Mitternachtsfantasie
gemeinsam hatten. Und sie freute sich über sein dunkles Haar und die glänzenden Augen. Sie freute sich darüber, dass ein Mann im Haus war. Es war nicht viel nötig, um Rosemary zu erfreuen. Wilhemina war da vollkommen anders. Es gab wenig, dass sie zufriedenstellen konnte.
Tyler beobachtete, wie die ältere Schwester hereinkam, und fragte sich, ob er mit ihr jemals eine Gemeinsamkeit finden würde.
„Miss Wilhemina, es ist richtig gut, Sie wieder zu sehen.“
Sie nickte. „Bitte setzen Sie sich. Amelia müsste gleich hier sein.“
„Nach Ihnen, Ma’am.“ Er blieb stehen, bis Wilhemina Platz genommen hatte.
Wilhemina musste zugeben, dass er Manieren hatte. Es war Jahre her, seit sie zuletzt einen Mann getroffen hatte, der wusste, wie man eine Dame behandelte. Natürlich hätte Wilhemina – wenn sie ehrlich gewesen wäre – zugeben müssen, dass sie schon seit Jahren überhaupt keine Männer getroffen hatte. „Was genau führt Sie her?“, fragte sie.
Tyler versuchte, nicht zusammenzuzucken. Er überlegte, wie lange es wohl dauern würde, bis sie die Flinte geholt hätte, wenn er ihr die Wahrheit sagte, nämlich dass er mit ihrer Nichte schlafen wollte. Was zur Hölle sollte er denn jetzt antworten? Während er noch nachdachte, kam Amelia ins Zimmer.
„Du siehst aber hübsch aus!“, rief Rosemary.
Tyler stimmte ihr zu, äußerte es aber nicht annähernd so laut. Tatsächlich hatte er das Gefühl, bei Amelias Anblick einen Tritt in die Magengrube zu bekommen. Er war augenblicklich erregt und hoffte inständig, dass die Beauchamp-Schwestern es nicht bemerkten. Er atmete tief ein, schloss die Augen, zählte bis fünf und öffnete sie wieder.
Amelia hatte ein neues Kleid an. Es war zwar ein Hemdblusenkleid, aber ohne Ärmel und kürzer als gewöhnlich, und es hatte den hübschesten Pfirsichton, den er je gesehen hatte. Amelias Haar war nicht wie üblich aufgesteckt, sondern nur im Nacken mit einem pfirsichfarbenen Band zusammengebunden. Winzige Locken umrahmten auf perfekte Weise ihr Gesicht.
Sie hatte nicht den Mut aufgebracht, ihre Kontaktlinsen zu tragen, weil sie befürchtete, dass Tyler sie dann als Amber erkannt hätte. Stattdessen hatte sie ihre übliche Brille auf der Nase. Sie war immer noch Amelia, aber jetzt schimmerte ein kleines bisschen von Amber durch.
Wilhemina gefiel das gar nicht. „Wo wollt ihr denn hin?“, fragte sie scharf.
Amelia beugte sich vor und küsste beide Tanten auf die Wange.
„Es ist eine Überraschung. Wenn ich zurückkomme, werdet ihr es erfahren.“
Tyler war genauso verwirrt wie die Tanten. Er wusste nicht, was Amelia im Sinn hatte, und tatsächlich war es ihm egal. Solange er den Tag mit dieser Frau verbringen konnte, war ihm alles recht.
„Ich bin bereit“, verkündete sie nun.
Tyler sprang auf, winkte den beiden alten Damen zu und versuchte, nicht ins Schwitzen zu geraten, als er sah, wie Amelia sich bei jedem Schritt in den Hüften wiegte, als sie vor ihm die Verandastufen hinunter stieg.
„Wohin führen Sie mich, Amelia?“
„Ich brauche Ihre Hilfe, Tyler.“
Und ich brauche deine, dachte er. „Ich stehe Ihnen zur Verfügung.“
„Gut. Dann fahren Sie mich nach Savannah. Ich will ein Auto kaufen.“
Diese Neuigkeit erleichterte Tyler, aber er nickte nur ernst, hielt Amelia die Tür auf und nahm hinter dem Steuer Platz. Das war also der Grund für ihren Zusatzjob gewesen! Sie hatte nicht im Club gearbeitet, weil sie Männer kennenlernen wollte oder weil sie sich das Nachtleben mit den Glitzerklamotten gewünscht hatte. Sie wollte ein Auto! Und dann kam Tyler ein anderer Gedanke, und den fand er nicht so erfreulich.
„Ich helfe Ihnen gern“, sagte er ruhig. „Wenigstens würde ich es gern tun, wenn Sie nicht vorhaben, Tulip zu verlassen, sobald Sie in dem Auto sitzen.“
„Du meine Güte, nein! Ich will nur in der Lage sein, ein bisschen herumzureisen, bevor ich zu alt dazu bin. Ich habe absolut nicht die Absicht wegzuziehen. Ich könnte weder meine Tanten verlassen noch Tulip.“ Sie wurde rot. „Oder sonst jemanden. Nicht für alle Autos der Welt.“
Tyler lächelte. Noch nie zuvor hatte er sich so verzweifelt gewünscht, die Frau an seiner Seite zu küssen. Er hoffte sehr, dass er „sonst jemand“ war. Er musste es einfach sein.
„Okay haben Sie ein bestimmtes Modell im Sinn, oder sind Sie flexibel?“
„Kommt drauf an, was ich für zwölftausend Dollar bekomme. Es sollte ein einigermaßen neues Modell sein und rot. Ich mag
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