Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mitternacht

Mitternacht

Titel: Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
voll Zorn, Sehnsucht, Erregung und Begierde. Der Schrei von Regressiven bei der Jagd.
    Ihre Schreie machten ihn frösteln.
    Und erfüllten ihn mit einer seltsamen Sehnsucht.
    Nein.
    Er ballte die Hände so fest zu Fäusten, daß sich die Fingernägel in die Handflächen gruben, und drängte die Dunkelheit zurück, die in ihm emporwallen wollte. Er versuchte, sich auf Polizeiarbeit und die naheliegenden Probleme zu konzentrieren.
    Wenn die Schreie von Alex Fester, Sharon Foster und Jack Tucker kamen - was höchstwahrscheinlich der Fall war -, wo war dann Christine, das Mädchen?
    Vielleicht war sie entkommen, als sie ihre Verwandlung vorbereitet hatten. Der umgekippte Küchenstuhl, Tuckers einsame schwarze Tasche und die offene Eingangstür schienen diese beunruhigende Erklärung zu unterstützen. Bei der Verfolgung des Mädchens und in der Aufregung der Jagd hatten die Fosters und Tucker vielleicht dem latenten Drang zur Regression nachgegeben. Dem möglicherweise gar nicht so latenten Drang. Sie hatten vielleicht schon früher Regres sionen durchgemacht und sich diesmal rasch und willig dem veränderten Stadium ergeben. Und jetzt jagten sie Christine in der Wildnis im Süden - oder hatten sie schon längst erwischt und in Stücke gerissen und waren immer noch regressiv, weil sie dunkle Erregung an dieses niedere Stadium empfanden.
    Die Nacht war kühl, aber Loman schwitzte plötzlich. Er wollte... brauchte...
    Nein!
    Erst heute hatte Shaddack Loman gesagt, daß die Tochter der Fosters den Schulbus verpaßt hätte und von der Bushaltestelle an der Landstraße nach Hause zurückgekehrt wäre, wo sie ihre Eltern dabei überraschte, wie sie mit ihren neuen Fähigkeiten experimentierten. Daher mußte das Kind früher als geplant der Verwandlung unterzogen werden; das erste Kind, das verwandelt werden sollte. Aber >experimentiert< war vielleicht eine Lüge, die sich die Fosters ausgedacht hatten, um ihre Haut zu retten. Vielleicht waren sie in tiefer Regression gewesen, als das Mädchen hereingekommen war, was sie Shaddack nicht mitteilen konnten, ohne sich zu De generierten unter den Neuen Menschen zu machen. Die Verwandlung sollte die Menschheit vorwärtsbringen; sie war eine erzwungene Evolution.
    Willige Regression war dagegen eine kranke Perversion der Macht, die die Veränderung verlieh. Die Regressiven waren Ausgestoßene. Und die Regressiven, die nur wegen des Kitzels der Jagd töteten, waren die Schlimmsten von allen: Psychopathen, die sich für Devolution statt Evolution entschieden hatten.
    Die fernen Schreie ertönten erneut.
    Ein Zittern lief an Lomans Wirbelsäule entlang. Es war ein angenehmes Zittern. Er wurde von dem starken Verlangen erfüllt, die Kleider auszuziehen, auf den Boden zu sinken und nackt und ungehindert mit langen, anmutigen Schritten durch die Nacht zu streifen, über die Wiesen und in den Wald, wo alles wild und wunderschön war, wo Beute nur darauf wartete, gefunden und gestellt und niedergeworfen und zerrissen...
    Nein.
    Kontrolle.
    Selbstbeherrschung.
    Die fernen Schreie durchbohrten ihn.
    Er mußte Selbstbeherrschung aufbieten.
    Sein Herz schlug heftig.
    Die Schreie. Die süßen, gierigen, wilden Schreie...
    Loman fing an zu zittern, dann schüttelte er sich heftig, als er sich im Geiste vorstellte, wie er von der starren Haltung des Homo erectus befreit wurde, und ebenso von den Behin derungen zivilisierter Umgangsformen und kultivierten Benehmens. Wenn der urtümliche Mensch in ihm endlich freigesetzt werden und in seinem natürlichen Zustand leben könnte...
    Nein. Undenkbar.
    Seine Beine wurden schwach, er fiel zu Boden, aber nicht auf alle viere, nein, denn diese Haltung würde ihn ermutigen, sich diesen unaussprechlichen Begierden zu ergeben; statt dessen rollte er sich auf der Seite in eine embryonale Haltung zusammen, zog die Knie bis zur Brust und kämpfte gegen den immer stärker werdenden Drang der Regression. Seine Haut wurde so heiß, als hätte er stundenlang in der Sommersonne gelegen, aber ihm wurde klar, daß die Hitze nicht von einer äußerlichen Quelle stammte, sondern tief aus seinem Innersten kam; das Feuer stammte nicht nur aus den lebenswichtigen Organen oder dem Knochenmark, sondern aus dem Material in seinen Zellwänden, aus Milliarden Zellkernen, in denen sich das genetische Material befand, das ihn zu dem machte, was er war. Allein in Dunkelheit und Nebel vor dem Haus der Fosters, von den hallenden Schreien der Regressiven verführt, sehnte er sich danach,

Weitere Kostenlose Bücher