Mitten in der Nacht
und hätte ihm zuliebe auch dann so getan, als würde ich dich mögen, wenn es gar nicht gestimmt hätte. Aber jetzt muss ich gar nicht so tun als ob.«
»Also fang bitte nicht an zu heulen, Effie.« Remy zog ein Taschentuch hervor, als sie zu schniefen anfing. »Das macht sie immer, wenn sie glücklich ist. In der Nacht, als ich sie bat, mich zu heiraten, hat sie so sehr geweint, dass sie erst nach zehn Minuten ihr Ja über die Lippen brachte.«
Er zog sie vom Stuhl. »Komm, chère, du tanzt jetzt mit mir, bis du trocken bist.«
Declan setzte sich wieder auf seinen Stuhl, nahm sein Bier und sah zu, wie sie über die Tanzfläche kreisten.
»Die beiden sehen gut aus zusammen«, meinte Lena hinter seinem Rücken.
»Ja. Ja, das tun sie. Möchtest du wissen, wie wir beide zusammen aussehen?«
»Du bist sehr hartnäckig.« Sie stieß die Luft aus. »Was für ein Auto kaufst du mir denn?«
»Auto?«
»Du hast mir angeboten, mir einen Drink, Kaffee, ein Auto oder einen Hund zu kaufen. Meine Drinks kann ich mir selber kaufen, und mein eigener Kaffee ist mir der liebste. Einen Hund habe ich mehr oder weniger auch. Ein Auto ebenfalls. Aber warum sollte ich nicht auch zwei Autos haben. Welches Auto kaufst du mir?«
»Welches du möchtest.«
»Ich werde es dich wissen lassen«, erwiderte sie und entfernte sich ans andere Ende der Theke.
4
Vier Tage lang arbeitete er ununterbrochen. Nach Declans Auffassung gab es nichts Befriedigenderes, als etwas einzureißen. Selbst die spätere Instandsetzung hatte nicht mehr diesen Pfiff und war längst nicht so aufregend.
Er weidete die Küche regelrecht aus, riss die Arbeitsinsel, die Unterschränke und die Oberschränke heraus. Er löste die Tapete mit Dampf ab und zog das Linoleum heraus.
Zurück blieben eine Hülle aus Gips und Holz und unendliche Möglichkeiten.
An den Abenden kümmerte er sich um seine Blasen und überdehnten Muskeln und durchforstete Designbücher.
Ehe er den Tag begann, trank er jeden Morgen seine erste Tasse Kaffee auf der Galerie und hoffte einen Blick auf Lena und den großen schwarzen Hund zu erhaschen, den sie Rufus nannte.
Er nahm Kontakt zu Arbeitern und Handwerkern auf, bestellte Material und kaufte sich in einem Anfall von Begeisterung vom Fleck weg einen ausgewachsenen Kleintransporter.
Als er das erste Mal in dem zum Fluss hin liegenden Salon ein Feuer machen konnte, feierte er diesen Anlass und sich selbst einsam mit einem Glas Merlot.
Im Schlaf gewandelt war er nicht mehr, dafür hatten ihn jede Menge schlimme Träume heimgesucht. Beim Aufwachen konnte er sich jedes Mal nur noch an Bruchstücke erinnern. Musik – oft die Melodie, die sich wie ein Tumor in seinem Kopf festgesetzt hatte. Oder erhobene Stimmen.
Einmal hatte er auch von Sex geträumt, von leisen Seufzern im Dunkeln, von Fleisch, das sich träge an Fleisch rieb, und dem Bedürfnis, sich wie eine warme Welle aufzubäumen.
Er war mit zitternden Muskeln aufgewacht, den schwindenden Duft von Lilien in der Nase.
Da er von Sex offenbar nur träumen konnte, steckte er sämtliche Energien in den Umbau.
Er unterbrach seine Arbeit nur, weil er dringend einen Besuch machen wollte. Bewaffnet mit einem Strauß weißer Gänseblümchen und einem Lederknochen, machte er sich mit seinem Kleinlaster auf den Weg.
Das Bayouhaus war ein sicherlich widerrechtlich dort hingestellter einstöckiger Bau aus Zypressenholz. Von drei Seiten leckte tabakfarbenes Wasser daran. An einem durchhängenden Steg schaukelte sanft ein kleines, weißes Boot.
Wo kein Wasser war, säumten es Bäume. Zypressen, Steineichen und Hickory. Von den Ästen hingen durchsichtige Flaschen, halb mit Wasser gefüllt. Und in die knorrigen Wurzeln einer Steineiche schmiegte sich eine bemalte Statue der Heiligen Jungfrau.
Zu ihren Füßen violette Stiefmütterchen.
Der Feldweg führte direkt zu einer kleinen Veranda, auf der noch mehr eingetopfte Blumen sowie ein Schaukelstuhl standen. Die Blendläden waren moosgrün gestrichen. Die Fliegentür hatte man an zwei Stellen geflickt, und durch das Schachbrettnetz tönte die kräftige Bluesstimme von Ethel Waters.
Während er aus seinem Wagen kletterte, hörte er das tiefe Warnbellen des Hundes. Doch Declan war in keinster Weise auf die Größe und Geschwindigkeit vorbereitet, mit der Rufus durch die Tür stürmte und auf ihn losging.
»Ach herrje«, brachte er knapp heraus. Ihm blieb gerade noch eine Sekunde, um zu überlegen, ob er durch das Fenster des Kleinlasters
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