Mitternachtslöwe (German Edition)
Büchlein an sich und bestieg die Kutsche.
»Sophia, Byrger, Herr Abaris, – ich wünsche euch eine gute und vor allem erfolgreiche Reise. Ihr habt einen sehr langen Weg vor euch und es wird mit Sicherheit nicht einfach werden. Doch denkt immer daran warum ihr unterwegs seit: für unser aller Wohl, für alle Menschen die unter dem Regime leiden, für eine bessere Zukunft. Möge der Mitternachtslöwe erwachen, wenn ihr euer Ziel erreicht habt und uns bessere Zeiten bescheren.«
Zu gerne wäre er selber zu dieser Reise angetreten. Nun wo es so aussah, als würde sich seine jahrelange Arbeit auszahlen und sich Paracelsus' Worte bewahrheiten, war er, Johannes Bureus, nicht dabei, um zu sehen wie seine Mühen und Anstrengungen helfen sollten die Welt zu verändern. Doch er hatte seinen Teil dazu beigetragen und er wusste, dass damit sein Werk dieser Geschichte getan war und es nun an Sophia und ihren Begleitern lag seine Vorleistung zum guten Ende zu führen.
Lange noch stand Johannes da und sah zu, wie die Kutsche der Sonne entgegen fuhr, bis sie zu einem kleinen Punkt am Ende der Straße verschwamm.
Möge alles Glück der Welt euch auf eurer Reise begleiten und euch die Götter beistehen.
Die Sirenen des Waldes
»Da standen wir nun, umringt von einer Horde tollwütiger Seehunde, ohne die geringste Chance da jemals wieder lebend rauszukommen. Doch Matte, dieser Teufelskerl, hatte die rettende Idee.
›Kapitän‹, sagte er, ›der Rum! Gebt mir Euren Rum!‹
Der verrückte Kerl war wohl nicht mehr ganz seetauglich, dachte ich.
›Teufel noch eins! Willst du dich hier jetzt besaufen, oder was?‹ Aber Matte hatte was ganz anderes im Sinn.
›Ne Kapitän, das Zeug brennt wie Zunder. Damit verscheuchen wir die Biester.‹
›Beim Klabautermann! Das ist ja noch viel schlimmer!‹, schrie ich ihn an, ›Da lass ich mich lieber von den Viechern bei lebendigem Leibe auffuttern!‹
Na gut, ich hab dann doch klein beigeben, und was soll man sagen - ich hätt's selber nicht geglaubt, wär' ich nicht dabei gewesen. Die Flammen schlugen meterhoch, als hätt der Teufel uns zugeschissen und die Biester sind in alle Himmelsrichtungen geflüchtet.«
Kapitän Smög lachte aus vollem Hals, wobei sein dicker Bauch im Takt mit wackelte. Er holte eine Flasche Rum aus seiner schmutzigen Uniform und nahm einen ordentlichen Schluck. Er wischte sich mit dem Ärmel durch seinen zotteligen Bart und korrigierte mit ein paar Drehungen am Steuerrad den Kurs. Ruhig und stetig steuerten der Kapitän und seine Mannschaft die Schwarze Hilde Richtung Lübeck. Der kleine Einmaster, der ganze Stolz des Kapitäns, hatte sicher bessere Tage erlebt: der Mast angeknackst und nur notdürftig wieder hergerichtet, die Segel übersät von zahlreichen Flicken und dem Deck hätte eine frische Lage Teer gutgetan, doch die betagte Dame schöpfte aus ihren Erfahrungen und glitt wie eh und je durch die Wogen.
Sophia ließ sich die salzige Luft durch die Haare wehen. Sie stand an der Reling und schaute auf die See hinaus. Dort, wo vor kurzem noch das Festland Schwedens zu sehen war, zog sich nur noch ein schmaler Streifen am Horizont entlang. Dicke, finstere Wolken machten sich in der Ferne breit und flogen wie eine Flotte Geisterschiffe über das Wasser hinweg. Auch die letzten Sonnenstrahlen zogen sich zurück und hinterließen einen trüben, von dunkelblau ins türkis übergehenden Himmel, der sich auf dem Wasser in einem moosgrün widerspiegelte.
Noch nie hatte Sophia ihr Heimatland verlassen. Im Gegensatz zu ihrem Vater, der in seinem Leben viel in der Welt rumgekommen war, hatte sie es nicht einmal bis über die Grenzen Schwedens hinaus geschafft. Doch jetzt war sie hier, ihre erste große Reise, ein richtiges Abenteuer sogar.
Gerade völlig in Gedanken versunken meldete sich der Kapitän wieder zu Wort, um sie in die Wirklichkeit zurückzuholen.
»Sieht aus, als wenn sich da ein kleiner Sturm zusammenbraut. Aber keine Sorge, die Schwarze Hilde hat schon ganz anderer Sachen durchgemacht«, versicherte Smög und zwinkerte ihr zu. »Wie das eine Mal, als wir vor Madagaskar lagen. Wir hatten eine Ladung Kakadus an Bord. Irgendsoein reicher Schnösel oben im Norden wollte sich mit den Federn die Kissen ausstopfen. Ha, verrückter Kerl. Doch wir waren überladen und hatten zu viel Tiefgang. Da sind wir glatt auf ein Riff gelaufen. Tagelang steckten wir da fest. Doch dann hatte ich einen Geistesblitz. Wir spannten ein Fischernetz über das gesamte Deck
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