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Mitternachtsfalken: Roman

Titel: Mitternachtsfalken: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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sollte, dass er ihn verstand. Das Einzige, was ihm einfiel, war ein Händedruck. Er streckte die Hand aus.
    Sein Vater sah sie an, dann schlug er ein. Er zog Harald an sich und legte ihm den linken Arm um die Schultern. Dann schloss er die Augen, damit er nicht von seiner tiefen Rührung überwältigt wurde. Als er schließlich das Wort ergriff, geschah dies ohne den sonst üblichen dröhnenden Predigerton in seiner Stimme. Es war nur ein angstvolles Murmeln. »Ich dachte, sie bringen dich um«, sagte er. »Mein geliebter Sohn, ich habe gedacht, sie bringen dich um.«
    A rne Olufsen war ihm durch die Lappen gegangen. Der Gedanke daran ließ Peter Flemming nicht mehr los, auch nicht, als er Inge ein Frühstücksei kochte. Nachdem Arne seinen Beschattern auf Bornholm entkommen war, hatte er, Flemming, frohgemut behauptet, sie würden ihm rasch wieder auf die Spur kommen. Doch seine Zuversicht war fehl am Platze gewesen. Und dass er Arne einfach nicht die Raffinesse zugetraut hatte, die Insel unbemerkt zu verlassen, hatte sich ebenfalls als Fehleinschätzung erwiesen. Noch immer hatte er keine Ahnung, wie Arne die Flucht gelingen konnte. Daran, dass er nach Kopenhagen zurückgekehrt war, bestand kein Zweifel, denn ein Streifenpolizist hatte ihn in der Innenstadt entdeckt. Er hatte ihn sogar verfolgt, doch Arne war flinker gewesen als er – und seither neuerlich verschwunden.
    Die Spione waren nach wie vor aktiv. Kriminalrat Frederik Juel, Flemmings Vorgesetzter, hatte es mit kalter Verachtung auf den Punkt gebracht, indem er sagte: »Olufsen spielt offenbar Verstecken mit Ihnen.«
    General Braun hatte sich deutlicher ausgedrückt. »Die Eliminierung von Poul Kirke hat den Spionagering nicht zerschlagen«, hatte er konstatiert. Von einer Beförderung Flemmings zum Dezernatsleiter war keine Rede mehr gewesen. »Ich werde daher die Gestapo zu Rate ziehen.«
    Das ist einfach ungerecht, dachte Flemming empört, schließlich bin ich es gewesen, der diesen Ring aufgedeckt hat. Ich habe die im Bremsklotz des Flugzeugs versteckte geheime Botschaft gefunden, die Razzien in der Flugschule und in der Synagoge organisiert, die beiden Flugwarte und Ingemar Gammel verhaftet. Ich habe Poul Kirke unschädlich gemacht und Arne Olufsen aufgescheucht. Und dann kommen Leute wie Juel daher, die selber keinen Strich getan haben, und maßen sich an, meine Leistungen in den Dreck zu ziehen und mir die verdiente Anerkennung für meine Arbeit zu verweigern!
    Aber er hatte noch ein paar Pfeile im Köcher. »Ich kann Arne Olufsen finden«, hatte er gestern Abend zu General Braun gesagt. Juel hatte ihm widersprechen wollen, doch Flemming hatte ihn gar nicht zu Wort kommen lassen; »Geben Sie mir vierundzwanzig Stunden Zeit. Wenn er morgen Abend nicht in Haft ist, holen Sie die Gestapo.«
    Braun hatte zugestimmt.
    Arne war weder in seine Kaserne zurückgekehrt, noch hielt er sich bei seinen Eltern auf Sande auf. Also musste er sich bei einem seiner Mitver schwör er verbergen, die sich bei dem gegenwärtigen Fahndungsdruck natürlich alle in ihre Löcher verkrochen. Eine Person gab es allerdings, die wahrscheinlich ziemlich genau wusste, wer zu der Bande gehörte, und das war Karen Duchwitz. Sie war Pouls Freundin gewesen, und ihr Bruder war ein Klassenkamerad von Pouls Cousin. Sie selber war nach Flemmings Überzeugung keine aktive Spionin und hatte deshalb auch keinen Grund, sich zu verstecken. Vielleicht aber konnte sie ihn zu Arne führen.
    Die Vermutung war zwar weit hergeholt, aber die einzige konkrete Spur, die er hatte.
    Flemming zerdrückte das weich gekochte Ei mit Salz und ein wenig Butter, dann trug er das Tablett ins Schlafzimmer. Er setzte Inge auf und gab ihr einen Löffel voll Ei, hatte aber das Gefühl, dass es ihr nicht sonderlich schmeckte. Er probierte selbst und fand es gut, deshalb gab er ihr einen weiteren Happen. Diesmal ließ sie es aus ihrem Mund quellen wie ein Kleinkind. Das Eigelb lief ihr übers Kinn und tropfte aufs Oberteil ihres Nachthemds.
    Flemming starrte sie resigniert an. In den vergangenen ein, zwei Wochen hatte sie sich schon mehrmals auf diese Weise besudelt. Dies war eine ganz neue Entwicklung, denn zuvor war sie immer sehr auf Sauberkeit bedacht gewesen. »Inge hätte so etwas nie getan«, sagte er laut.
    Er stellte das Tablett ab, verließ das Schlafzimmer und ging zum Telefon. Er wählte das Hotel auf Sande an und verlangte seinen Vater zu sprechen, der stets schon frühmorgens an der Arbeit war. Als er

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