Mitten in der großen Krise. Ein »New Deal« für Europa (German Edition)
dargelegten Leitlinien modifiziert und wie in Deutschland bis 2012 verlängert werden.
16.2. Massive Forcierung der thermischen Gebäudesanierung sowie der Warmwasserbereitung durch Solarenergie
Die nachfolgenden Überlegungen beziehen sich konkret auf das Großprojekt einer flächendeckenden thermischen Gebäudesanierung in Österreich. Sie gelten im Wesentlichen auch für die österreichweite Umrüstung der Warmwasserbereitung auf den Einsatz von Solarenergie (auch wenn dieses zweite Großprojekt im Folgenden nicht näher behandelt wird). Denn für eine solarenergetische Warmwasserbereitung sprechen die gleichen Gründe wie für die thermische Sanierung, insbesondere im Hinblick auf Energieeffizienz und die Schaffung von Arbeitsplätzen.
Würde der Bestand an Wohngebäuden in Österreich über einen Zeitraum von zehn Jahren auf den Niedrigenergie-Standard gebracht werden, so ergäbe dies ein Investitionsvolumen von etwa 5,7 Milliarden Euro pro Jahr. 22 Seine Realisierung würde nahezu 100.000 Arbeitsplätze pro Jahr schaffen, davon etwa 62.000 in der Bauwirtschaft (im bereits skizzierten Krisenszenario würde die Arbeitslosigkeit unter Bauarbeitern rasch auf mehr als 100.000 Personen ansteigen). Je nach Typ und Altersklasse des Gebäudes ergäbe sich eine Reduktion der Heizkosten von 70 Prozent bis 80 Prozent. Dementsprechend hoch wäre die Reduktion des CO 2-Ausstoßes. Eine flächendeckende thermische Generalsanierung würde daher einen großen Beitrag zur Erreichung künftiger Klimaziele leisten (Kyoto-Nachfolge), die Energieabhängigkeit Österreichs verringern und die Leistungsbilanz verbessern.
Aus mehreren Gründen ist dieses Investitionspotenzial bisher unzureichend genützt worden. Erstens ist das Ausmaß der Einsparungsmöglichkeiten noch immer zu wenig bekannt, zweitens ist es bei kollektivem Gebäudeeigentum schwierig, zu einer gemeinsamen Investitionsentscheidung zu kommen (Eigentumswohnungen) und drittens ist dies dann besonders schwer, wenn Eigentum und Nutzung eines Gebäudes auseinanderfallen. Zwar wäre allen gedient, wenn private Hausbesitzer oder Genossenschaften ihre Wohnhäuser thermisch sanieren und die unter der Heizkostenersparnis liegenden Finanzierungskosten den Mietern verrechnen (diese machen also auch einen Gewinn), doch ist eine Konsensfindung im Vorhinein schwierig.
Diese Situation erfordert eine koordinierende Aktion der Wirtschaftspolitik, insbesondere wegen der gesamtwirtschaftlichen Effizienz eines landesweit durchgeführten Projekts thermische Gebäudesanierung:
Es kommt etwa zur Hälfte direkt der Bauwirtschaft zugute, die andere Hälfte entfällt auf (Vor-)Leistungen verschiedener Branchen.
Im Gegensatz zu Großprojekten profitieren davon nicht bestimmte Unternehmenstypen und Regionen.
Es gibt keine (Bau-)Investition mit ähnlich hoher Arbeitsintensität, ihre Beschäftigungs- und daher auch Steueraufkommenseffekte sind hoch.
Wegen der relativen Kleinheit jedes Einzelprojekts kommen ausländische Produzenten nicht in Betracht.
Da die für die Raumheizung aufgewendete Energie zu einem Großteil importiert wird, ist die Leistungsbilanzentlastung besonders groß.
Die betriebswirtschaftliche Rentabilität und damit der Investitionsanreiz werden durch die langfristig überdurchschnittliche Verteuerung von Energie erhöht.
Die Banken könnten ihr Volumen an nahezu risikolosen Krediten massiv ausweiten.
Ein solches Investitionsprojekt würde konkret unter Beweis stellen, dass Produktion und Beschäftigung einerseits und Umweltschutz andererseits nicht in einem Widerspruch zueinander stehen (müssen), sondern einander hervorragend ergänzen können.
Während Projekte einer herkömmlichen Wirtschaftsförderung durch jeweils eine (zuständige) Gebietskörperschaft organisiert werden, sei es durch finanzielle Zuschüsse oder durch Investitionsaufträge, bedarf das Projekt thermische Gebäudesanierung einer konzertierten Aktion und damit einer organisatorischen Vernetzung von Bund, Ländern, Gemeinden, Gebäudeeigentümern, Bauwirtschaft und Kreditapparat. Zu diesem Zweck sollte eine »Stabsstelle« geschaffen werden, die von all jenen Institutionen bzw. Interessensvertretungen getragen wird, die aus gesamt- oder betriebswirtschaftlichen Motiven ein Interesse an einer möglichst umfassenden Realisierung des Projekts thermische Gebäudesanierung haben.
Diese »Stabsstelle« sollte die wichtigsten dafür nötigen Teilaktivitäten vorbereiten, koordinieren und vorantreiben wie
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