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Mitternachtslust

Mitternachtslust

Titel: Mitternachtslust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Winter
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letzter Zeit mit dir los?« Er legte seine Hände auf ihre Schultern und schüttelte sie, als müsste er sie aus einem tiefen Schlaf wecken, in den sie unversehens gefallen war.
    »Lass mich los!« Melissa fauchte ihm mitten ins Gesicht, aber er zuckte nicht einmal zusammen.
    »Erst wenn du zur Vernunft gekommen bist und mir erklärt hast, warum du mich unbedingt vor ganz Hamburg lächerlich machen willst.«
    »Ich habe nicht die geringste Absicht, dich lächerlich zu machen. Dazu bist du mir gar nicht mehr wichtig genug. Auch wenn es dich vielleicht erstaunt: Seit einiger Zeit habe ich begriffen, dass es nicht besonders befriedigend ist, mein ganzes Leben nur nach dir und deinen Bedürfnissen auszurichten. Immerhin kümmerst du dich auch nicht darum, was ich empfinde, wenn du mit anderen Frauen schläfst.«
    »Ich sage doch – du bist verrückt geworden!« Ihm war nicht die geringste Verunsicherung anzumerken.
    »Wie kommst du überhaupt darauf, dass Natascha eine Prostituierte ist?«
    »Willst du das wirklich wissen?« Über sein Gesicht zog sich eine unnatürliche Röte, während das Funkeln seiner Augen sich verstärkte.
    Melissa antwortete nicht, wartete nur.
    »Doktor Grau, ausgerechnet Doktor Grau, hat mich beiseitegenommen und darauf aufmerksam gemacht, was für Leute in meinem Haus verkehren. Und ich wette, er war nicht der Einzige, der es wusste. Brockmann von Brockmann & Cremer hat sie auch so merkwürdig angesehen, das habe ich beobachtet.« Richard brach ab, als wäre es zu entsetzlich, sich noch länger vorzustellen, was seine Gäste gesagt oder gedacht hatten.
    »Und woher wusste Doktor Grau, wer sie angeblich ist? War er einer ihrer … Kunden?« Melissa spuckte das letzte Wort voller Verachtung aus. Wie kamen diese ekelhaften Männer dazu, sich darüber aufzuregen, wenn sie einer Frau, deren Dienste sie in Anspruch genommen hatten, unverhofft an einem anderen Ort begegneten?
    »Es ist völlig egal, woher er sie kannte. Er wusste jedenfalls, welcher … welcher Profession sie nachgeht. Hast du eigentlich eine Ahnung, was du da angerichtet hast?« Richards Stimme zischte vor Wut.
    Melissa wollte sein verzerrtes Gesicht nicht mehr sehen. Sie blickte über seine Schulter hinweg zur Tür. Im Türrahmen flimmerte die Luft, dann bildete sich etwas wie eine Nebelsäule, an deren oberem Ende sie meinte, zwei dunkle Augen erkennen zu können. Sie lächelte.
    »Und grins nicht auch noch! Was glaubst du eigentlich, wer du bist? Ich arbeite hart für meine Karriere, und ich lasse sie mir nicht von einer ignoranten Nichtstuerin wie dir kaputt machen!« Der Griff seiner Hände an ihren Oberarmen schmerzte. Diesmal schüttelte er sie so heftig, dass ihr Hinterkopf zwei oder drei Mal gegen die Wand schlug.
    In dem Moment, in dem er sie eine Nichtstuerin nannte, schlug die Wut wie eine riesige Welle über Melissa zusammen. Sie hatte für ihn ihren Beruf aufgegeben, weil er es so wollte, damit sie sich ausschließlich um ihn und seine Bedürfnisse kümmern konnte. Und nun musste sie sich dafür auch noch beschimpfen lassen!
    »Du wirst lachen, aber deine Karriere interessiert mich nicht im Geringsten.« Am liebsten hätte sie ihm ins Gesicht gespuckt, so wie er es mit seinen Worten und Taten im übertragenen Sinne schon Hunderte von Malen bei ihr getan hatte. Stattdessen holte sie zu einem weiteren verbalen Schlag aus: »Um genau zu sein, interessierst auch du mich einen feuchten Kehricht.«
    »Was erlaubst du dir! Du bist meine Frau!«
    Diesmal krachte ihr Hinterkopf so heftig gegen die Wand, dass das Dröhnen hinter ihrer Stirn ihr für einen Moment den Atem nahm.
    »Lass mich los!«, schrie sie noch einmal und sah zur Tür hinüber. Julius trug wieder sein helles Hemd und die dunkle Hose, in denen sie ihn bisher immer gesehen hatte. Mit dem Ende des Balls hatte er sein Piratenkostüm abgelegt.
    »Ich lasse dich erst los, wenn du wieder zur Vernunft gekommen bist.«
    »Ich bin zur Vernunft gekommen! Endlich!«
    Ihre nackten Arme schmerzten von seinen Fingernägeln, die sich mit jeder Sekunde tiefer in ihr Fleisch bohrten. Als er sie wieder und wieder schüttelte und gegen die Wand stieß, fühlte sie sich wie eine Puppe, deren Glieder mit Watte ausgestopft waren.
    »Lass mich los!«, brüllte sie ihn mit aller Kraft an. »Du hast kein Recht, mich so zu behandeln. Du hattest nie ein Recht, mich zu behandeln, wie du es getan hast!«
    »Ich habe kein Recht? Ich werde dir zeigen, was ich für Rechte habe! Ich bin dein

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