Mitternachtserwachen
mir meine geliebte Tanina und geliebte Britta, sobald du fertig bist. Sie sollen wenigstens ein würdevolles Begräbnis erhalten.“ Er wandte den Blick ab. „Weder ihre Mutter noch ich haben ihren Tod gespürt.“ Tränen tropften aus seinen Augen, still und kalt wie die ewige Nacht.
„Ich werde mit Bedacht vorgehen, mein Freund“, antwortete Exodus mit sanfter Stimme.
„Lior, begleite Babylonus in sein Reich, um dem Verhör der Donas beizuwohnen“, befahl Nosferat ihm.
Lior ballte die Hände zu Fäusten, versuchte sich zu beherrschen. „Mit allem Respekt, ich …“, Lior trat dicht an den obersten Lugus heran, „… habe genug von deinen Spielchen. Ich will sofort zu Aileen, ehe nichts mehr von ihr übrig ist, das ich retten kann.“
Nosferat stand mit eiserner Miene vor ihm, doch Liors Nerven waren bis zum Zerreißen gespannt, und er würde sich auf der Stelle von den Lugus lossagen, wenn es denn so sein sollte. Babylonus legte ihm von hinten eine Hand auf die Schulter.
„Junge, ich werde mit Rovella die Tuatha de Danann aufsuchen. Du musst Malina … befragen. Du hast keine Ahnung, um was es hier geht“, sagte Nosferat mit einer so leisen Stimme, die bei seinen Untergebenen sofortigen Gehorsam bewirkte.
Lior hätte am liebsten geschrien, doch er begnügte sich damit, dass er Nosferat schubste, egal, wie respektlos es war. Der Oberste wirkte auf einmal gealtert, als zerdrücke ihn die Last, die er auf seinem Gewissen trug.
„Vertrau mir, Lior. Alles wird sich fügen.“
„Verdammte Scheiße! Es tut mir leid, Nosferat.“ Lior drehte sich auf dem Absatz um und stampfte zur Glyphe. „Babylonus!“
Der König der Dämonen lief mit starrer Miene auf ihn zu, begleitet von Mephistopheles, und die Transportglyphe erwachte schimmernd zum Leben.
„Ich wusste nicht, dass Aileen aus Morvens Cottage verschwindet und in die Fänge von Norgana gerät. Mein Plan sah anders aus“, sagte Babylonus. „Es tut mir leid. Ich dachte, wir hätten mehr Zeit.“
Anscheinend hatten alle einen Plan, sobald es um Aileen ging, nur sie hatte kein Mitspracherecht und musste jetzt allein und unvorbereitet die Konsequenzen ertragen. Heiße Wut stieg abermals in ihm auf, die allerdings von dem Entsetzen erstickt wurde, wenn er sich vorstellte, welches Leid man ihr zufügte, und sie war zu unerfahren und unschuldig, um damit umzugehen. Aileen würde eine Folterung nicht überstehen, selbst wenn sie es irgendwie überlebte, würde das Erlebte sie mit der Zeit Stück für Stück umbringen. Er kannte genügend Krieger, die Schlachten mit einem Achselzucken abtaten, doch intensivem Schmerz ausgesetzt zu sein, ohne die Möglichkeit sich zu wehren, zwang die Stärksten auf die Knie. Lior hatte die größte Lust, jemanden mit den bloßen Händen zu zerreißen, und er würde mit Malina beginnen, sich anschließend zu dem Rest durcharbeiten.
Sie materialisierten in Babylonus’ Halle. Zu seinem Erstaunen stand Draehda an einem der Fenster und drehte sich bei ihrem Eintreffen um. Die Monarchin der Druiden sah genauso besorgt aus, wie er sich fühlte. Ihr silbernes Haar leuchtete wie Mondlicht, und die Runen, die ihre dunkle Haut bedeckten, schimmerten im sanften Licht, das in der Halle herrschte. Mit einer Handbewegung errichte Babylonus eine Schutzglyphe und stellte sicher, dass niemand sie belauschen konnte.
Der König der Dämonen begrüßte Draehda mit einem Kuss. Sie befreite sich aus seinen Armen und trat an Lior heran. Er hielt sie einen Augenblick an sich gepresst. Draehda wirkte Furcht einflößend, aber er kannte die Frau hinter der Druidin, die im letzten Jahr großes Leid erlitten hatte, als das Urchaid über ihren Hofstatt hergefallen war und es nur eine Handvoll Überlebender gab.
„Lior“, sagte sie sanft. „Erneut warten schwere Prüfungen auf uns. Doch wir haben eine Spinne in ihrem eigenen Netz gefangen. Daraus kann sie sich nicht befreien.“ Ihre Lippen berührten seine Wangen. Als sie sich von ihm löste, war sie die unnahbare Monarchin.
„Du wusstest, dass Malina die Dolche ausgetauscht hat!“ Lior stand so dicht vor Babylonus, dass er dessen Atem spürte.
„Natürlich, Söldner. Ich habe zwei Fälschungen anfertigen lassen. Die, die Aileen mitgenommen hat, habe ich mit einem Zauber belegt, sodass er sich selbst zerstört. Ich habe Malina auf Schritt und Tritt beobachten lassen, und sie ist unser Schlüssel, um in den Palazzo der Atillios hineinzukommen. Durch sie wissen wir, wer der Verräter bei
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