Mitternachtserwachen
den Tuatha de Danann ist. Er hat vorschnell gehandelt, und Aileen auf die andere Seite geschafft.“
Was! Er?
„Babylonus!“, würgte Lior hervor.
„Das weitere Vorgehen habe ich mit Nosferat abgesprochen.“ Er legte die Hand auf Liors Arm. „Wir mussten es geschehen lassen, um euch sechs zu retten. Ich darf dir nicht mehr verraten. Bitte, Lior. Wenn ich dir sagen würde, was auf dem Spiel steht, würde einer von euch sofort sterben.“
Sechs? Wovon zur Hölle redete er?
Selten sprach Babylonus eine Bitte aus. Dennoch … Lior nickte widerwillig.
Babylonus schnippte mit den Fingern, und die Schutzglyphe erlosch im gleichen Moment, als die Flügeltür aufflog. Diesmal hatte der Dämon auf Donas verzichtet, um ihresgleichen zu richten. Zwei Vampirdämonen zerrten Malina in die Halle, im Schlepptau Norgana, Kurgis und Gabar, ein drittes Mitglied des Hohen Rates. Als die Donas Babylonus erblickte, nahm ihre grüne Hautfarbe den Ton von ausgewaschenem Schlamm an, und sie wünschte sich den Tod herbei. Man sah es ihr deutlich an.
Doch den würde sie lange nicht erleiden. Sie würde nur Gnade erfahren, wenn Babylonus es wollte. Den König der Dämonen zu hintergehen, war das Dümmste, was man sich ausdenken konnte, und es ließ eine Hinrichtung durch qualvolles Ersticken wie einen Spaziergang am Strand erscheinen, verglichen mit dem, was ihr bevorstand.
Lior fühlte kein Mitleid, denn sie verdiente jede einzelne Sekunde davon. Wieso flehte sie nicht um Gnade? Schrie oder verteidigte sich? Doch sie blieb stumm. Seltsam!
Draehda rieb über eine Rune auf ihrem Unterarm, und ein Sog erfasste den Raum. Kurgis brach auf die Knie, gefangen in einer Lähmung. Die Vampirdämonen ließen Malina los, und Babylonus nickte ihr zu. Sie lief zu ihm, und er küsste sie auf die Wange.
„Gute Arbeit, Kleines.“ Die Donas strahlte über das ganze Gesicht, und Lior verstand gar nichts mehr.
Norgana zog mit unbeteiligter Mimik eine Schriftrolle aus ihrem makellosen weißen Trenchcoat, während Kurgis in Schweiß ausbrach, als hätte jemand ihn mit Wasser begossen.
„Kurgis, du wirst des Mordes und des illegalen Handels mit Knochen, Federn und Hörnern bezichtigt, um dich zu bereichern.“
Draehda ging zu Kurgis und berührte seine Lippen, hob die Lähmung dort auf, sodass er reden konnte.
„Seid ihr verrückt? Ich habe nichts davon getan!“
„Kurgis, ich gebe dir eine Chance zu sprechen, um auf deinen Beinen aus meiner Halle zu laufen. Wir haben keine Zeit für Spielchen!“
Kurgis starrte starr nach vorn. So dumm konnte er nicht sein. Er würde reden, und zwar schneller, als ihm lieb sein konnte. Er wusste es, und doch presste er störrisch die Lippen aufeinander. Kurgis fürchtete jemanden mehr als Babylonus.
Lior hatte niemals zuvor einen schuldigeren Kerl gesehen. Es fehlte nur noch, dass es auf seiner Stirn in leuchtenden Großbuchstaben blinkte. Draehda tippte Kurgis gegen die Stirn. Babylonus machte eine Handbewegung, und die Vampirdämonen packten Kurgis. Babylonus verzichtete bei der Bestrafung auf ausgefallenen Schnickschnack. Die Vampirdämonen fesselten ihn an einem Ring, der von der Decke hing, zogen die Kette so weit an, dass er gerade so eben auf den Zehenspitzen stand. Kurgis spannte den Körper an, versuchte das Gleichgewicht zu halten, doch es misslang ihm bereits jetzt, weil er zitterte, als hätte man ihn in Eiswasser gebadet. Mit unbeteiligten Gesichtern nahm einer der Dämonen ein Messer zur Hand, zertrennte Kurgis’ Kleidung und ließ ihm nicht einmal seine Boxershorts, machte sich einen Spaß daraus, mit der Klingenspitze auf sein Geschlecht zu tippen. Der Größe nach war dem Schwein bitterkalt.
Babylonus griff selbst zu dem elastischen Stock, der effektiv und platziert eingesetzt werden konnte.
Er lief um den schlanken Körper herum und blieb dicht vor ihm stehen, sah finster auf das Arschloch herab. Er trat von ihm zurück und holte aus. Der erste Schlag landete quer über seinem Bauch und hinterließ eine blutige Strieme. Lior bewunderte seine Disziplin, Kurgis verbiss sich den Schrei, doch auch er brach nach dem dritten Hieb ein.
Lior zwang sich, die ganze Zeit über seine Augen nicht abzuwenden, die Schreie nicht auszublenden und nicht einzugreifen. Babylonus zielte auf maximale Agonie ab, nicht auf Kurgis’ Tod. Er hörte auf, als Kurgis’ letzter Schrei verstummte, als hätte ihm jemand die Kehle durchgeschnitten. Der Dämon warf den Stock zur Seite, packte sein Kinn und musterte
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