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Mitten in der Stadt - Borrmann, M: Mitten in der Stadt

Mitten in der Stadt - Borrmann, M: Mitten in der Stadt

Titel: Mitten in der Stadt - Borrmann, M: Mitten in der Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mechtild Borrmann
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zog aus einer Innentasche ihren Ausweis hervor.
    „Ich müsste mal einen Augenblick mit Herrn Puntino allein sprechen.“ Sie steckte den Ausweis zurück in die Tasche und sah, dass die Gesichter der Besucher sich verschlossen. Nur widerwillig erhoben sie sich von den Stühlen und verließen das Zimmer. Einer der Männer tätschelte Lucas Hand zum Abschied und sprach leise auf Italienisch zu ihm. Zu gerne hätte sie das verstanden. Eine der Frauen warf ihr einen bitterbösen Blick zu.
    Linda Vergeest stellte sich an das Krankenbett.
    „Herr Puntino, können Sie mir kurz erzählen, was sich am Donnerstagabend zugetragen hat?“ Luca schloss die Augen. Das junge Gesicht wirkte müde und angespannt zugleich.
    „Der Wagen fuhr an uns vorbei und wir dachten … Den Brunnen konnte er noch umfahren, aber dann, wir dachten, der hat die Kurve nicht gekriegt. Ein Unfall! Erst, als wir an dem Juweliergeschäft ankamen, haben wir gesehen, dass die Männer ausgestiegen waren und den Schmuck einsammelten.“
    Linda war überrascht. „Sie sprechen sehr gut deutsch. Nach meinen Unterlagen leben Sie doch in Italien?“
    Er lächelte. „Ich verbringe seit meinem sechsten Lebensjahr alle Ferien hier bei meinem Onkel und meiner Tante.“
    Linda nickte. „Was passierte dann?“
    Luca schloss wieder die Augen. Die Konzentration schien ihn anzustrengen. „Dann sind die Männer wieder in das Auto gestiegen und losgefahren.“ Er sah sie an. „Ich stand auf der Straße. Mein Onkel hat mich gepackt und zurückgerissen, aber die haben mich noch erwischt. Ich glaube mit dem Rückspiegel. Ich bin mit dem Kopf auf das Pflaster geknallt.“
    Linda wartete ab, aber Luca schwieg.
    „Ja, Herr Puntino, das deckt sich so weit mit den Aussagen der anderen Zeugen. Nur …“, sie legte eine kleine künstliche Pause ein, „die anderen Augenzeugen sagen übereinstimmend, dass der Fahrer mit Absicht auf Sie zu gefahren ist.“
    Luca schüttelte kaum merklich den Kopf. „Das kann ich mir nicht vorstellen. Warum sollte er das tun?“
    Lindas Ton verlor seine Freundlichkeit. „Das genau wüsste ich gerne von Ihnen.“
    Schweigen.
    Auf dem weißen Stahlnachttisch stand eine Schale mit Obst, eine Flasche Mineralwasser und Orangensaft.
    Im offenen Fach darunter lagen Tageszeitungen.
    „Sie lesen schon Zeitung?“
    Luca drehte vorsichtig den Kopf und folgte ihrem Blick.
    „Nein. Meine Tante hat mir daraus vorgelesen.“
    Am Fenster waren die Vorhänge zur Seite geschoben. Die Sonne hatte sich endlich durchgesetzt. Nach all den Regentagen erschien ihr der Tag außergewöhnlich hell. Konnte man wirklich vergessen, wie viel Licht ein klarer Frühlingstag hatte?
    „Herr Puntino, bitte beantworten Sie meine Frage. Warum wollten die Täter Sie überfahren?“
    Luca legte die Hände auf der Bettdecke zusammen, als wollte er beten.
    „Das weiß ich nicht. Und ich glaube es auch nicht. Ich war zur falschen Zeit am falschen Ort.“ Er lächelte mühsam. „So sagt man doch hier, oder?“
    Linda steckte ihre Hände in die Jackentasche.
    „Ja, so sagt man hier. Aber in Ihrem Fall glaube ich das nicht.“ Sie atmete tief durch. „Hören Sie, ich will Ihnen sagen, was ich glaube. Ich glaube, dass Sie jemanden erkannt haben. Und zwar den Fahrer!“
    Lucas Blässe vertiefte sich. Er atmete jetzt schwer.
    „Im Laden gab es eine Kamera, auf der ist zu sehen, dass der Fahrer seine Mütze hochgeschoben hatte, als er rückwärts fuhr. Wenn wir den Ablauf anhand der Zeugen rekonstruieren, haben Sie zu diesem Zeitpunkt direkt hinter dem Wagen gestanden.“
    „Ich habe niemanden gesehen, das müssen Sie mir glauben. Es ging alles unglaublich schnell.“
    Langsam beruhigte sich sein Atem.
    Linda nickte langsam.
    „Nun gut, Herr Puntino, wie Sie wollen. Sie sollten aber wissen, dass wir den Fahrer des Wagens bereits haben.“ Sie war sich darüber im Klaren, dass eigentlich nicht bewiesen war, dass Koller an jenem Abend dabei war. Sie bluffte. Grube würde das auch tun.
    „Der Mann heißt Koller, Andreas Koller. Und wissen Sie was? Er ist tot!“
    Der Italiener schnappte nach Luft und wurde so blass, dass sie automatisch nach dem Klingelknopf griff.
    „Was wissen Sie über diesen Koller, Herr Puntino?“
    Er lag mit geschlossenen Augen und rang nach Luft.
    Eine Krankenschwester erschien und hinter ihr die vier Besucher. Die Schwester griff nach dem Handgelenk des Patienten. „Bitte gehen Sie jetzt“, sagte sie mit diesem Vorwurf in der Stimme, der Linda auf die

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