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Mitten in der Stadt - Borrmann, M: Mitten in der Stadt

Mitten in der Stadt - Borrmann, M: Mitten in der Stadt

Titel: Mitten in der Stadt - Borrmann, M: Mitten in der Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mechtild Borrmann
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jemand nachgeholfen haben, aber anhand der Obduktion gibt es dafür keine Beweise.“ Bongartz hob hilflos die Schultern. „Also, ich würde wegen der Schlägerei, die kurz vorher stattgefunden hat, erstmal nicht von Unfall ausgehen. Ich meine, wir können es drehen und wenden, wie wir wollen: Koller hat auf jeden Fall Besuch gehabt, und es wäre zumindest zu klären, wann der gegangen ist.“
    Van Oss stand auf und stellte sich ans Fenster. Das frühe Licht spielte mit dünnen Restwolken. Gelbgraues Gefieder, das mit jeder Minute fadenscheiniger wurde und sich an den Rändern auflöste. Der Tag könnte schön werden. Wenigstens das Wetter.
    Er kehrte an den Tisch zurück. Er musste an Kollers weit aufgerissene Augen denken. Die Überraschung, die selbst der Tod nicht ausgelöscht hatte.
    „Gut. Was wissen wir über Koller?“
    Grube beugte sich vor. „Er hat eine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker gemacht, hat aber nicht lange in dem Beruf gearbeitet, sondern als Autoverkäufer. Seine beste Zeit hatte er direkt nach der Wende, als der Osten noch alles kaufte, was nach Westauto aussah. Dann ging es stetig bergab. Ist verheiratet und Vater von vier Kindern. Alkoholiker. Immer wieder Besuche von den Kollegen wegen häuslicher Gewalt. Diverse Schlägereien in Kneipen, ein Betrugsdelikt. Einmal angeklagt wegen Kindesmisshandlung, konnte aber nicht nachgewiesen werden. In den letzten Jahren immer mal wieder Anstellungen als Automechaniker oder auch Verkäufer. Aber nie von Dauer.“
    Joop massierte seine Nasenwurzel.
    „Aber noch nie Einbruch oder Raub?“
    Grube schüttelte den Kopf. „Nein. Das ist es ja, was ich so merkwürdig finde. Koller war mit Sicherheit keine zuverlässige Größe. Wieso haben die den mit ins Boot genommen?“
    Joop lehnte sich zurück. „Frau Koller hat ausgesagt, dass ihr Mann am Mittwoch bei ihr war, um sich zu verabschieden. Er wollte angeblich für immer verschwinden. Er käme zu Geld, hat er gesagt. Wir haben aber weder Hinweise auf die Beute noch auf größere Geldbeträge gefunden.“
    Linda mischte sich ein. „Verabschiedet hat er sich übrigens, indem er sie verprügelt hat. Der Fernseher ging nicht. Da hat er sich die Zeit anderweitig vertrieben.“
    Für einen Augenblick herrschte Stille. Joop sah sie herausfordernd an. Wieder hatte sie diesen Ton angeschlagen. Diesen zynischen Ton, dem jegliche professionelle Distanz fehlte. Warum redete sie so?
    Grube ging über Lindas Bemerkung hinweg.
    „Es ist zwar Sonntag, aber Busfahrer arbeiten ja trotzdem. Die Kollegen von der Streife sollen sich auf dem Hendricksgelände umhören. Alle, die zu der Halle gefahren sind, mussten an dem Busdepot vorbei. Vielleicht gab es regelmäßige Besucher.“
    Linda meldete sich zu Wort. „Koller war Stammgast im Kronenstübchen und Bei Hella in Emmerich. Im Kronenstübchen waren wir schon. Aber auch Bei Hella sollte einer vorbeischauen.“
    Grube nickte ihr zu. „Außerdem haben wir grünes Licht vom Krankenhaus. Der angefahrene Italiener ist vernehmungsfähig. Machst du das, Linda?“
    Er reichte ihr eine Notiz mit Namen und Zimmernummer.
    Es war kurz nach zehn, als die Versammlung sich auflöste.
    Joop blieb allein zurück und ging noch einmal zur Magnetwand, an der die Fotos von den beiden Tatorten, vom Patrol und dem toten Koller befestigt waren. Er hängte das Familienfoto, das immer noch auf dem Tisch lag, dazu und sah sich die Übersichtskarte an. Über Rindern? Vielleicht waren sie über Rindern direkt zum Hendricksgelände gefahren. Zu dritt? Oder hatte Koller die anderen beiden irgendwo rausgelassen? Er ging einen Schritt zurück und betrachtete die Wand im Ganzen. Irgendwas war falsch! Irgendwas hatte er in der letzten Stunde gehört oder gesehen, das nicht ins Bild passte. Aber was?

23
    Gegen Mittag wollten sie ins Krankenhaus und anschließend würde Vittore Luigi und Despina zum Flughafen fahren. Die Frauen saßen am Frühstückstisch, als Vittore in die Küche kam. Im Radio redete ein Moderator den Tag fröhlich. Eilig schaltete er es ab. Seine Frau blickte ihn überrascht an. Er rieb sich die Augen. „Bitte Roberta, ich habe Kopfschmerzen.“
    Roberta lächelte ihre Schwägerin verschwörerisch an. „Männer und Schmerzen“, flüsterte sie über den Tisch. Ihre Zuversicht machte ihre Bewegungen leicht.
    Vittore hatte eine schlaflose Nacht hinter sich gebracht. Er hatte sich gesagt: Der Tote ist nicht Koller. Kann nicht Koller sein! Aber je häufiger er die Sätze gedacht hatte,

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