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Mitternachtslöwe (German Edition)

Mitternachtslöwe (German Edition)

Titel: Mitternachtslöwe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Langenkamp
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was soll denn der Krach?« Ein klappriger, alter Mann schaute hinter einer Säule hervor.
    »Wo ist der General?«, schrie Sophia ihn an.
    »Der General? Der ist nicht hier.«
    »Wir haben ihn verpasst, geflüchtet lange bevor wir kamen«, sagte Byrger enttäuscht, »Wie alle wahnbehafteten Herrscher alter Zeiten ist auch er nur eine feige Figur die ihren Schatten auf sich selbst spiegelt.«
    »Geflüchtet? Nein«, sagte der Alte. Er trat hinter der Säule hervor mit einem Eimer und Besen in der Hand. In aller Ruhe fing er an den Boden zu fegen.
    Die Runde schaute sich verdutzt an. »Wer seid Ihr und was tut Ihr hier?«, wollte Sophia wissen.
    »Wer ich bin?« Der Alte guckte ungläubig und lehnte sich auf den Stil seines Besens. »Wie sehe ich denn aus? Ich bin derjenige der hier sauber macht«, sagte er mit Kopfschütteln und ging seiner Arbeit weiter nach.
    »Hört auf mit den Spielchen und sagt uns wo er ist!« Sophia wurde gehässig und der Gedanke an den General und sein feiges Verschwinden ärgerte sie.
    Gelassen bemühte der Alte sich einen hartnäckigen Fleck zu entfernen. »Seit ihr dem General schon einmal begegnet?«
    »Natürlich nicht«, sprach Byrger.
    »Nun«, stolz wandte sich der Mann von seinem gesäuberten Stückchen Boden nun den Säulen mit einem Lappen zu, »Ich bin Tag für Tag hier und ich habe ihn eben sowenig auch nur ein einziges mal gesehen. Und ich mache diese Arbeit seit...«, er kratzte sich hinter dem Ohr, »...herrje, gut vierundfünfzig Jahre sind es schon!«
    »Dann war dies nie der Sitz des Generals?«, sagte Sophias Vater, »Aber, das verstehe ich nicht...«
    »Wisst ihr was ich nicht verstehe: was es da nicht zu verstehen gibt! Doch dies ist der Sitz des Generals, nur ist er nicht hier. Nicht hier, nicht dort, nirgends.« Er spuckte auf seinen Lappen und polierte die Adlerstatue der Säule.
    Sophia riss der Geduldsfaden. »Schwafelt nicht rum, sagt endlich was ihr wisst!« In ihren Augen brannte die Glut tausend unbeantworteter Fragen.
    Der Mann im Turmzimmer des Generals des Regimes legte seine Arbeit beiseite. Er lockerte seine Mütze und setzte sich auf den prunkvollen Thron aus schwarzen Federn inmitten des Saals.
    »Stell dir vor, Kind, du hast richtig großen Mist gebaut. Du brauchst einen Sündenbock auf den du alles was du falsch gemacht hast, abladen kannst. Also erfindest du jemanden der deine Missetaten begangen hat und dafür büßen muss. Doch irgendwann verselbstständig sich deine Lüge. Bald sprechen schon alle über diese mysteriöse Person, die so grausam ist und Schlimmes tut. Immer mehr Leute dichten etwas dazu, schmücken hier und dort ein Detail aus. Und schon bald wird auf dem grausamen Schlächter eine ganze Armee, die dieser eine befehligt. Und jeder der sich nicht vorsieht, wird ihnen schneller übers Messer fallen, als das eigene Leben in Gold zu wiegen wäre. Irgendwann gibt es einige die sagen selber zu dieser Armee zu gehören, entweder um sich zu schützen, anderen Angst zu machen oder einfach weil sie gar nicht wissen, was sie da eigentlich tuen. Das ganze bekommt einen Namen. Regime des Adlers... klingt auf jeden Fall wie etwas mit dem man sich nicht anlegen sollte. Und dieser General – schauderhaft.«
    Niemand wusste darauf auch nur ein Wort zu sagen. Diese Idee war so lächerlich, dass sie einen Zirkusclown zum weinen gebracht hätte.
    »Es ist nicht der Einzelne, der General, der Böses tut, es sind die Menschen, die diesem einen folgen. Hattet ihr wirklich geglaubt, dass sich die ganze Welt verbessert indem ihr einen einzelnen Mann beseitigt? Wenn es so einfach wäre, hätte dies sicher schon jemand getan.«
    »Wir kämpfen also die ganze Zeit gegen einen Gegner der gar nicht existiert?«, Sophia glaubte ihr Verstand würde sich jeden Moment überschlagen. Ihr kleines Herz verkümmerte, zog sich in sich zusammen, bis es sich selber umzustülpen begann.
    »Nur weil man etwas nicht sehen kann, bedeutet das nicht, dass es nicht existiert. Er ist nicht hier, aber der General existiert«, er tippte sich mit dem Finger an den Kopf, »weil ihr an ihn glaubt, ihn fürchtet und euch ihm unterwerft.«
    Sophias Vater brach zusammen. »All die Jahre. Mein Gott – dort draußen töten immer noch tausende von ihnen. Ohne jegliche Weisung? Wie soll das möglich sein? Irgendjemand muss diesen Krieg kontrollieren.«
    »Das Chaos. Die Welt wird nicht vom Regime ins Chaos gestürzt, es ist das Chaos. Die Maschinerie des Regimes hat sich verselbstständigt,

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