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Mitten in Amerika

Mitten in Amerika

Titel: Mitten in Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
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City und wer weiß wo noch. Damals blühte das Geschäft. Und dann haben sie den Pony Express erfunden, eine gute Idee an und für sich, aber der hat ihr Ende eingeläutet. Daran sind sie eingegangen. Den gab es nur eineinhalb Jahre, bis die Telegrafen eingeführt wurden, und von da an wollte kein Mensch mehr einen Brief für fünf Dollar pro Marke von Reitern befördern lassen. Ja, die Frachtzüge, die haben das Land zu dem gemacht, was es ist. «
    »Bis die Eisenbahn kam«, sagte Bob, der sich an LaVons Vortrag erinnerte.
    »Ja. Bis die Eisenbahn kam. Verschiedene Museen haben ein, zwei Conestogas oder Buggys oder Dearborns und Rockaways und Jersey-Wagen, aber keine Frachtwagen oder Frachtzüge wie auf dem Bild, das Sie mir gezeigt haben. Vielleicht den einen in Utah, allerdings in ziemlich schlechtem Zustand. Meistens sind nur Bruchstücke übrig.
    Almond Yuta sagt, die Wagen, die zusätzlich an den Frachtwagen drangehängt wurden, hießen Anhänger, so wie heute die Wohnwagen Anhänger heißen. Er hat gesagt, wenn so ein Anhänger mal in einer Scheune oder auf einer Ranch auftaucht, sollen wir ihm Bescheid sagen. Aber die Eisenbahn war ihr Ende. Eisenbahn ja, Maultiergespann und Frachtwagen nein. Die Leute ließen sie einfach auf der Prärie verfaulen. Machten Feuer damit. Kein Mensch wäre auf die Idee gekommen, ausdem Fenster zu schauen und sich zu sagen: ›Das wird meinen Urenkeln mal eine hübsche Stange Geld einbringen‹ und den Wagen schön aufzubewahren. Und deshalb sagt Almond, falls Sie jemals zufällig auf einen stoßen sollten – ich habe ihm nämlich erzählt, daß Sie sich für Maultiergespanne und Wagen interessieren –, dann sollen Sie ihm Bescheid sagen, weil man dafür eine Menge Geld bekommen kann. Es sei denn, der Besitzer möchte sie dem Museum als Schenkung übergeben, um die Geschichte von Texas zu dokumentieren.«
    Und schon sah Bob sich dem Schweinemastgeschäft und dem Luxusruhesitzgeschäft entgleiten und nach Frachtwagen suchen, nach alten bäuerlichen Gefährten und Gerätschaften. Wer wollte wissen, was in einem halben oder ganzen Jahrhundert wertvoll sein würde? Trieb das seinen Onkel und Bromo an, schlossen sie insgeheim Wetten auf künftige Wertsteigerungen ab? Wer weiß. Die Maultiertreiber und die Kutscher der schlichten, aber nützlichen Frachtwagen hätten nicht schlecht gestaunt.
    »Wenigstens haben wir Fotos«, sagte Bob.
    »Aber nicht sehr viele. Wer wäre schon auf die Schnapsidee gekommen, Fotos von Frachtwagen machen zu lassen?«
    »Der Kutscher, der auf sein Maultiergespann stolz war?«
    »Richtig. Diese Kutscher hatten ja genug Geld, um ihre Mulis nach Herzenslust fotografieren zu lassen. Trugen die Bilder wahrscheinlich direkt auf ihrem Herzen.«
    »Wieviel konnte so ein Wagen eigentlich tragen?« fragte Bob, um den alten Mann von seinen sarkastischen Bemerkungen abzulenken und in der Hoffnung, ihn doch noch vom Thema der Frachtwagen zu dem des Grundstückverkaufs zu bugsieren.
    »Laut Almond konnte so ein Santa-Fe-Wagen an die sechseinhalbtausend Pfund transportieren. Einen gebrauchten Wagen und ein Gespann aus sechs Mulis gab es für etwa achthundert Dollar. Überlegen Sie mal, was das heute kosten würde! DieWagen hießen Santa-Fe-Wagen, weil sie immer von Kansas City und Westport aus nach Santa Fe fuhren. Das war ein wichtiger Handelsplatz. Almond hat mir gesagt, daß die meisten der Wagen in Philadelphia gebaut worden sind. Im Osten hatten sie die Holzsorten, die hart genug dafür waren, Robinien und Ulmen und Eichen, Eschen und Pappeln und wer weiß was noch. Und die ganzen Spezialgeräte. Drehbänke und Hobelmaschinen. «
    Der alte Mann warf einen Blick auf die Uhr und sagte: »Es wird Zeit für mein Vormittagsnickerchen. Vielen Dank für Ihren Besuch, Mr. Nickel. Ich hoffe, daß ich Ihre Fragen zu Ihrer Zufriedenheit beantworten konnte. Ich muß mich jetzt hinlegen.« Und geschwind schlurfte er in den Flur und ließ Bob auf dem weißen Plastikstuhl sitzen.
    Die Haushälterin kam und blieb schweigend stehen, um Bob zur Tür zu begleiten. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als zu gehen.
    »Entschuldigen Sie bitte«, sagte er zu der Haushälterin, »es tut mir leid, daß Sie die –«, doch sie schlug ihm die Tür vor der Nase zu, und er befand sich allein in der würzigen Morgenluft.
    Als er sich dem Highway näherte, mußte er weit auf den rechten Wegrand ausweichen, um einen großen grünen SUVJeep vorbeizulassen, der zur Bar Owl Ranch unterwegs war. Der

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