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Mitten in Amerika

Mitten in Amerika

Titel: Mitten in Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
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lassen, solange er Ace zur Verfügung hat. « Er lehnte amLastwagen, verschränkte die kraftvollen Arme vor der Brust, legte den rechten Knöchel vor den linken. Er trug eine Baseballkappe und war nicht so verschwitzt wie beim letztenmal, obwohl die Höhlung am Ansatz seines schönen Halses, dieses roten Halses, beinahe wie die Haut eines Truthahns, glitzerte und unter seinen Armen Schweißhalbmonde zu sehen waren. Er kaute Kaugummi. Sie konnte den süßen Wintergründuft riechen, das rosa Züngeln zwischen den großen weißen Zähnen sehen. Das blaue Arbeitshemd war bis zur Brust aufgeknöpft. An einem Handrücken befand sich eine getrocknete Blutspur. Er redete, über das Wetter, nahm sie an, aber er vereinnahmte ihre Aufmerksamkeit so ausschließlich, daß sie auf das, was er sagte, nicht achten konnte, sie wollte nur schauen, konnte nur schauen, von den abgeschabten Spitzen seiner Cowboystiefel den schmutzigen Umriß muskelgefüllter Jeans zu den schmalen Hüften und dem schweren nietenbesetzten Gürtel hoch, das Dreieck zwischen Hüften und Schultern, die warme nackte Haut und das dunkelrote Haar, die stoppelbärtigen Kiefer, die sich bewegten, in feuchtem, saftigem Rhythmus kauten, während er redete, mit dem Kinn zu den Wolken im Südwesten deutete, zu den reinweißen Massen hochblickte, die sich ballten und türmten, und irgend etwas sagte, daß man sie im Auge behalten müsse.
    Sie tat es, ohne zu denken. Ein animalisches Bedürfnis packte sie für Minuten mit seinen Fangzähnen, schüttelte ihren Verstand durcheinander. Sie trat vor und drückte leicht ihre heiße Handfläche innen an seinen Oberschenkel, an die längliche Form seines Geschlechts. Er hörte zu sprechen auf, regte sich aber nicht, wandte nur den Blick von den Wolken zu ihren Augen. Seine Miene war ausdruckslos. Er kaute weiter, aber ganz langsam, den Blick unverwandt auf sie gerichtet. Sie waren wie ein lebendes Bild, er lehnte am Lastwagen, die Arme verschränkt, die Beine gekreuzt, sein Geschlecht ein Hügel, sie ihm gegenüber, den Blick auf ihn gerichtet, die Hand an seinenLenden. Sie spürte, wie er unter ihrer Hand steif wurde und wuchs. Was sie auch erwarten mochte, es war nicht das, was geschah.
    »Heiß«, sagte er in unbekümmertem Ton. »Schwitzig.«
    Schweiß war das, was ihr an ihm gefiel, und der Geruch, stechend, stinkend, salzig, Tabak, Pferd, ungewaschene Haare. Ace kam oft verschwitzt und schmutzig nach Hause, aber er dünstete einen säuerlicheren Körpergeruch aus, verbunden mit den Gerüchen von Ketten und Metall, Schmieröl und brackigem Wasser. Ruby Loving roch anders.
    Dann zwinkerte er, trat zurück, stieg in seinen Wagen und fuhr davon.
     
    Drei Monate später sah sie ihn wieder. Sie war mit Ace in Borger zum Einkaufen, und da war er, mit einem neuen schwarzen Filzhut mit geflochtenem Lederband, und kam mit einem anderen Cowboy aus einer Bar. Auf der Stelle durchflutete es ihren Körper wie ein Stromschlag, Hitze, gefolgt von schläfriger Benommenheit. Sie sah, wie sein Begleiter einen Barbier- laden betrat. Ruby ging weiter, bis er die Drogerie erreichte. Ein paar Minuten später war er wieder draußen, eine blaue Tüte in der Hand, wie die Drogisten sie für Arzneimittel verwendeten. Sie fragte sich, was er gekauft hatte – ob er krank war oder Kopfweh hatte oder ob die Tüte etwas so Intimes wie Kondome enthielt. Er ging die Straße entlang auf sie zu. Sie sah ihn unverwandt an, öffnete den Mund, um etwas zu sagen, wenn ihre Blicke einander begegneten, doch er bemerkte sie nicht und ging schnell an ihr vorbei.
    Als Ace aus der Eisenwarenhandlung kam, saß sie im Wagen.
    »Was meinst du, wollen wir in Greunes Rasthaus essen, Chili con carne?«
    »In Ordnung.«
    Und da war er wieder, saß, den Hut zurückgeschoben wieCasey Tibbs, an der Theke, trank Eiswasser und wartete auf sein Essen, einen Teller paniertes Steak mit Milchsauce.
    »He, Ruby«, sagte Ace, »wie geht’s?«
    »Ace! Alles bestens. Weitgehend.«
    »Du kennst meine Frau Vollie? Der du das Tor aufgemacht hast, als wir bei deinem Schwiegervater die Windräder instand- gesetzt haben?«
    »Wie geht’s«, sagte er und hob Hand und Zeigefinger, als wären sie einander nie begegnet, Verleugnung ihrer kühnen Hand an dem heißen Tag vor Monaten.
    »Setz dich zu uns und iß mit uns«, sagte Ace und machte Platz. »Singst du noch?«
    »Klar. Es gibt eine neue Gruppe, die Texas Coffee Cowboys. Ein paar von den früheren Line Rider Boys aus Dalhart.«
    Er kam

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