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Mitternachtserwachen

Mitternachtserwachen

Titel: Mitternachtserwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Mignani
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umfasste ihren Oberarm und zerrte sie aus der Zelle, einen Gang entlang. Was hatte Ralph mit den Tuatha de Danann zu tun? Er schloss eine massive Holztür am Ende des Flurs auf. Aileen blieb beinahe das Herz stehen, als ein Déjà-vu sie mit aller Kraft packte. Sie war in dem Haus der Atillios, doch nicht in Silent Rose , sondern in dem, das auf der anderen Seite stand. Sie war in dem Schlachthaus, gefangen mit einem Monster, das sie einst über alles geliebt hatte, mehr als das eigene Leben.
    Er schubste sie in ein Schlafzimmer und deutete auf das angrenzende Bad. „Mach dich frisch, und zieh an, was auf dem Bett liegt. Unsere Gäste warten, Liebes. Sie sind … hungrig.“
    Das letzte Wort trieb ihr kalten Schweiß auf die Haut, wie Tausende von Eisstücken, die ihren Leib entlangschabten und sie aufgeschürft zurückließen.
    Sie sah auf seine Zähne, die spitz und geschärft zwischen seinen Lippen blitzten. Ralph hatte noch immer das dunkle Haar, das ihm in die Stirn fiel, war noch immer zehn Zentimeter größer als sie. Doch ansonsten hatte er so viel mit ihrem Ralph gemeinsam wie ein Kätzchen mit einem ausgehungerten tollwütigen Löwen.
    „Solltest du nicht kooperieren, Liebes …“, er streichelte mit seinem Handrücken über ihre Wange, „… werden es ein paar unserer anderen Gäste bitterlich bereuen. Ich glaube, die kleine Brandy und auch Morven fühlen sich nicht wohl in diesem Haus. Ich werde ihnen die Haut von den Leibern ziehen, wenn du nicht tust, was ich sage.“ Erneut dieses fürchterliche Lachen. „Eine sehr effektive Methode, schmerzvoll, jedoch nicht tödlich. Es ist, als würde man einen Apfel pellen.“
    Oh Gott, nein! Aber weder ein Gott noch Beten würde ihr helfen. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss, und Aileen starrte ins Leere, konnte sich kaum auf den Füßen halten, während die Marbhadair in ihr sich an die Oberfläche kämpfte. Auch wenn sie die Stärke begrüßte, der wilde Hass, der ihre anderen Sinne überrollte, könnte tödlich enden. Denn die Marbhadair in ihr liebte diesen Ralph, verehrte ihn und würde alles tun, um Aileen zu verdrängen. Die geringe Kontrolle, die sie über dieses Geschöpf in ihr erlangt hatte, hing an zerbrechlichen Fäden. Wie eine Marionette lief sie ins Bad, entledigte sich des schmutzigen Nachthemds und stellte sich unter die Dusche, stützte sich an dem Marmor ab, als das Wasser wie Säure auf ihre Wunden prallte. So schlimm der Schmerz auch war, er half ihr, sich zu konzentrieren, denn erst jetzt ließ sie die Worte des Monsters an sich heran: Brandy und Morven. Hatte er geblufft? Wie gern würde sie es glauben, doch sie ahnte, dass er eine Lüge nicht nötig hatte. Wenn sie keinen klaren Kopf behielt, würden ihre Freundinnen den Tod finden. Sie musste Zeit schinden, sich an seinem grauenvollen Spiel beteiligen, sodass die Lugus Gelegenheit hatten, einzugreifen. Lior und Kendrick würden alles riskieren, um diese Festung zu stürmen. Und Mephistopheles starb lieber selbst, ehe er es zuließ, dass seiner Tochter Schlimmes geschah. Wie war es ihnen gelungen, die Armanach zu fassen und Brandy, ihre kleine lebenslustige Freundin, die ihr so nah wie eine Tochter stand?
    Und dieser Schemen, der ihr kurzfristig Schmerzen und Furcht genommen hatte. Wer immer das war, würde helfen.
    Aileen brauchte mehrere Anläufe nach der Dusche, um Kajalstift und Lippenstift aufzutragen. Wütend bohrte sie ihren Blick auf ihre Hände, um sie dazu zu bewegen, mit dem verfluchten Zittern aufzuhören. Endlich war das Dunkelrot dort, wo es hingehörte. Ihre Augen wirkten groß und unergründlich in ihrem schneeweißen Gesicht, verwandelten sie passenderweise in eine Braut des Todes. Nur ihre Sommersprossen schienen zu leuchten.
    Aileen zog das schimmernde Kleid über, das ihren Körper wie eine zweite Haut betonte. Eines musste sie Horrorralph lassen, der Bordeauxton und der Schnitt schmückten sie. Die schmalen Träger überkreuzten sich auf ihrem Rücken, und die Saumlinie endete knapp oberhalb ihrer Knie.
    Sie würde diese Scharade so lange spielen, wie es ihr möglich war, hoffen, dass es reichte, sodass die Kavallerie die Festung stürmen konnte. Und falls nicht, würde sie alles versuchen, was in ihrer Macht stand, um ihre Freundinnen zu retten, auch wenn es ihren eigenen Tod bedeutete.
    Aileen erhob sich, sobald sie Schritte vor der Tür hörte, reckte das Kinn hoch und drückte den Rücken durch. Der Schlüssel drehte sich im Schloss, sie starrte gebannt auf

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