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Mitten in Amerika

Mitten in Amerika

Titel: Mitten in Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
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Alphabetisch, nicht chronologisch. Manchmal denke ich, das war ein Fehler. Aber wir müssen mit unseren Fehlern leben.«
    »Aber könnten Sie dann nicht zuerst A bis L bearbeiten? Ich meine, damit Sie wieder Platz bekommen. Und wollen die Leute ihre Briefe und Fotos nicht zurückhaben?«
    »Gut möglich«, sagte sie unbekümmert. »Wenn ich fertig bin, bekommen sie sie ja zurück. Ich kriege ständig neues Material, das ich bei den Familien am Anfang des Alphabets einfügen muß.«
    »Aber –«
    »Machen Sie sich darüber keine Gedanken, Mr. Dollar«, sagte LaVon. »Sie haben sicher mit Ihrer eigenen Arbeit genug zu tun. Jedem Tierchen sein Pläsierchen.«
    »Ja, natürlich.« Er erkannte die Falle nicht.
    »Was für einer Arbeit gehen Sie denn nach? Was bringt Siezu uns in den Panhandle, wohin sich normalerweise fast keiner verirrt?«
    »Das ist nicht ganz einfach«, sagte er. »Es ist eigentlich keine richtige Arbeit.« Neben LaVons Computer fielen ihm auf dem Tisch zwei halbdurchsichtige Plastikbehältnisse auf. Er hatte den Eindruck, als sähe er in dem oberen Behälter eine Bewegung.
    »Oh? Machen Sie vielleicht Urlaub im sonnigen Woolybucket? «
    »Ich bin auf der Suche nach –«
    »Ja?« Sie starrte ihn unverwandt an.
    »Ich – ich schreibe an einem Artikel über das PanhandleGebiet für eine Zeitschrift. Deshalb interessiere ich mich für Ihr Kompendium .«
    »Was für eine Zeitschrift?«
    »Äh – ich habe mich noch nicht entschieden. Ich dachte mir, ich schreibe erst mal den Artikel, und dann suche ich mir eine Zeitschrift und schicke ihn ein. Vielleicht Oklahoma Today «, sagte Bob, während er fieberhaft nachdachte.
    »Das glaube ich nicht, Mr. Dollar. Sie werden staunen, aber Oklahoma Today ist auf Oklahoma-Themen spezialisiert, und nicht mal der Oklahoma-Panhandle ist für die von gesteigertem Interesse. Und Artikel gelangen nicht auf diese Weise in Zeitschriften. Die Schreiber bekommen Aufträge. Sie halten mich offenbar für ziemlich doof. Nur zu Ihrer Information: Ich war siebzehn Jahre lang im Redaktionsstab von Drip . « Sie erlöste ihn aus seiner Ratlosigkeit. »Eine Agri-Tech-Zeitschrift zum Thema Bewässerung.«
    »Nein. Nein. Sie haben recht. Ich schreibe nicht an einem Artikel. Das ist jemand anders. War jemand anders.« Er überlegte hektisch. »Ich suche in Wahrheit – äh, nach einer Freundin. Meine Mutter ist in Alaska verschwunden, als ich noch klein war, aber sie hat mir immer eingeschärft, daß ich ein Mädchen aus Texas heiraten soll.«
    »Oh, was Sie nicht sagen. Wie alt waren Sie, als Ihre Mutter Ihnen diesen Rat gab?«
    »Etwa sieben. Oder acht.« Er hielt den Blick auf den Plastikbehälter gerichtet. Unterhalb des Deckels waren ringsum Löcher gebohrt.
    »Das ist ganz schön jung, um aufs Heiraten vorbereitet zu werden. Oder war Ihre Mutter Chinesin?«
    »Nein.«
    »Vielleicht kam sie selber aus Texas? An der Küste gibt es eine Menge Asiaten.«
    »Nein. Sie war keine Asiatin. Aber texanische Mädchen haben ihr immer gefallen. Und mir gefallen sie auch.«
    »Ich glaube, Ihre Vorliebe für texanische Mädchen wollen wir fürs erste auf sich beruhen lassen. Apropos, haben Sie eine Arbeit? Ich frage das nur, weil ich mich sonst wundere, wie Sie die Miete aufbringen wollen, auch wenn sie niedrig ist.«
    »Ja, ich habe eine Arbeit. Ich bin als Scout hier, um mich nach geeigneten Grundstücken umzusehen für – für Luxusruhesitze. Global Properties Deluxe. Die Firma will unter Umständen in das texanische Panhandle-Gebiet expandieren. Die Gegend hat Potential.«
    »Wenn Sie wüßten, wie viele Tausende schon von diesem ›Potential‹ geschwafelt haben. Aber Luxusruhesitze hatten wir noch nicht. Hier ziehen die Leute weg, nicht her. Ich hätte erwartet, daß Ihre Firma Sie in die Hügel bei Austin schickt, wo die ganzen reichen Computerfritzen wohnen, oder in die Gegend von Dallas. Unser Panhandle-Millionär wohnt am liebsten im Wohnwagen und steckt sein Geld in Land und Pferde. Aber Sie sind ein Glückspilz, Bob Dollar, daß Sie einen guten Job haben in einer Welt, wo so viele von der Hand in den Mund leben, obwohl sie sich abplacken. Dann macht es Ihnen sicher nichts aus, mir eine Monatsmiete im voraus zu bezahlen? Meine Vorsorge für den Fall, daß Sie sich aus dem Staub machen.«
    Er lächelte und sagte, er wolle den Scheck sofort ausstellen, und fügte hinzu: »Ist in diesem Plastikbehälter irgendwas drin? Mir war, als hätte ich eine Bewegung gesehen. In dem

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