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Mitten in der Nacht

Mitten in der Nacht

Titel: Mitten in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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seinen Eingeweiden, in seiner Kehle und in seinem Kopf. Vor seinen Augen verwandelte sich ihr Gesicht, wurde voller und älter. Kälter.
    Josephine.
    »Raus.« Er war sich nicht sicher, jedenfalls nicht völlig, ob er mit der Frau aus Fleisch und Blut oder mit dem Geist sprach. Seine Hände zitterten, als er sich an der Tischkante festhielt.
    »Wie würde wohl all diesen feinen Ärzten und Anwälten und Indianerhäuptlingen da oben in Boston die Idee gefallen, dass ihr Goldjunge es mit einem Bastardmädchen aus dem Bayou treibt? Ohne Geld, ohne Stammbaum. Die eine zweitklassige Bar betreibt und eine Großmama hat, die für andere Leute näht, um sich ein bisschen was dazuzuverdienen. Die werden Sie sofort aus dem Testament streichen, Süßer. Und dann sitzen Sie auf dem Trockenen mit Ihrem nutzlosen großen Haus. Erst recht, wenn ich ihnen erzähle, dass Sie außerdem auch noch mit der Mama dieser Schlampe geschlafen haben.«
    Seine Beine waren weich wie Wachs, aber er blieb darauf stehen. »Verschwinden Sie aus meinem Haus, ehe ich handgreiflich werde.«
    »Sie sind nicht der Typ, der gegenüber einer Frau handgreiflich wird. Glauben Sie bloß nicht, ich würde mich nicht auskennen.« Angetrieben von Koks und Selbstvertrauen, warf sie den Kopf nach hinten. »Wenn Sie Ihren Docht weiterhin in mein Mädchen stecken und Ihre Familie raushalten wollen, dann müssen Sie mir schon einen Scheck ausstellen, cher. Und den schreiben Sie besser schnell, schleunigst und im Handumdrehen. Und jetzt machen wir zehntausend daraus, weil Sie meine Gefühle verletzt haben.«
    »Ihre Gefühle sind mir keinen Dollar wert, Lilibeth.«
    »Das werden sie aber, wenn ich erst mal mit Ihrer Mama geplaudert habe.«
    »Meine Mutter wird Sie durchkauen und ausspucken.« Er ging zum Küchenschrank, zog eine Schublade heraus und holte einen Notizblock hervor. Kritzelte eine Nummer darauf. »Hier, das ist ihre Nummer. Rufen Sie sie an. Sie können auch mein Telefon benutzen, wenn ich zuhören darf. Es wäre mir wirklich ein großes Vergnügen mitzuhören, wie Sie von ihr abserviert werden.«
    »Ich brauche Geld!«
    »Hier bekommen Sie keins.« Am Ende seiner Geduld angelangt, packte Declan sie am Arm und zog sie zur Tür. »Ich kann Ihnen weitaus mehr Schwierigkeiten machen als Sie mir. Glauben Sie mir«, sagte er und schloss die Tür vor ihrer Nase.
    Er musste sich hinsetzen, bis er seine Beine wieder spürte. Ihm war elend, körperlich elend. Bei ihren wütenden Ausfällen gegen Lena war etwas geschehen. Ihr verwandeltes Gesicht war eins, das er aus seinen Träumen kannte.
    Das Gesicht gehörte zum Haus, jedenfalls zu dem Teil des Hauses, in dem Türen geknallt wurden und man ihn vertreiben wollte.
    Man ihm Böses wollte.
    Und er musste sich eingestehen, dass Lenas Mutter ihm nun zweifellos auch Böses wollte.
    Er stand auf und ging ans Telefon. Ein positiver Nebeneffekt dieses hässlichen Vorfalls war jedenfalls der, dass er seine eigene Mutter wieder zu schätzen wusste.
    Er wählte und fühlte sich beim vertrauten Klang ihrer Stimme gleich besser.
    »Hi, Ma.«
    »Declan? Warum rufst du mich mitten am Tag an? Was ist passiert? Du hattest einen Unfall.«
    »Nein, ich –«
    »All diese entsetzlichen Werkzeuge. Du hast dir eine Hand abgeschnitten.«
    »Ich habe noch alle beide und auch alle anderen Körperteile. Ich rufe dich nur an, um dir zu sagen, dass ich dich liebe.«
    Es entstand eine lange, verheißungsvolle Pause. »Du hast gerade erfahren, dass du an einer tödlichen Krankheit leidest und nur noch sechs Monate zu leben hast.«
    Jetzt lachte er. »Genau. Ich bin ein toter Mann und nehme Kontakt zu meiner Familie auf, damit ich mir einer wirklich starken Trauerfeier sicher sein kann.«
    »Möchtest du, dass Onkel Jimmy ›Danny Boy‹ singt?«
    »Nein, wirklich nicht. Da ruhe ich dann doch lieber in Frieden.«
    »Wird festgehalten. Und um was geht es wirklich, Declan?«
    »Ich möchte dir von der Frau erzählen, die ich liebe und die ich heiraten möchte.«
    Die Pause war noch länger. »Soll das ein Scherz sein?«
    »Nein. Hast du ein paar Minuten Zeit?«
    »Ich denke, dass ich dafür meinen Zeitplan ändern kann.«
    »Also gut.« Er ging an den Tisch und nahm sein Glas mit Eistee. Das Eis war geschmolzen, aber er schüttete ihn trotzdem in sich hinein. »Sie heißt Angelina Simone und sie ist schön, faszinierend, frustrierend, starrköpfig und perfekt. Sie ist einfach perfekt, Ma.«
    »Wann werde ich sie sehen?«
    »Zu Remys Hochzeit.

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