Mitten in der Nacht
Gehirnuntersuchungen zu gehen? So machen wir das hier aber nicht, cher. Wenn du nicht möchtest, dass Remy davon erfährt, in Ordnung. Aber du sagst mir Bescheid, wenn dein Termin feststeht, dann komme ich nämlich mit.«
»Lena, ich bin ein großer Junge.«
»Du gehst da nicht allein hin. Entweder komme ich mit oder ich sag's Remy und dann tun wir uns zusammen.«
»Na gut. Ich sag dir Bescheid, wann der Termin ist, und du darfst mir Händchen halten. In der Zwischenzeit werde ich alles auf deine Reinkarnationstheorie setzen. Die ist zwar verrückt, aber lang nicht so unschön wie eine Gehirnoperation.«
»Es heißt, Lucian Manet sei ein sehr schöner Mann gewesen, wie ein junger goldener Gott.« Sie fuhr mit ihren Fingern durch Declans wirres Haar. Es war dunkelblond, dicht und üppig, und Lena war sich sicher, dass es unter der Sommersonne betörende Strähnchen bekam. »Ich finde, dieses Mal übertriffst du ihn.«
»Ach ja?« Er schlang seine Arme um ihre Taille. »Erzähl mir mehr davon.«
»Der Goldtyp hat mich eigentlich immer eher kalt gelassen. Zu hübsch für meinen Geschmack.« Sie warf den Kopf zurück und näherte sich ihm zum Kuss. »Du triffst genau meinen Geschmack, cher.«
Er zog sie näher heran und ließ, nachdem er sein Kinn auf ihre Schulter abgelegt hatte, seinen Blick über die Geländer der Galerie schweifen. »Ich liebe dich, Lena.«
»Solltest du versuchen, mich mit süßen Worten ins Bett zu ziehen, ehe du mir was zu essen –«
Er sah sie wieder an, und das Grinsen auf ihrem Gesicht verschwand, als sie seines sah. »Ich liebe dich«, wiederholte er. »Ich habe früher nie verstanden, was das bedeutet, und hätte nicht gedacht, es einmal zu verstehen.«
Er hielt sie fest, als sie sich freizukämpfen versuchte. »Du musst zur Ruhe kommen«, erklärte sie ihm.
»Ja, das muss ich – aber ich glaube nicht, dass du dasselbe damit meinst. Ich muss hier zur Ruhe kommen, mich hier mit dir niederlassen. Es ist mir egal, ob wir zum ersten oder zum fünfzehnten Mal hier sind. Aber du bist die Frau, auf die ich mein Leben lang gewartet habe.«
»Du machst mehr daraus, als gut ist, Declan.« Fast hätte ihre Stimme gezittert. Ihr Magen war ohnehin schon in Aufruhr. »Wir sind gemeinsam zum Essen gegangen. Wir sind ins Bett gegangen. Wir haben einander ein paar Mal gesehen.«
»Ich brauchte dich nur ein Mal anzusehen.«
Wie tief und klar seine Augen waren. Wie die Oberfläche eines Sees im Dämmerlicht. »Du kennst mich nicht einmal.«
Er zog sie noch näher heran und erinnerte sie daran, dass er einen eisernen Willen hatte und ihr überlegen war. »Du irrst dich. Ich weiß, wie klug und stark du bist. Genug, um dir fast aus dem Nichts eine Existenz zu schaffen. Ich weiß, dass du deine Schulden zahlst. Ich weiß, dass du treu und liebenswert bist. Ich weiß aber auch, dass dich jemand verletzt hat und es keiner großen Anstrengung bedarf, den Schorf über dieser Wunde abzukratzen. Und ich weiß auch, dass ich dir jetzt Angst mache, weil du nicht glaubst, dem gewachsen zu sein, was ich dir sage.«
Sie spürte ihren Herzschlag, als würde eine Faust auf eine frische Wunde einschlagen. »Ich suche keine Liebe, Declan. Tut mir Leid.«
»Ich habe sie auch nicht gesucht, aber jetzt ist es passiert. Wir müssen nichts überstürzen. Ich wollte es dir jetzt eigentlich noch gar nicht sagen, aber... es musste einfach sein.«
»Die Leute finden ständig ihre Liebe und verlieren sie wieder, cher. Es ist nichts weiter als ein Chemiecocktail.«
»Er muss dich sehr verletzt haben.«
Frustriert schob sie ihn weg, und diesmal ließ er sie gewähren. »Du bist im Irrtum. Es gibt keinen Mann oder den Geist eines Liebhabers, der mir das Herz gebrochen hätte. Bin ich etwa ein Klischee für dich?«
»Du bist alles für mich.«
»Mon Dieu.« Bei diesem Mann bekam sie einen dicken Hals und drehte fast durch. Sie kämpfte bewusst gegen dieses Ge-fühl an und sprach klar und deutlich. »Ich mag dich, Declan. Und ich genieße deine Gesellschaft. Ich bin gern mit dir im Bett. Sollte dir das nicht reichen, dann gehe ich jetzt lieber und erspare uns eine Menge Ärger und Enttäuschungen.«
»Reagierst du immer so sauer, wenn dir jemand sagt, er liebe dich?«
Fast hätte sie erwidert, dass es noch keiner gesagt habe. Jedenfalls keiner, der es auch so gemeint hätte. »Ich lass mich nicht gern drängen, und wenn es passiert, setze ich alles daran, nicht in die gewünschte Richtung zu gehen.«
»Das kann ich
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