Mitternachtsmorde
Knox aalglatt. »Mehr kann ich leider nicht sagen; das werden Sie verstehen. Es ist nur eine von vielen Spuren, denen wir nachgehen.«
»O Mann«, kommentierte Max. »In anderen Worten, Sie verraten mir gar nichts. Na schön, schon kapiert. Aber sobald Sie wissen, was da läuft, bekomme ich die Story. Gehen Sie bloß nicht zu jemand anderem.«
»Abgemacht. Ach, übrigens, wissen Sie, ob Howard irgendwelche Hobbys hatte?«
»Er war der Coach des Footballteams; er hatte keine Zeit für Hobbys.«
»Modellflugzeuge«, ließ sich Mrs. Browning vernehmen, die in ebendiesem Moment an der offenen Schiebetür vorbeiging.
Knox drehte sich zu ihr um. »Modellflugzeuge?«
»Stimmt«, antwortete Max. »Jetzt fällt es mir wieder ein. Er hat sie in seiner Garage gebastelt. Er hat ihnen kleine Motoren eingebaut und eine Fernsteuerung. Das Irrste, was es damals zu sehen gab. Er ging dann immer raus aufs Feld hinter seinem Haus und ließ die kleinen Flugzeuge fliegen. Ein paar davon sind ihm abgestürzt. Sobald er eine freie Minute hatte, bastelte er an den Dingern rum. Er und so ein Kumpel aus dem College hatten da so eine Sache laufen, wer die irrsten Dinger erfindet.«
»Was wurde nach seinem Tod aus seinen Flugzeugen? Hat Lynn sie bekommen?«
»Also, da bin ich überfragt. Das Haus stand eine ganze Weile leer; dann zog jemand ein, der ein paar Jahre dort wohnen blieb. Über zehn Jahre hinweg war das Haus mal bewohnt, mal stand es leer; und schließlich war es in einem so miserablen Zustand, dass keiner mehr einziehen wollte. Inzwischen ist es baufällig, und der Garten ist zugewuchert. Man sieht kaum mehr, dass da überhaupt ein Haus ist, so dicht stehen heute die Bäume und Büsche.«
»Wissen Sie die Adresse noch?«
»Nicht genau. Es war draußen an der Beeson Road hinter der Kreuzung Turner. Ungefähr vier Meilen weiter unten auf der linken Seite.«
Während sie über den Bürgersteig zu ihrem Auto gingen, fragte Nikita: »Unterhalten wir uns jetzt mit Edie Proctor?«
»Uns wird nichts anderes übrig bleiben. Danach finden wir raus, wo Coach Easley wohnte. Wo das Haus ungefähr liegt, weiß ich; wir müssen nur danach Ausschau halten.«
»Glaubst du, dort könnte etwas zurückgeblieben sein?«
»Wahrscheinlich nicht, aber man kann nie wissen. Die Menschen lassen alles Mögliche zurück, wenn sie umziehen.«
»Aber wer seine Sachen zusammengepackt hat, müsste auch das Haus ausgeräumt haben.«
»Das wissen wir erst, wenn wir nachgesehen haben. Vielleicht gibt es dort einen Speicher oder einen kleinen Abstellkeller.«
Knox würde sowieso keine Ruhe geben, bis er sich mit eigenen Augen überzeugt hatte. Selbst wenn ihm die Vernunft sagte, dass dort eigentlich nichts mehr sein konnte, musste er das überprüfen.
Mrs Edie Proctor weigerte sich, die Tür zu öffnen, auch nachdem Knox seine Polizeimarke vorgezeigt hatte. Sie fixierte ihn finster durch die verriegelte Fliegentür. »Woher weiß ich, dass die Marke echt ist?«
»Sie können im Sheriff’s Department anrufen und sich erkundigen«, erklärte er ihr mit einem Anflug von Ungeduld.
»Pff«, machte sie nur und blieb wie angewachsen stehen. Soweit Nikita das durch das Fliegengitter erkennen konnte, war Mrs Proctors Mund in einer Grimasse des Missfallens erstarrt.
»Was wollen Sie denn von mir wissen?«, fragte sie schließlich. Sie öffnete ihnen nicht die Fliegentür, aber immerhin knallte sie nicht die Haustür dahinter zu. Aus dem Haus strömte kühle Luft, die den dünnen Schweißfilm auf Nikitas Haut zum Verdampfen brachte. Der Tag versprach wieder glühend heiß zu werden.
»Es geht um Coach Howard Easley. Er verübte vor zwanzig Jahren Suizid …«
»Ich weiß, wie er gestorben ist«, fiel sie ihm ins Wort. »Was spielt das heute noch für eine Rolle?«
»Sie haben ihn damals eingestellt, nicht wahr?«
»Er war qualifiziert.«
»Ja, Madam, das war er bestimmt. Er hatte einen Magister Artium in Physik von der Cal Tech. Haben Sie eine Ahnung, warum er sich damit zufrieden gab, das Footballteam an einer kleinen Highschool im Osten Kentuckys zu trainieren?«
»Ich habe ihn nicht gefragt.«
Diese Fragen würden nirgendwohin führen, erkannte Nikita. Offenbar hatte Knox den gleichen Eindruck, denn er wechselte das Thema, ohne noch länger nachzuhaken. »Ich würde gern einen Blick auf seine Bewerbung von damals werfen, falls Sie nach all den Jahren noch wissen, wo sie liegt.«
»Solche Unterlagen bewahre ich doch nicht bei mir zu Hause auf. Ich
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