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Mitternacht

Mitternacht

Titel: Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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war rund und betoniert, nicht gemauert. Sie war breiter als der rechteckige Graben und etwa einen Meter fünfzig im Durchmesser, zweifellos, damit Arbeiter leichter hineinklettern und saubermachen konnten, falls sie von Unrat verstopft wäre. Aber weder Form noch Größe des Tunnels machten ihr Unbehagen; es war die absolute Schwärze, bei der sich ihre Nackenhärchen aufstellten, denn es war dunkler dort als selbst die Essenz der Nacht auf dem Grund des Abwas serkanals - absolute, absolute Schwärze, und es schien, als würden sie in den klaffenden Mund eines urzeitlichen Behemoths spazieren.
    Ein Auto fuhr langsam an der Bergenwood entlang, ein weiteres an der Conquistador. Das Licht ihrer Scheinwerfer wurde von der Nebelbank gebrochen, so daß die Nacht selbst zu leuchten schien, aber nur wenig dieser seltsamen Beleuchtung drang in den Graben herunter und gar nichts in den Tunnel hinein.
    Als Sam die Schwelle dieses Tunnels überschritten hatte und nach zwei Schritten nicht mehr zu sehen war, folgte Chrissie ihm ohne zu zögern, wenn auch noch voll böser Vorahnungen. Sie gingen langsamer weiter, da der Boden des Tunnels nicht nur steil war, sondern darüber hinaus noch gekrümmt und noch tückischer als der nicht überdachte Graben.
    Sam hatte eine Taschenlampe, aber Chrissie wußte, er wollte sie in der Nähe der Tunnelenden nicht benützen. Der Strahl könnte von außen sichtbar sein und die Aufmerksamkeit einer Patrouille auf sie lenken.
    Der Tunnel war so durch und durch dunkel wie der Bauch eines Walfischs. Nicht, daß sie gewußt hätte, wie es im Bauch eines Walfischs aussah, aber sie bezweifelte, daß es dort eine Lampe oder auch nur ein Donald-Duck-Nachttischlämpchen geben würde, wie sie als Kind eines gehabt hatte. Der Vergleich mit dem Bauch des Wals schien zutreffend zu sein, weil sie das unheimliche Gefühl hatte, der Tunnel wäre in Wirklichkeit ein Magen und das fließende Was ser Verdauungssaft, eine ätzende Lösung, in der sich ihre Turnschuhe und die Beine der Jeans bereits aufzulösen begannen.
    Dann stürzte sie. Sie rutschte auf etwas aus, möglicherweise einem Pilz, der auf dem Boden wuchs und sich dort so sehr festklammerte, daß die Strömung ihn nicht weggespült hatte. Sie ließ das Seil los und ruderte mit den Armen, um das Gleichgewicht zu halten, aber sie fiel dennoch mit einem lauten Platschen hin und spürte sofort, wie sie von der Strö mung mitgerissen wurde.
    Sie war geistesgegenwärtig genug, nicht zu schreien. Ein Schrei hätte die Suchtrupps auf sie aufmerksam gemacht oder Schlimmeres.
    Sie prallte atemringend und keuchend, als ihr Wasser in den Mund floß, gegen Sams Bein und brachte auch ihn aus dem Gleichgewicht. Sie spürte, wie er fiel. Sie überlegte, wie lange sie alle tot und verwesend am Ende des langen vertikalen Abflusses am Fuß der Klippe liegen würden, bis man ihre aufgeblähten und purpurnen Überreste finden würde.

5
    Tessa hörte das Mädchen im Grabesdunkel des Tunnels fallen und blieb auf der Stelle stehen, stemmte die Füße so gut sie konnte gegen den geneigten und gekrümmten Boden und hielt die Sicherungsleine mit beiden Händen fest. Das Seil wurde binnen einer Sekunde straff, als das Mädchen fortgerissen wurde.
    Sam grunzte, und Tessa war klar, daß das Mädchen gegen ihn geprallt war. Das Seil wurde einen Augenblick straff, was ihrer Meinung nach bedeutete, daß Sam weitertaumelte und versuchte, auf den Füßen zu bleiben, während das Mädchen gegen seine Beine drückte und ihn umzuwerfen drohte. Wäre Sam auch gestürzt und von der reißenden Strömung mitgerissen worden, wäre das Seil nicht nur straff gespannt worden, der Ruck hätte ausgereicht, auch Tessa umzuwerfen.
    Sie hörte eine Menge Plätschern vor sich. Und einen Fluch von Sam.
    Das Wasser stieg höher. Zuerst dachte sie, sie bildete es sich nur ein, aber dann merkte sie, daß die Strömung schon bis über ihre Knie reichte.
    Die verdammte Dunkelheit war das Schlimmste, weil man überhaupt nichts sehen konnte, buchstäblich blind war und nicht sicher sein konnte, was vor sich ging.
    Sie wurde unvermittelt nach vorne gezogen. Zwei, drei O Gott! - ein halbes Dutzend Schritte.
    Sam, nicht fallen!
    Tessa stolperte, verlor beinahe das Gleichgewicht und spürte, daß sie sich am Rand einer Katastrophe befanden, daher stemmte sie sich gegen das Seil und benützte es, das Gleichgewicht wiederzuerlangen, anstatt in der Hoffnung weiterzustolpern, daß es schlaff werden würde. Sie betete zu

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