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Mitternachtserwachen

Mitternachtserwachen

Titel: Mitternachtserwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Mignani
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ihrer Seele. Aileen erstarrte abrupt, denn sie rannte gegen eine unsichtbare Mauer. Durch den Aufprall schlugen ihre Zähne aufeinander, und der Schmerz durchdrang sie bis in die letzte Körperzelle.
    Das Böse grinste sie an, mit einem lippenlosen Lächeln. Fast wie in Zeitlupe richtete er die Klinge auf sie, und im gleichen Moment wusste sie, dass er nicht sie töten wollte, sondern Morven, die paralysiert neben ihr stand, sich plötzlich krümmte und an den Bauch fasste. Aileen konzentrierte sich, zerrte an dem Unsichtbaren, das sie gefangen hielt, doch es nutzte nichts. Lior und Kendrick näherten sich von hinten, aber Aileen ahnte, dass sie es nicht schaffen würden. Sie warfen beide ihre Messer, die sich in den Rücken des Dings vergruben, doch es zeigte keine Reaktion.
    Die Kreatur würde erst Morven so fürchterlich verwunden, dass sie gerade so eben lebte und Kendrick würde dabei zusehen müssen, wie sie Morvens ungeborenes Kind verschlang, weil es das war, worauf sie es abgesehen hatte. Mit Aileen und Lior hatte sie etwas anderes vor. All das wusste Aileen mit tödlicher Sicherheit.
    Und dann dieses Gefühl, dass sie die Bestie kannte, sie ihr vertraut war. Sie spürte, dass ihr eine Träne die Wange hinuntertropfte, denn zu erschütternd war es, den Gedanken zu Ende zu führen. Und doch tat sie es erneut in jeder Einzelheit. War das Ralph?
    Die Kreatur lachte, und die beiden Söldner erstarrten zu Salzsäulen, sogar das Messer, das Kendrick diesmal geworfen hatte, blieb in der Luft hängen.
    Je näher das Monster kam, desto schlimmer wurde Aileens Verzweiflung. Auch Morven versuchte sich zu wehren, aber ihre Bemühungen waren genauso sinnlos wie Aileens. Sie traf Liors Blick, und erst dann traute sie sich, Kendrick anzusehen. Der Schmerz auf seinem Gesicht grub sich in ihr Herz. Er wusste, was ihnen bevorstand, und Kendricks Tränen gefroren auf seinen Wangen.
    Anfänglich hielt Aileen es für eine Einbildung, reines Wunschdenken, doch aus der Tiefe der Nacht, erleuchtet von den Strahlen des Mondes, erlangten die Schemen immer mehr Kontur. Elegant rannten sie über den Boden, sprangen leichtfüßig über umgefallene Grabsteine. Umso näher sie kamen, desto leichter wurde Aileen ums Herz. Sie waren nicht verdammt, würden nicht hier und jetzt ihren Tod oder ein fürchterliches Schicksal erleiden.
    Lycantra und Lycantros!
    Der Kopf der Kreatur wippte herum, während er einen Laut ausstieß, der in ihrem Schädel gellte, bis sie beinahe das Bewusstsein verlor. Wärme tropfte aus ihren Ohren. Lycantros schoss nach vorn, schien fast zu schweben, die Zähne gebleckt. Ein Vollstrecker mit schimmerndem weißen Fell und lavendelfarbenen Augen.
    Doch ehe er die Kehle des Bösartigen packte, verlor das flatternde Ding an Substanz und löste sich auf. Nur ein Gestank nach Verwesung verblieb in der Luft.
    Aileen brach auf die Knie, zusammen mit Morven. Kendrick und Lior erreichten sie gleichzeitig. Die Armanach fiel dem Söldner um den Hals, weinte so hart, dass ihr ganzer Körper bebte.
    Lior hockte sich zu Aileen, umfasste ihren Nacken und sah sie prüfend an. Er zog eine Packung Taschentücher aus seiner Jacke und reichte Kendrick eines. Mit sanfter Hand wischte er das Blut weg, das ihr aus Nase und Ohren tropfte. Kendrick tat das Gleiche bei Morven, während seine Tränen ihre Haare benetzten.
    Die Wölfe standen wie Statuen vor ihnen, lediglich ihr Fell bewegte sich im leichten Wind. Sie strahlten Güte aus, die allmählich den Panzer aus Entsetzen, der Aileen umschloss, auflöste.
    Leider tat es das auch bei den Söldnern. Liors Augen, die gerade noch wie Samt geschimmert hatten, glühten jetzt vor Zorn. Doch das war gar nichts verglichen mit Kendrick. Blaue, stahlharte Intensität betrachtete Morven. Aileen spürte, dass sich ein Kribbeln in ihren Fingerspitzen sammelte, und es juckte sie in den Fingern, es gegen den Söldner zu richten, bevor er seiner Gefährtin etwas antat. Niemals zuvor hatte sie einen Kerl gesehen, der derart fuchsteufelswild war und der so tief liebte.
    „Wag es nicht, Marbhadair“, knurrte er sie an, noch während Lior Aileens Schultern packte mit einem Griff, der schmerzhaft ihren Leib erfasste.
    Morven hob den Kopf, öffnete den Mund, doch ehe sie auch nur eine Silbe sagen konnte, flimmerten die beiden Wölfe, bis sich die lavendelfarbenen und türkisfarbenen Schlieren miteinander vermischten.
    Wow!
    Sobald das Funkeln aufhörte, standen Rachel Miller und ein ebenso nackter Kerl vor

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