Mitten in Amerika
bestimmten unerläßlichen Einrichtungsgegenständen: gußeiserne Töpfe, ein handgebastelter Grill, geschmiedet aus zwei dampfgereinigten Benzinfässern (die im Unkraut hinter den verfallenen Ruinen einer der Arbeiterbaracken der LX Ranch gefunden worden waren). Diesen Grill baute er in der Gasse hinter seiner Küche auf. Er besuchte Auktionen und den Trödelladen der Heilsarmee in Amarillo, um Geschirr und Besteck zusammenzusuchen, und deckte seine Tische mit mexikanischem Wachstuch, das er in Cactus kaufte, phantasievoll gemustert in Blaugrün und Scharlachrot, Senfgelb und Magenta. Am Ende des Speisezimmers wurden vier lange Tische aneinandergestellt. Zuletzt putzte er die Fenster, hängte ein Schild mit der Bezeichnung O LD D OG auf, das ein Bild seiner Promenadenmischung zierte, und bot von da an täglich einen Mittagstisch an.
Frühmorgens arbeitete Cy auf einer Ranch, ersetzte Blaumacher oder half aus, wenn Vieh zusammengetrieben oder Heu gemacht wurde; stets war er gegen zehn Uhr im Old Dog, um den Grill anzufeuern und die Kartoffeln aufzusetzen. Gegen halb drei war das ganze Geschirr in der Gefängnisspülmaschine, und Cy war wieder Landarbeiter. Abends setzte er seinen Brotteig an, schälte die Kartoffeln für den nächsten Tag, wusch Salat und putzte Gemüse, beides aus Gärten in der Gegend, und schlief ein paar Stunden. Jeden zweiten Samstag fuhr er nach Austin, um biologisch-organische Erzeugnisse einzukaufen.
»Auch Cowboys haben ein Recht auf gesunde Ernährung«, sagte er und setzte sich dem Vorwurf aus (der sich umgehend einstellte), er sei ein verblödeter Gesundheitsfreak und höchstwahrscheinlich ein Linksliberaler, wenn nicht gar Kommunist.
Er besaß eine Stammkundschaft älterer Männer, weil sein Speisezettel acht bis zehn ihrer Lieblingsgerichte aus der Zeit aufführte, als sie Kinder waren und ihr Geschmack ausgebildetwurde: Essigkuchen, Biscuits mit Kakaosauce, gegrilltes Pökelfleisch und, für die älteren Semester, Rindergulasch mit Bier. Für diese alten Herrschaften unter den Sattelhopsern bereitete er hin und wieder das Cowboy-Dessert schlechthin zu, Kirschwackelpudding mit Ginger-ale und Marshmallowstückchen, in kleine glitzernde Würfel geschnitten und mit einem Klacks Schlagsahne und einer Maraschinokirsche verziert. An einem Ort, wo die Männer fast immer draußen in Hitze, Staub und beißendem Wind unterwegs waren, wußte man so ein Dessert zu schätzen.
Cy hatte nichts übrig für pommes gaufrette , sondern favorisierte Maisgrütze; er hatte nichts mit Zabaione am Hut, sondern servierte Rhabarberkuchen und Süßkartoffeltorte. Die Welt besaß viele Arten Protein, doch er beschränkte sich auf gegrilltes Fleisch, Lieblingsgerichte der Ortsansässigen und Catfish. Einmal im Monat grillte er ein ganzes Roastbeef am Spieß oder riesige Pfannen voller Rippchen in Barbecue-Sauce. Gelegentlich, wenn ihm danach war, bereitete er Bierox zu, würzige Rinderbouletten in Teighülle. Er hatte immer ein Glas mandarinengelben Wassermelonenhonig zur Hand, von dem er freigebig Gebrauch machte.
Ausnahmslos erinnerten die alten Männer sich an absonderliche Mahlzeiten ihrer Kindheit. »O Mann, waren wir vielleicht arm«, sagte Methiel Huff. »Kommt mir vor, als hätten wir am Monatsende nix zu futtern gehabt als wie Bohnen und noch mal Bohnen. Rot im Kalender angekreuzt, wenn wir ein bißchen Pökelfleisch hatten, um sie aufzupeppen. Mutter bewahrte es in einem Steinguttopf auf, mit Deckel und einem großen Stein obendrauf, aber irgendwie hat Dads alter Jagdhund den Stein weggeschoben und den Deckel auch und alles ratzeputz aufgefressen. Ma hat gesagt, daß wir nix anderes hätten, um die Bohnen zu würzen, als das Schmieröl vom Windrad. Wenn der Wagen von der Wohlfahrt vorbeikam, kriegten wir Reis, Bohnen, Pflaumen und Milchpulver.«
Bud Hank lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Die Windradbohnen erinnern mich an die Spezialität von meinem Daddy, Halt-die-Klappe-Sirup. Er war ein Wutnickel und konnte es nicht ausstehen, wenn wir Kinder – sieben Jungen und zwei Mädchen – rumtobten; dann sagte er immer: ›Klappe halten, und zwar sofort‹, und wenn wir nicht sofort gehorchten, dann holte er die Flasche mit dem Sirup. War sein Hausrezept, eine scheußliche Mixtur, aus unreifen Kakipflaumen mit ein bißchen Zucker zusammengebraut, und die Wirkung war so durchschlagend, daß man den Mund nicht mehr aufkriegte und der Magen sich zusammenballte wie eine Faust. Großer Gott, ich kann
Weitere Kostenlose Bücher