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Mitternacht

Mitternacht

Titel: Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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zitterte. Nach einer Weile beruhigte ihn das Streicheln fast ebensosehr wie den Hund. Wenn das FBI auf den Brief reagierte, den er vor über einer Woche geschrieben hatte, wußte er nicht, ob er die Schreckgespenster erwähnen würde. Er würde ihnen alles erzählen, was er gesehen hatte, und vieles konnte nützlich für sie sein. Aber das... Einerseits war er sicher, daß die Be stien, die er mittlerweile viermal so flüchtig zu Gesicht bekommen hatte, irgendwie mit den seltsamen Ereignissen der vergangenen Wochen zusammenhingen. Aber sie lagen in einer anderen Größenordnung des Seltsamen, und wenn er von ihnen sprach, würde er vielleicht wunderlich, wenn nicht gar verrückt wirken, so daß die Agenten der Bureaus alles andere anzweifeln könnten, was er zu sagen hatte. Bin ich wunderlich? fragte er sich, während er Moose tätschelte. Bin ich verrückt?
    Nachdem er zwanzig Jahre an den Rollstuhl und ans Haus gefesselt war und praktisch nur durch das Teleskop und das Fernglas lebte, war er vielleicht so verzweifelt darauf aus, zur Welt zu gehören und so gierig nach Aufregung, daß er sich eine gigantische Verschwörungsfantasie am Rande des Unheimlichen zusammengereimt hatte, sich selbst als >Mann der Bescheid weiß< ins Zentrum rückte und davon überzeugt war, seine Trugbilder wären real. Aber das war höchst unwahrscheinlich. Der Krieg hatte seinen Körper verkrüppelt und schwach gemacht, aber sein Verstand war so scharf und klar wie immer, vielleicht durch das Unglück noch ausgeprägter und schneller. Das war sein Fluch, nicht der Wahnsinn.
    »Schreckgespenster«, sagte er zu Moose.
    Der Hund hechelte.
    »Was kommt als nächstes? Werde ich eines Tages zum Mond aufsehen und eine Hexe auf dem Besenstiel erblicken?«

25
    Chrissie kam am Pyramid Rock, der einst ihre Fantasie beflügelt hatte, sich zentimetergroße Ägypter vorzustellen, aus dem Wald heraus. Sie sah nach Westen, zum Haus und den Foster-Stallungen, wo die Lichter jetzt im Nebel regenbogenfarbene Auren hatten. Einen Augenblick später spielte sie mit dem Gedanken, dorthin zurückzukehren und Godiva oder ein anderes Pferd zu holen. Vielleicht konnte sie sich sogar ins Haus schleichen und eine Jacke holen. Aber sie entschied, daß sie zu Fuß sicherer und nicht so auffällig sein würde. Außerdem war sie nicht so dumm wie die Filmheldinnen, die immer wieder zum Bösen Haus zurückkehrten, obwohl sie wußten, daß das Böse Ding sie dort wahrschein lich finden würde. Sie wandte sich nach Ost-Nordost und lief über die Wiese zur Landstraße.
    Dank ihrer üblichen Klugheit dachte sie, als würde sie eine
    Zeile aus einem Abenteuerroman lesen wandte sich Chrissie schlau von dem verfluchten Haus ab und floh in die Nacht, und sie fragte sich, ob sie diesen Ort ihrer Jugend jemals wiedersehen oder Trost in den Armen ihrer jetzt entfremdeten Familie finden würde.
    Hohes, herbstlich trockenes Gras schlug gegen ihre Beine, als sie zur Mitte des Feldes lief. Sie hielt sich nicht an der Baumgrenze, sondern wollte im offenen Gelände sein, damit sie nicht von etwas von den Bäumen herab angesprungen würde. Sie glaubte nicht, daß sie ihnen entkommen könnte, wenn sie sie erst einmal entdeckt hätten, nicht einmal, wenn sie Minuten Vorsprung hätte, aber sie wollte sich wenigstens die Chance lassen, es zu versuchen.
    Während sie in dem Rohr Zuflucht gesucht hatte, war die Nacht noch kälter gewesen. Ihr Flanellhemd schien nicht mehr zu wärmen als eine kurzärmelige Sommerbluse. Wäre sie eine Heldin der Art, wie sie Ms. Andre Norton schuf, dann wüßte sie, wie sie sich aus Gras und anderen Pflanzen einen Mantel mit hohem Isolierfaktor weben könnte. Oder sie wüßte, wie man Pelztiere fing und schmerzlos tötete, wie man ihre Felle gerbte und zusammennähte, um sich in Ge wänder zu hüllen, die ebenso erstaunlich modisch wie praktisch waren.
    Sie mußte einfach aufhören, an die Heldinnen dieser Bücher zu denken. Ihre vergleichsweise Unfähigkeit deprimierte sie.
    Und sie hatte schon genügend Gründe, deprimiert zu sein. Sie war aus ihrem Haus vertrieben worden. Sie war allein, hungrig, fror, war verwirrt und hatte Angst - und sie wurde von unheimlichen und gefährlichen Kreaturen verfolgt. Und das Wesentliche... ihre Mutter und ihr Vater waren stets ein wenig distanziert gewesen, sie hatten ihre Zuneigung nie sehr deutlich zur Schau gestellt, dennoch hatte Chrissie sie geliebt, und jetzt waren sie dahin, vielleicht für immer, auf eine Weise

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