Mitternacht
ihn als Pelz hätte bezeichnen können.
»Peyser, ich, ich, ich...«
Coombs' Gesicht war teilweise menschenähnlich gewesen, aber größtenteils das eines höheren Primaten, mit knochiger Stirn, flacher Nase und einem vorstehenden Kiefer mit großen, häßlichen, scharfen Zähnen, gleich denen eines Pavians. Mike Peysers gräßlich entstelltes Äußeres enthielt dagegen eine Spur Wolf, oder Hund; Mund und Nase waren zu einer deformierten Schnauze vorgezogen. Die breite Stirn erinnerte an die eines Affen, wirkte aber übertrieben, und in den blutunterlaufenen Augen, die in schattigen Höhlen tief unter dem knochigen Riff der Stirn lagen, war ein Ausdruck der Wut und des Entsetzens, der durch und durch menschlich war.
Peyser hob eine Hand, deutete auf Loman und sagte:
»...hilf mir, mir, hilf, etwas stimmt nicht, stimmt nicht, stimmt nicht, hilf...«
Loman betrachtete die mutierte Hand voll Angst und Staunen zugleich, er erinnerte sich daran, wie seine eigene Hand angefangen hatte, sich zu verändern, als er an diesem Abend beim Haus der Fosters den Ruf der Regressiven vernommen hatte. Verlängerte Finger. Große, grobe Knöchel. Scharfe Krallen anstelle von Fingernägeln. Menschliche Hände, was Form und Anzahl der Finger anbetraf, aber ansonsten vollkommen fremd.
Scheiße, dachte Loman, diese Hände, diese Hände. Ich habe sie im Kino gesehen, oder im Fernsehen, als wir die Kassette Howling ausgeliehen hatten. Rob Bottin. Das war der Name des Spezialeffektemachers, der den Werwolf geschaffen hatte. Er erinnerte sich daran, weil Danny vor der Verwandlung völlig vernarrt in Spezialeffekte gewesen war. Diese Hände sahen fast genauso wie die gottverdammten Hände des Werwolfs in Howling aus!
Das war so verrückt, daß man kaum darüber nachdenken konnte. Das Leben ahmte die Fantasie nach. Fleisch gewordene Fantasie. Während sich das zwanzigste Jahrhundert zunehmend seinem letzten Jahrzehnt näherte, war der wis senschaftliche und technologische Fortschritt an einem Scheidepunkt angekommen, wo der Traum der Menschheit von einem besseren Leben häufig erfüllt, wo aber auch Alp träume zu Wirklichkeit gemacht werden konnten. Peyser war ein böser, böser Traum, der aus dem Unterbewußtsein gekrochen und Fleisch geworden war; man konnte ihm nicht entkommen, indem man aufwachte; er würde nicht verschwinden, so wie die Ungeheuer, die den Schlaf heimsuchten.
»Wie kann ich dir helfen?« fragte Loman argwöhnisch. »Erschießen Sie ihn«, sagte Pennyworth.
Loman antwortete heftig: »Nein!«
Peyser hob die beiden Hände mit den verzerrten Fingern und sah sie einen Moment an, als sähe er sie zum erstenmal. Er gab ein Stöhnen von sich, dann ein dünnes und klägliches Wimmern, »...verändern, kann mich nicht mehr verändern, kann nicht, habe es versucht, will es, brauche es, will es, will es, kann nicht, habe es versucht, kann nicht...«
Sholnick sagte von der Tür: »Großer Gott, er steckt fest er ist gefangen. Ich dachte, die Regressiven könnten sich durch Willenskraft zurückverwandeln.«
»Können sie«, sagte Loman.
»Er nicht«, sagte Sholnick.
»Das behauptet er«, stimmte Pennyworth mit schneller, nervöser Stimme zu. »Er sagte, er kann sich nicht verändern.«
Loman sagte: »Vielleicht, vielleicht auch nicht. Aber die anderen Regressiven können sich verändern, denn wenn sie es nicht könnten, hätten wir sie mittlerweile alle gefunden. Sie streifen ihr verändertes Stadium ab und wandeln wieder unter uns.«
Peyser schien sie gar nicht zu bemerken. Er starrte seine Hände an und wimmerte kehlig, als würde ihn entsetzen, was er sah.
Dann fingen seine Hände an, sich zu verändern.
»Sehen Sie«, sagte Loman.
Loman hatte noch nie so eine Verwandlung gesehen; er war von Neugier, Staunen und Entsetzen gepackt. Die Krallen gingen zurück. Das Fleisch war plötzlich so formbar wie weiches Wachs; es quoll auf, schlug Blasen, pulsierte nicht im rhythmischen Fluß von Blut in den Adern, sondern selt sam, obszön; es nahm neue Formen an, als würde ein unsichtbarer Bildhauer daran arbeiten. Loman hörte Knochen krachen, bersten, wenn sie aufgebrochen und neu gebildet wurden; das Fleisch schmolz und verfestigte sich mit ekelerregenden feuchten Lauten wieder. Die Hände wurden beinahe menschlich. Dann verloren Gelenke und Unterarme etwas von ihrem grobschlächtigen, wölfischen Äußeren. Man sah in Peysers Gesicht, daß sich die menschliche Seele bemühte, den Wilden zu vertreiben, der momentan die
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