Mitten ins Herz - Roman
glücklich verheiratet und hat zwei Kinder. Die findet keine Leichen und stellt keinen Mördern nach.«
»Stephanie ist doch auch fast glücklich verheiratet«, sagte Grandma. »Sie hat sich letzten Monat verlobt.«
»Siehst du vielleicht einen Ehering an ihrem Finger?«, fragte meine Mutter.
Alle schauten auf meine bloßen Finger.
»Ich will nicht darüber reden«, sagte ich.
»Ich glaube, Stephanie ist hinter einem anderen her«, sagte Grandma. »Ich glaube, die macht diesem Ranger schöne Augen.«
Mein Vater hielt inne, die Gabel mitten in einem Berg Kartoffeln. »Diesem Kopfgeldjäger? Dem Schwarzen?«
Mein Vater war ein Heuchler in Sachen Gleichberechtigung. Er malte keine Hakenkreuze an Kirchenwände, und er diskriminierte auch keine Minderheiten. Aber wenn man nicht italienischer Abstammung war, meine Mutter ausgenommen, dann gehörte man einfach nicht dazu.
»Er ist Amerikaner kubanischer Abstammung«, sagte ich.
Meine Mutter bekreuzigte sich noch mal.
2
Es war bereits dunkel, als ich von meinen Eltern aufbrach. Man konnte nicht damit rechnen, dass Eddie DeChooch zu Hause sein würde, aber ich fuhr trotzdem bei ihm vorbei. Die Fenster auf der Seite der Marguchis waren hell erleuchtet, DeChoochs Seite sah trostlos aus. Ich erhaschte einen flüchtigen Blick von einem gelben polizeilichen Absperrband, das immer noch um den Tatort im Garten gespannt war.
Eigentlich hatte ich etliche Fragen an Mrs. Marguchi, aber die konnten warten. Heute Abend wollte ich die Dame nicht stören. Der Tag war schlimm genug für sie verlaufen. Ich würde sie mir morgen vorknöpfen und auf dem Weg dorthin im Büro vorbeifahren und mir die Adressen von Garvey und Colucci besorgen.
Ich umrundete den Block und fuhr Richtung Hamilton Avenue. Das Haus, in dem sich meine Wohnung befindet, steht ein paar Kilometer von Burg entfernt. Es ist ein solider, dreigeschossiger Bau aus Backstein und Mörtel, der in den Siebzigerjahren hochgezogen wurde, als Sparsamkeit angesagt war. Es bietet nicht viel Komfort, dafür hat es einen anständigen Hauswart, der für ein Sechserpack Bier alles macht, der Aufzug funktioniert immer, und die Miete ist erträglich.
Ich stellte meinen Wagen auf dem Parkplatz ab und sah
hoch zu meiner Wohnung. Das Licht brannte. Jemand war zu Hause, ich jedenfalls nicht. Vermutlich Morelli. Er besaß einen Schlüssel. Bei dem Gedanken, ihm gleich gegenüberzustehen, überkam mich eine plötzliche Erregung, gefolgt von einem flauen Gefühl im Magen. Morelli und ich kannten uns seit der Kindheit, und wir haben es uns nie leicht gemacht.
Ich stieg die Treppe hoch, probierte diverse Mienen, die ich zur Schau tragen konnte, und entschied mich für: mit Vorbehalt glücklich. Eigentlich sind Morelli und ich uns unserer gegenseitigen Liebe ziemlich sicher. Wir wissen nur nicht, ob wir es für den Rest des Lebens auch in einer gemeinsamen Wohnung miteinander aushalten würden. Ich wollte nicht unbedingt einen Polizisten und Morelli nicht unbedingt eine Kopfgeldjägerin heiraten, und dann war da ja noch Ranger.
Ich schloss die Wohnungstür auf und sah mich zwei alten Männern gegenüber, die auf meinem Sofa saßen und ein Footballspiel am Fernsehen verfolgten. Von Morelli keine Spur. Die beiden standen auf und lächelten, als ich ins Zimmer trat.
»Sie müssen Stephanie Plum sein«, sagte der eine. »Darf ich vorstellen: Das ist mein Freund und Kollege Ziggy Garvey, und ich bin Benny Colucci.«
»Wie sind Sie in meine Wohnung gekommen?«
»Die Tür war auf.«
»Die Tür war nicht auf.«
Das Lächeln wurde breiter. »Es war Ziggy. Er hat ein Händchen für Türschlösser.«
Ziggy strahlte und wedelte mit den Fingern. »Ich bin zwar ein alter Tattergreis, aber meine Finger tun immer noch ihren Dienst.«
»Ich lege keinen Wert auf die Bekanntschaft mit Leuten, die in meine Wohnung einbrechen.«
Benny nickte nachdenklich. »Dafür haben wir Verständnis, aber in diesem Fall haben wir uns gedacht, ginge das in Ordnung, da wir etwas von außerordentlicher Wichtigkeit mit Ihnen zu besprechen haben.«
»Und Dringlichkeit«, ergänzte Ziggy. »Von außerordentlicher Dringlichkeit.«
Die beiden wechselten viel sagende Blicke und waren sich einig. Es war dringend.
»Übrigens haben Sie neugierige Nachbarn«, sagte Ziggy. »Wir haben draußen im Treppenhaus auf Sie gewartet, aber gegenüber wohnt eine Dame, die immer wieder ihre Tür aufgemacht und uns angestarrt hat. Das war uns auf die Dauer zu ungemütlich.«
»Ich
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