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Mitternachtsfalken: Roman

Titel: Mitternachtsfalken: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Büro in Bletchley Park. Hermia hatte Poul Kirke eine Nachricht zukommen lassen, er möge ihr doch einen Augenzeugenbericht von der Radaranlage auf der Insel Sande übermitteln. »Die Antwort kam von Jens Toksvig, einem von Pouls Helfern«, sagte sie und bemühte sich, ihre Emotionen im Zaum und sich selbst an die Tatsachen zu halten. »Sie wurde uns wie üblich über die Britische Gesandtschaft in Stockholm zugespielt, war aber nicht einmal chiffriert. Jens kennt offenbar den Code nicht. Er sagt, der Absturz würde offiziell als Unfall abgetan. In Wirklichkeit sei es jedoch ein Fluchtversuch gewesen, und die Polizei habe Pouls Maschine abgeschossen.«
    »Armer Kerl«, sagte Digby Hoare.
    »Ich erhielt diese Nachricht heute Morgen«, fügte Hermia hinzu. »Als Sie mich rufen ließen, Mr. Woodie, wollte ich gerade zu Ihnen kommen.« Was nicht ganz stimmte. Sie hatte nämlich geweint. Das geschah nur selten, aber der Tod Poul Kirkes, dieses noch so jungen, blendend aussehenden Mannes voller Energie und Tatendrang, ging ihr sehr zu Herzen. Sie wusste auch, dass niemand anders als sie selbst für seinen Tod verantwortlich war, denn sie war es gewesen, die ihn gebeten hatte, für England zu spionieren, und seine mutige Zusage hatte ihn nun geradewegs ins Verderben geführt. Sie dachte an seine Eltern und seinen Vetter Mads und hatte auch um ihretwillen geweint. Mit Inbrunst sehnte sie sich nun danach, die Aufgabe, die er begonnen hatte, zu Ende fuhren zu können, damit seine Mörder nicht die Oberhand behielten. »Es tut mir sehr Leid«, sagte Digby Hoare, legte seinen Arm um Hermias Schulter und drückte sie mitfühlend. »Es sterben viele Menschen in diesen Tagen, aber wenn darunter jemand ist, den man kennt, schmerzt es ganz besonders.«
    Sie nickte. Obwohl er nur eine Binsenweisheit ausgesprochen hatte, war sie ihm dankbar dafür. Er war ein guter Mann. Eine plötzliche Welle der Zuneigung überkam sie; dann musste sie an ihren Verlobten denken, und das schlechte Gewissen obsiegte. Wie sehr sie sich danach sehnte, Arne wieder zu sehen! Mit ihm sprechen, ihn berühren zu können – das würde ihre Liebe zu ihm stärken und sie gegen Digbys Anziehungskraft immun machen.
    »Aber was bedeutet das für uns?«, fragte Woodie.
    Hermia konzentrierte sich wieder auf das nahe liegende. »Jens Toksvig zufolge haben sich die Mitternachtsfalken entschlossen, erst einmal abzutauchen und abzuwarten, wie stark der Fahndungsdruck seitens der Polizei sein wird. Dies heißt konkret auf Ihre Frage bezogen: Wir haben gegenwärtig in Dänemark keinerlei Informationsquellen.«
    »Das wirkt aber höchst inkompetent«, sagte Woodie.
    »Vergessen Sie‘s«, erwiderte Hoare kurz angebunden. »Die Nazis haben eine kriegsentscheidende Waffe erfunden. Wir hatten uns eingebildet, ihnen in der Entwicklung der Radartechnik Jahre voraus zu sein – und müssen nun konstatieren, dass sie auch was davon verstehen und überdies bereits ein besseres Gerät haben als wir! Wie Sie und Ihre Abteilung wirken ist mir, ehrlich gesagt, scheißegal. Das Einzige, was mich interessiert, ist die Frage: Woher erfahren wir mehr über diese Geschichte?«
    Woodie war sichtlich empört, verzichtete aber auf einen Kommentar.
    »Haben wir keine anderen geheimdienstlichen Informationsquellen?«, fragte Hermia.
    »Wir tun, was wir können, das versteht sich von selbst. Und wir haben ein weiteres Indiz. In den dechiffrierten Funksprüchen der Luftwaffe taucht neuerdings öfter das deutsche Wort Himmelbett auf.«
    »Himmelbett?«, fragte Woodie. »Was bedeutet das?«
    Hermia erklärte es ihm: »Auf Englisch heißt das four-poster bed.«
    »Das ergibt keinen Sinn«, gab Woodie mürrisch zurück, als wäre Hermia daran schuld.
    »Lasst sich aus dem Zusammenhang was erschließen?«, fragte sie, an Hoare gewandt.
    »Nein, eigentlich nicht. Wie es aussieht, operiert ihr Radar in einem Himmelbett. Was genau das bedeutet, wissen wir noch nicht.«
    Hermia rang sich zu einer Entscheidung durch. »Ich muss selber nach Dänemark reisen«, sagte sie.
    »Machen Sie sich doch nicht lächerlich«, erwiderte Woodie.
    »Wir haben keine Agenten mehr im Land – also müssen wir jemanden hinschicken«, sagte sie. »Ich kenne das Land besser als alle anderen Mitarbeiter des MI6, deshalb leite ich ja die Dänemark-Abteilung. Außerdem spreche ich die Landessprache wie ein Einheimischer. Ich muss rüber.«
    »Wir verwenden keine Frauen bei solchen Einsätzen«, sagte Woodie abschätzig.
    »Doch,

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