waren fürchterlich arm. Ich weiß noch, daß sie einen Bruder hatte, Nutsy Leeton. Fluchte wie ein Maultiertreiber oder Ölbohrer, rauchte seit seinem siebten oder achten Lebensjahr und trank. Als er um die dreizehn war, setzte der alte Mr. Lee- ton ihn raus, und er lebte in einem Wäldchen am Fluß. Helen hat immer gesagt, er wäre nicht ihr Bruder, sie hätten ihn im Gebüsch gefunden, aber er war den Snises wie aus dem Gesicht geschnitten – die Mutter war eine Snise –, groß und mager,mit kohlrabenschwarzem Haar und Augen wie ein Indianer. Sah aus wie Lyndon Johnson. «
»Das Gras wuchs nach so einem Feuer noch mal so gut, aber Steddys Laden ist Jahre vor der Boomzeit abgebrannt, aus und vorbei.« Regentropfen knisterten leise wie Insektenflügel an einem Lampenschirm.
»Mein Vater hat immer gesagt, Jed Steddy hätte das Feuer gelegt, um die Versicherung zu kassieren.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, daß er eine hatte. Hatte damals fast niemand. Vielleicht hat er wegen Geldsorgen aufgegeben und ist im Irrenhaus gelandet. Der Ausschuß für Geisteskrankheiten befand jedenfalls, daß er nicht zurechnungsfähig wäre. Kommt einem heute unglaublich vor, daß es damals so was wie diesen Ausschuß gab.«
»Ich finde, der hat genauso gute Arbeit geleistet wie die ganzen teuren Seelenklempner, zu
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