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Mitten in Amerika

Mitten in Amerika

Titel: Mitten in Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
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gegenüber Dämpfen und Feuchtigkeit. Ich kann Ihnen uneingeschränkt das texanische Hochland empfehlen. Es gibt übrigens einen sehr guten Mediziner in Woolybucket – nein, diese texanischen Ortsnamen! –, der einige respiratorische Fälle behandelt und kuriert hat, weitaus gravierendere Fälle als der Ihre. Sie können sich vertrauensvoll an ihn wenden. D. F. Mugg, M. D., ein eifriger Erforscher der Leiden des menschlichen Körpers und zudem ein guter Pferdehändler.«
    »Ich habe keine Vorstellung, wie ich dort mein Leben fristen soll.«
    »Soweit ich weiß, gibt es dort gutes Ackerland, aber noch besseres Weideland für die Viehzucht. Viele Männer, vor allem junge Männer wie Sie, strömen dorthin, um mit dem üppigen Gras und dem klaren Wasser ihr Glück zu machen. Sobald erst Ihre Lunge in der gesunden Luft geheilt sein wird, worauf ich ganz gewiß vertraue, werden Sie, daran zweifle ich nicht, fröhlich jauchzend wie der Blitz über das Blumenbanner der Hochebene reiten. Sie könnten auch weiter nördlich nach Wyoming oder Montana gehen, aber diese Gegenden leiden unter schwerem Frost im Winter und unter Schneestürmen. Texas ist wenigstens warm.«
    Später dachte Fronk voller Bitterkeit an diese Worte zurück. Doch im Zustand seliger Ahnungslosigkeit ordnete er seine Angelegenheiten und tauschte den Großteil seiner weltlichen Besitztümer gegen Bargeld ein (432 Dollar), stritt mit seinem Vater, der noch immer davon träumte, den Sohn Uhrmacher werden zu sehen. Nach drei Tagen des Ringens begriff der Vater, daß der Entschluß des Sohnes feststand, und im späten April 1878 bestieg Martin Fronk einen schnaufenden Zug gen Westen, mit einem Schrankkoffer und einem Koffer ausgestattet, die so lebensnotwendige Dinge enthielten wie eine Axt, gutes Hanfseil und vierzehn Ausgaben des Louisiana GoSteady , eines unregelmäßig erscheinenden illustrierten Blättchens mit aufrührerischen politischen Ansichten und reizvollen Stichen von wenig bekannten entlegenen Gegenden, welcher Rubrik Martin Texas zuordnete, ob Hochland oder Flachland. Außerdem hatte er einen kleinen Sack Yamswurzeln eingepackt und eine Papiertüte mit Kaffeebohnen, die seine jüngere Schwester Lighty eingewickelt und zugeschnürt hatte.
    Als der Zug eine Stunde Aufenthalt in einer Stadt hatte, die aus einem riesigen Kaufladen und lauter Viehherden zu bestehen schien, stieg er aus, um sich die Beine zu vertreten, ging inden Laden und erstand drei Dosen geräucherte Austern; eine öffnete er und aß sie auf dem Bahnsteig, die zwei anderen verstaute er in seinem Koffer. Der Zug fuhr mit einem furchterregenden Ruck an, bevor er in monotones Schlingern verfiel. In der Ausgabe von Go-Steady , die er gerade las, beanspruchte ein wie vom Schicksal eingerückter Artikel über Viehzucht seine ganze Aufmerksamkeit, so daß ihm die außergewöhnliche Länge der Brücke, die der Zug soeben überquerte – 840 Fuß, wie der Fahrer verkündete –, nicht weiter auffiel.
    Vieh, so las er, benötigte auf den texanischen Steppen weder Fürsorge noch Hätschelei. Man schickte es auf die Weide und ließ es nach eigenem Gusto grasen, und einmal oder zweimal jährlich fing man es mit Hilfe der Nachbarskinder (so interpretierte er den Begriff »Cowboy«) ein und trieb die Tiere zum Markt, wo man sie gegen Geld eintauschte. Herrenlose Kühe waren auf den texanischen Steppen so zahlreich, daß ein armer, aber ehrgeiziger Mann es in ein, zwei Jahren zu Reichtum bringen konnte. Leicht hustend blätterte er weiter und las, daß eine Kuh, die in Texas fünf oder zehn Dollar wert war, in Kansas City dreißig Dollar einbringen konnte. Der Artikel rechnete vor, was es hieß, dreitausend Kühe von Texas zu einer Verladestation in Kansas zu treiben. Die elf Männer, die als Viehtreiber benötigt wurden, Koch eingerechnet, kosteten pro Nase 30 Dollar monatlich – machte 330 Dollar. Weitere 100 Dollar erhielt der Anführer der Treiber, und weitere 100 gingen für Vorräte drauf: machte 530 Dollar Ausgaben monatlich. Die Kühe konnten 90000 Dollar einbringen. Mit einemmal sah er seine Zukunft klar vor sich.
    Der Artikel legte dar, daß das einfachste und kostengünstigste Verfahren darin bestand, sich der Dienste eines Viehtreibers zu versichern, statt die eigenen Cowboys einzusetzen, die auf der eigenen Ranch benötigt wurden, wo sie sich um die nächste Kuhernte zu kümmern hatten. In einem anderen Beispiel führte der Artikel einen Rancher auf, der sechs starkeSöhne hatte, die

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