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Mitternachtsfalken: Roman

Titel: Mitternachtsfalken: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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vergewaltigte sie. Tilde kreischte und wehrte sich, doch er drückte sie nieder. Zum Schluss bat sie ihn mit Tränen in den Augen um Vergebung, doch er verließ sie, ohne noch ein Wort zu verlieren.
    Am Morgen ging Peter Flemming sofort wieder zum Anleger und passte die erste Fähre ab, die aus Sande kam. Hoffnungsvoll betrachtete er das salzverkrustete Schiff, als es hereindampfte. Agnes Ricks war seine letzte Hoffnung. Sollte auch sie nichts mit der Sache zu tun haben, so wäre er am Ende seines Lateins.
    Nur eine Hand voll Passagiere verließ das Boot. Peter hatte eigentlich den Polizisten fragen wollen, ob Fräulein Ricks an Bord sei, doch das konnte er sich sparen. Die große Frau inmitten der Männer, die in Arbeitskleidung zur Frühschicht in die Konservenfabrik unterwegs waren, fiel ihm sofort auf. Sie trug eine Sonnenbrille und ein Kopftuch und hatte einen Rucksack umgeschnallt. Als sie näher kam, merkte er, dass er sie kannte. Schwarzes Haar lugte unter dem Kopftuch hervor, doch es war die große, gebogene Nase, die sie verriet. Sie hatte einen selbstbewussten, männlichen Gang, und er erinnerte sich, dass ihm dieser Gang schon vor zwei Jahren, als er sie zum ersten Mal gesehen hatte, aufgefallen war.
    Agnes Ricks war Hermia Mount.
    Sie sah dünner und älter aus als die Frau, die ihm 1939 als Arnes Verlobte vorgestellt worden war, doch Peter hatte keinerlei Zweifel an ihrer Identität.
    »Hab ich dich, du Verräterin«, murmelte er mit tiefer Befriedigung.
    Aus Sorge, sie könne ihn erkennen, setzte er eine Brille mit schwerem Gestell auf und zog seinen Hut tief in die Stirn, damit ihn sein rotes Haar nicht verriet. Dann folgte er ihr zum Bahnhof, wo sie eine Fahrkarte nach Kopenhagen kaufte.
    Nach langem Warten bestiegen sie einen alten, langsamen Zug, dessen Lokomotive mit Kohle beheizt wurde. Er gondelte auf verschlungenen Wegen quer durch Dänemark und hielt praktisch überall
an Bahnhöfen, die kaum mehr als Bretterbuden waren, in nach Tang stinkenden Ferienorten und verschlafenen Marktflecken. Peter Flemming saß in einem Waggon erster Klasse und rutschte ungeduldig auf seinem Sitz hin und her.
    Hermia befand sich gleich im nächsten Waggon, in der dritten Klasse. Sie konnte ihm nicht entkommen, solange sie im Zug saßen; andererseits kam Flemming auch nicht voran, solange sie nicht ausgestiegen war.
    Der Nachmittag war schon halb vorüber, als der Zug in Nyborg auf Fünen einfuhr. Hier mussten sie eine Fähre über den Großen Belt nach Seeland nehmen, der größten Insel des Landes, und von dort aus ging es mit einem anderen Zug weiter nach Kopenhagen.
    Peter hatte gehört, dass es ehrgeizige Plane gab, die Fähre durch eine riesige, achtzehn Kilometer lange Brücke zu ersetzen. Traditionalisten liebten die zahllosen dänischen Fähren und behaupteten, das langsame Vorwärtskommen gehöre zum gelassenen Lebensstil des Landes. Peter dagegen hätte die Fährschiffe am liebsten alle verschrottet. Er hatte viel zu tun; ihm waren Brücken lieber.
    Während sie auf die Fähre warteten, suchte er sich eine Telefonzelle und rief Tilde im Politigaarden an.
    Sie gab sich kühl und geschäftsmäßig. »Harald habe ich nicht gefunden, aber ich habe einen Hinweis bekommen.«
    »Gut!«
    »Er war zweimal im vergangenen Monat auf Kirstenslot, das ist die Adresse der Familie Duchwitz.«
    »Juden?«
    »Ja. Der dortige Polizist erinnert sich, ihn gesehen zu haben. Er sagt, Harald fährt ein dampfbetriebenes Motorrad. Aber er schwört, dass der junge Mann zurzeit nicht dort ist.«
    »Prüf das nach! Fahr selber hin!«
    »Das hatte ich vor.«
    Er hätte gern mit ihr über das gesprochen, was sie ihm gestern vorgeworfen hatte. War das ihr Ernst, dass sie nicht mehr mit ihm schlafen konnte? Doch er wusste nicht, wie er das Thema zur Sprache bringen sollte, und hielt sich daher an ihren Fall. »Ich habe Fräulein Ricks gefunden. Sie ist in Wirklichkeit Hermia Mount, die Verlobte von Arne Olufsen.«
    »Diese Engländerin?«
    »Richtig.«
    »Das ist gut!«
    »Ja, das ist es.« Peter war froh, dass Tilde sich wenigstens noch ihre Begeisterung für den Fall bewahrt hatte. »Sie ist jetzt auf dem Weg nach Kopenhagen, und ich folge ihr.«
    »Besteht nicht die Gefahr, dass sie dich erkennt?«
    »Doch.«
    »Und wenn sie dir entwischt? Soll ich nicht lieber an den Zug kommen?«
    »Mir wär‘s lieber, du fährst nach Kirstenslot.«
    »Vielleicht kann ich beides tun. Wo bist du jetzt?«
    »In Nyborg.«
    »Dann bist du noch

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