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Mitternachtsspitzen: Roman (German Edition)

Mitternachtsspitzen: Roman (German Edition)

Titel: Mitternachtsspitzen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Elizabeth Phillips
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verbeißen konnte.
    »Sehr schön, Mrs. Cain, auch wenn Sie einmal danebengeschossen haben.«
    »Passen Sie auf, Mr. Cain«, erwiderte sie mit einem süffisanten Lächeln, »dass Sie nicht zweimal danebenschießen.«
    Er senkte den Kopf und schritt zur Ziellinie.
    Die umstehenden Männer schwiegen unbehaglich. Anders als diese hatte Cain nämlich von Anfang an gewusst, dass er es mit einer ernst zu nehmenden Gegnerin zu tun hatte.
    Cain hob die Waffe. Sie lag gut in der Hand, genau wie der Colt, den er im Krieg getragen hatte. Er schoss die erste Flasche ab und dann die zweite. Ein Schuss folgte auf den nächsten. Als er schließlich den Arm senkte, hatte er die sechs Flaschen abgeräumt.
    Unwillkürlich musste Kit schmunzeln. Er war ein hervorragender Schütze, zielsicher und mit ruhiger Hand.
    Ihre Kehle verengte sich vor Stolz, als sie ihn in seinem formellen schwarzen Abendanzug mit dem blütenweißen Hemd betrachtete. Der rötliche Fackelschein tanzte auf
seinen aschblonden Haaren. Sie vergaß ihre Schwangerschaft, ihren ganzen Ärger, hatte nur noch Augen für diesen komplizierten und gleichsam faszinierenden Menschen.
    Er drehte sich zu ihr, sein Kopf leicht geneigt.
    »Gut geschossen, mein Schatz«, sagte sie weich.
    Sie gewahrte die Verblüffung in seinen Gesichtszügen, indes waren die Worte nun einmal heraus. Sie gehörten eigentlich in ihr Schlafzimmer, zu dem kleinen Intimvokabular ihrer heimlichen Passionen. Begriffe, die sie sonst nie in den Mund nahm. Unvermittelt fühlte Kit sich ertappt und ausgeliefert. Um ihre Emotionen zu überspielen, wandte sie sich mit hochmütig gerecktem Kinn an die Zuschauer.
    »Da mein Mann ein Gentleman ist, bin ich sicher, dass er mir eine zweite Chance gibt. Würde mal jemand so nett sein, ein Kartenspiel zu holen und das Pik-Ass auszusortieren?«
    »Kit …« In Cains Stimme lag eine unmissverständliche Warnung.
    Entschlossen wirbelte sie zu ihm herum. »Trittst du gegen mich an? Ja oder nein?«
    Plötzlich waren die Umstehenden wie ausgeblendet. Im Gegensatz zu den Zuschauern realisierten Cain und Kit, dass sich ihr ständiger Konflikt auf eine andere Ebene verlagert hatte. Das Wettschießen war dabei lediglich Mittel zum Zweck.
    »Ja.«
    Alle hielten den Atem an, als das Pik-Ass an der Mauer befestigt wurde. »Drei Schuss für jeden?«, fragte Kit, während sie ihre Waffe nachlud.
    Er nickte grimmig.
    Sie hob den Arm und fokussierte das kleine, schwarze Pik-Symbol in der Mitte der Spielkarte. Sie fühlte, wie
ihre Hand zitterte, und senkte den Revolver, bis sie ruhiger war. Dann hob sie sie erneut, zielte und feuerte.
    Sie traf die rechte obere Kartenecke. Es war ein hervorragender Schuss, und unter den umstehenden Herren und Damen erhob sich anerkennendes Gemurmel. Einige weibliche Gäste empfanden sogar einen heimlichen Anflug von Stolz, dass eine Frau sich in diesem ausgewiesenen Männersport behauptete.
    Kit zielte abermals. Diesmal war sie zu langsam und traf die Mauer knapp unter der Karte. Immerhin war es ein exzellenter Schuss, was die Menge auch feststellte.
    In ihrem Kopf drehte sich alles, trotzdem zwang sie sich dazu, sich auf das kleine, schwarze Symbol im Zentrum der Spielkarte zu konzentrieren. Sie hatte diesen Schuss schon zigmal ausgeführt. Ihr fehlte nur die nötige Konzentration. Langsam betätigte sie den Abzug.
    Es war ein fast perfekter Schuss, der das Pik touchierte. Dennoch waren die Glückwünsche der Südstaaten-Gentlemen eher verhalten. Eine Frau, die so verdammt gut mit der Waffe umzugehen wusste, war ihnen regelrecht unheimlich. Für gewöhnlich mussten Frauen beschützt werden. Aber diese Lady schaffte das spielend selbst.
    Cain hob seine Waffe. Wieder verstummten die Zuschauer, nur das leise Rascheln der windgezausten Olivenbäume durchbrach die nächtliche Stille.
    Er feuerte ab. Die Kugel traf links von der Karte auf die Steinwand.
    Cain justierte und schoss erneut. Dieses Mal erwischte er den oberen Kartenrand.
    Mit angehaltenem Atem betete Kit, sein dritter Schuss möge das Ziel verfehlen. Oder vielleicht doch nicht? Jedenfalls machte sie sich schwere Vorwürfe, dass sie ihn zu dem Wettschießen genötigt hatte.
    Cain feuerte seinen letzten Schuss ab. Man sah eine
winzige Rauchwolke, und wo das Piksymbol im Zentrum der Spielkarte gewesen war, gähnte ein kreisrundes Loch.
    Die Zuschauer jubelten. Selbst die Südstaatler vergaßen vorübergehend ihre Ressentiments, erleichtert, dass die männliche Überlegenheit naturgemäß

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