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Mitternachtsfalken: Roman

Titel: Mitternachtsfalken: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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mein Gott!«
    »Je länger wir warten, desto größer wird die Gefahr, dass man uns entdeckt, ehe wir starten können.«
    »Ich weiß, aber.«
    »Was ist?«
    »Ach, ich glaube, ich hab mir bloß nicht klar gemacht, dass es so schnell ernst wird.« Geistesabwesend nahm sie ein Päckchen aus ihrem Korb und reichte es ihm. »Ich hab dir ein bisschen kaltes Rindfleisch mitgebracht.« Sie versorgte ihn jeden Abend mit Lebensmitteln.
    »Danke.« Er beobachtete sie aufmerksam. »Dir sind doch jetzt nicht etwa Bedenken gekommen, oder?«
    Sie schüttelte entschieden den Kopf. »Nein. Mir fällt bloß ein, dass es schon drei Jahre her ist, seit ich das letzte Mal am Steuerruder gesessen bin.«
    Harald ging zur Werkbank und suchte sich ein kleines Beil sowie ein Knäuel starker Schnur aus. Beides verstaute er in dem Fach unter dem Instrumentenbrett des Flugzeugs.
    Karen fragte: »Wofür brauchst du das?«
    »Wenn wir notwassern müssen, wird die Maschine vermutlich sinken, weil der Motor so schwer ist. Die Tragflächen allein würden aber schwimmen. Im Falle eines Falles hacken wir sie ab und binden sie aneinander, dann haben wir eine Art Floß.«
    »In der Nordsee? Ich glaube, da würden wir ganz schnell erfrieren.«
    »Das ist immer noch besser, als zu ertrinken.«
    Karen schauderte. »Wenn du meinst.«
    »Wir sollten auch ein paar Kekse und zwei Flaschen Wasser mitnehmen.«
    »Das kann ich aus der Küche holen. Und da wir gerade von Wasser reden. wir werden über sechs Stunden in der Luft sein.«
    »Und?«
    »Wie können wir da pinkeln?«
    »Wir machen die Tür auf und hoffen das Beste.«
    »Du vielleicht.«
    Er grinste. »Entschuldigung.«
    Karen sah sich um und nahm einen Packen alter Zeitungen auf. »Leg die rein.«
    »Wozu?«
    »Falls ich mal pinkeln muss.«
    Er runzelte die Stirn. »Ich versteh nicht, wie.«
    »Bete zum Himmel, dass du‘s nie rausfinden musst.«
    Harald legte die Zeitungen auf den Sitz.
    »Haben wir irgendwelche Landkarten?«
    »Nein. Ich dachte, wir fliegen einfach nach Westen, bis wir Land sehen, und das ist dann England.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Es ist nicht leicht, sich in der Luft zu orientieren. Ich hab mich schon auf meinen Übungsflügen verirrt. Stell dir vor, der Wind bringt uns vom Kurs ab. Wir könnten uns irren und in Frankreich landen.«
    »Mein Gott, auf den Gedanken bin ich gar nicht gekommen.«
    »Du kannst deine Position nur bestimmen, wenn du auf charakteristische Landschaftsformen am Boden achtest und sie mit einer Karte vergleichst. Ich seh mal nach, was wir im Haus haben.«
    »Gut.«
    Karen schlüpfte durchs Fenster hinaus, diesmal mit leerem Korb.
    Harald war zu angespannt, um das Fleisch zu essen, das Karen ihm gebracht hatte. Stattdessen begann er, die Tragflächen wieder zurückzuklappen. Das ging schnell und war von den Konstrukteuren auch so beabsichtigt: Der Herr, der ein solches Flugzeug sein Eigen nannte, musste das schließlich jeden Abend tun, bevor er die Maschine neben dem Familienauto in der Garage abstellen konnte.
    Um zu verhindern, dass die obere Tragfläche in zurückgeklapptem Zustand am Kabinendach schrammte, war ihre Hinterkante so konstruiert, dass sie über das Dach hinweg schwang. Daher musste Harald als Erstes die Scharniere lösen und die Tragflächen hochdrücken.
    An der Unterseite der beiden oberen Tragflächen war eine so genannte Kontrollstange angebracht, die Harald nun herausnahm und zwischen den inneren Enden der oberen und der unteren Tragfläche befestigte, damit der richtige Abstand gewahrt blieb.
    In Flugposition wurden die Tragflächen mittels L-förmiger Bolzen gehalten, die an den Holmen der vier Tragflächen angebracht waren. Bei der oberen Tragfläche war der Bolzen nur dann sicher verriegelt, wenn die Kontrollstange eingerastet werden konnte. Harald musste daher nur den Bolzen um neunzig Grad drehen und etwa zwölf Zentimeter weit herausziehen.
    Die Bolzen an den unteren Tragflächen wurden von Lederriemen gehalten. Harald löste den Gurt des linken Flügels, dann drehte er den Bolzen und zog daran. Kaum war sie frei, begann die Tragfläche zurückzuklappen.
    Damit hätte ich rechnen müssen, dachte Harald. In Parkposition, mit dem Schwanz am Boden und der Nase in der Luft, stand das Flugzeug so schräg, dass die Tragflächen aufgrund der Schwerkraft praktisch von allein zuklappten. Harald, der Angst hatte, sie könnten gegen den Rumpf krachen und erneut Schaden verursachen, griff hastig danach. Er versuchte, die Vorderkante der

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