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Mitternachtsspitzen: Roman (German Edition)

Mitternachtsspitzen: Roman (German Edition)

Titel: Mitternachtsspitzen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Elizabeth Phillips
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schwere Arbeit für ihn weg. Andererseits brauchte er diese betäubende Erschöpfung nach einem langen Arbeitstag, um seinen Körper von anderen Bedürfnissen abzulenken. Seitdem er erwachsen war, hatte er es noch nie so lange ohne eine Frau ausgehalten.
    Meist kam er rechtzeitig zum Abendessen zurück. Bei Tisch war er sich unschlüssig, ob sie ihn nun ganz bewusst provozierte oder nicht. Abends, wenn sie ins Esszimmer glitt, duftete sie nach Jasmin und trug die Haare nach Lust und Laune anders frisiert. Bisweilen kess hoch auf dem Kopf aufgetürmt mit feinen Löckchen, die ihr Gesicht wie schwarzseidene Daunen umrahmten. Oder in dem strengen spanischen Stil, der den wenigsten Frauen so gut stand wie ihr, in der Mitte gescheitelt und im Nacken zu einem schweren Knoten zusammengesteckt. Dann wünschte er sich, er könnte mit den Fingern in ihre prachtvollen Locken greifen. Keine Frage, er hatte Mühe, den Blick von ihr zu lösen. Es war wie eine Ironie des Schicksals. Cain, der notorische Herzensbrecher, verzehrte sich nach einer Frau, die er nicht verführen mochte, solange er sich ihrer nicht ganz sicher war.
    Kit war genauso unglücklich wie Cain. Ihre einmal geweckte Lust ließ ihr keine Ruhe. Sie hatte sonderbare erotische Fantasien. Erneut nahm sie das Buch zur Hand, das Cain ihr vor einiger Zeit geschenkt hatte, Walt Whitmans Grashalme . Seinerzeit hatten die Gedichte sie irritiert. Jetzt erregten sie sie. Nie zuvor hatte sie dergleichen gelesen, Verse, die unter die Haut gingen, Bilder, die ihren Körper lustvoll entflammten.
     
    Liebesgedanken, Liebestrank, Liebesduft, Liebessehnen,
    Liebestrieb und aufsteigender Saft,
    Verliebte Arme und Hände, verliebte Lippen, phallischer Daumen der Liebe, Körper in Liebe vereint und verschmolzen.
     
    Sie sehnte sich nach seiner Nähe. Nachmittags huschte sie in ihr Zimmer, badete ausgiebig und zog zum Abendessen ihre schönsten Kleider an. Nicht lange, und sie erschienen ihr zu brav. Also schnitt sie kurzerhand ein Dutzend Silberknöpfe von dem Mieder ihres zimtfarbenen Chiffonkleides ab, worauf es gewagte Einblicke in ihr Dekolleté bot. Dann umsäumte sie den freizügigen Ausschnitt mit dunkel schimmernden Perlen. Den Gürtel eines blassgelben Vormittagskleides ersetzte sie durch eine bunt gestreifte Taftschärpe. Sie wählte knallrosafarbene Slipper zu einem orangeroten Kleid und zog kurz entschlossen zitronengelbe Bänder durch die Ärmel. Sie war schamlos und gleichsam entzückend. Sophronia schimpfte, Kit führe sich auf wie eine eitle Schnepfe auf Männerfang.
    Nur Cain schien von alldem nichts zu bemerken.
     
    Etwa drei Monate nach Kits Hochzeit schaute Veronica Gamble an einem regnerischen Montagnachmittag auf einen Besuch vorbei. Kit hatte sich freiwillig dazu bereit erklärt, den Speicher nach einem unauffindbaren Speiseservice durchzustöbern, und sah entsprechend ramponiert aus.
    Wenn sich die beiden beim sonntäglichen Kirchgang oder zufällig in der Stadt begegneten, wechselten sie ein paar höfliche Worte, ansonsten hatte es seit jener grässlichen Abendeinladung keine weiteren Besuche mehr gegeben. Kit hatte sich bei Veronica schriftlich dafür bedankt, dass sie ihr eine schöne, ledergebundene Ausgabe
der Madame Bovary zur Hochzeit geschenkt hatte. Ein höchst unpassendes Geschenk, wie Kit später feststellte, nachdem sie jede Seite förmlich verschlungen hatte. Veronica faszinierte sie, andererseits schüchterten sie die Selbstsicherheit und die unterkühlte Schönheit der Älteren ein.
    Während Lucy beschlagene Gläser mit eisgekühlter Limonade und Gurkensandwiches servierte, verglich Kit missmutig Veronicas maßgeschneidertes beiges Kostüm mit ihrem eigenen schmuddelig zerknitterten Baumwollkleid. Kein Wunder, dass ihr Gatte sich so offensichtlich für Veronicas Gesellschaft interessierte. Nicht zum ersten Mal erwischte Kit sich bei dem Gedanken, ob er sich wohl auch heimlich mit der attraktiven Mrs. Gamble träfe. Allein die Vorstellung bereitete ihr Kopfschmerzen.
    »Und wie finden Sie das Eheleben?«, erkundigte sich Veronica, nachdem sie die üblichen Höflichkeitsfloskeln ausgetauscht hatten. In der Zwischenzeit hatte Kit vier Sandwiches verdrückt, Veronica dagegen nur eins.
    »Verglichen womit?«
    Veronicas glockenhelles Lachen flirrte durch den Raum. »Sie sind zweifellos die geradlinigste Frau, die ich in dieser langweiligen Gegend kennen gelernt habe.«
    »Wenn es Ihnen so langweilig ist, wieso bleiben Sie dann hier?«
    Veronica

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