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Mitternachtserwachen

Mitternachtserwachen

Titel: Mitternachtserwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Mignani
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los, begleitet von Morven, als hätte sie mit der Armanach bereits unzählige Kämpfe bestritten. Sie liefen in die Richtung, in der Ralphs Grab lag.
    Ein Fauchen hallte über den Friedhof, und sie erspähte Lior, der sich gerade auf die Füße rappelte, um Kendrick zu Hilfe zu eilen, der von einer schattenhaften Kreatur angriffen wurde. Das Ding flatterte, als würde seine zerfetzte Kleidung in einem starken Wind wehen. Ihr blieb beinahe das Herz stehen, denn die Gestalt erschien vertraut.
    Bitte lass das Monster nicht Ralph sein!
     
    Der Rand des Sargdeckels knallte gegen seine Schläfe, während er aus dem Grab katapultiert wurde. Lior hatte mehr Glück als Kendrick, er landete hart auf dem Gras. Der Söldner krachte mit dem Rücken auf einen Grabstein, und das Ding aus dem Sarg griff ihn mit messerartigen Klauen an, mit denen es wild durch die Luft fuchtelte. Kendrick gelang es mit Mühe und Not auszuweichen, bewegte sich viel langsamer und ungelenker als gewöhnlich.
    Wieso zog er nicht sein Schwert?
    Lior hatte seins bereits in der Hand, und er zielte auf den Rücken des Wesens. Genau in dem Moment drehte sich die Kreatur um, und die seelenlosen Augen gefroren ihm sprichwörtlich das Blut in den Adern. Er vermochte sich kaum noch zu bewegen. Was war das für ein Ding? Lior konnte es nicht identifizieren, doch wenn er es nicht schaffte, den Bann zu brechen, würde er den Friedhof als Frikassee schmücken, sodass niemand ihn und die Kendrickbröckchen auseinanderhalten könnte.
    Das Geschöpf verharrte, und das Böse prallte auf Lior, umwickelte ihn, schnürte ihm obendrein die Kehle zu. Kendrick würgte keuchend, rappelte sich mühselig auf die Knie, und Lior streckte seinen Arm aus, um ihm aufzuhelfen. Das Ding ließ sie, floss einen Meter zurück, musterte sie indessen mit leeren Augenhöhlen. Lior konnte nicht einmal sagen, ob der Körper aus einer festen Substanz bestand, denn er schwebte mehr, als dass er lief.
    Die Kleidung bewegte sich wie Schlangen, die sich wanden, hervorschnellten, um zum tödlichen Biss auszuholen. Auch schluckte sie jegliches Licht, wie ein Vampir der Dunkelheit.
    Ein Zischlaut ertönte aus der Kehle des Bösen, und eine gespaltene Zunge leckte über den lippenlosen Mund. Jemand hatte ihnen eine Falle gestellt, in die er und Kendrick kopfüber hineingesprungen waren.
    Hatte Nosferat es gewusst? War ihm bewusst, dass seine direkten Untergebenen hier den Tod finden würden, falls kein Wunder geschah? Das letzte Mal, dass er sich dermaßen hilflos gefühlt hatte, war, als die Marbhadair seine Eltern abschlachteten.
    Lior konzentrierte sich, bis er dachte, sein Kopf würde platzen. Es war sinnlos! Er vermochte dem Halt des Wesens nicht zu entfliehen, das eiserne Band nicht einmal zu lockern. Kendrick schwankte neben ihm. Sie lehnten mit den Oberarmen aneinander, um auf den Beinen zu bleiben.
    Die Kreatur zischte erneut, holte mit der Hand aus und zielte auf Liors Augen.
     
    „Nein!“ Aileen brüllte aus voller Kehle, zog instinktiv das Messer und schleuderte es noch im Laufen in die Visage des grässlichen Dings, das ihr den Kopf zudrehte. Die Klinge bohrte sich in seine Augenhöhle. Jaulend zog es seine fürchterlichen Klauen zurück, die wie Stahl unter dem Mondlicht glänzten. Was war nur mit Lior und Kendrick los? Die Söldner rührten sich nicht, lehnten aneinander und hätten sich wie Lämmer abschlachten lassen. Morven murmelte ein paar Worte. Ein greller Blitz schoss aus ihren Fingerspitzen, prallte auf den Brustkorb des Monsters und schleuderte es mehrere Meter nach hinten. Der Morvperator zog einen rötlich schimmernden Dolch, im Begriff, der Kreatur nachzusetzen. Das durfte sie nicht! Aileen ahnte, das Ding würde Morven töten, wenn sie ihm zu nah kam.
    Die Söldner erwachten aus der Starre, sprangen sogleich auseinander. Aileen streckte den Arm aus und schubste Morven so hart, dass sie taumelte. Es reichte, um sie aus der Gefahrenzone zu bringen, und gab Aileen die notwendigen Sekunden Vorsprung, um die Bestie vor ihr zu erreichen. Sie fühlte sich so stark, empfand keinerlei Angst, bis zu dem Moment, als das flatternde Monster auf sie zuflog. Es lief nicht, es schwebte über dem Boden, in einer rasenden Geschwindigkeit. Es zog das Messer aus seiner Augenhöhle. Eine gelbliche Flüssigkeit klebte an der Klinge und tropfte zischend auf die Erde. Die Augenhöhlen glimmerten erst schwach, doch dann spürte sie den Blick, der so seelenlos, so unglaublich verdorben war, in

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