Mitternachtsspitzen: Roman (German Edition)
und ich kam mir vor wie ein Idiot. Als du dann in diesem schwarzen Negligé zu mir kamst, verschüchtert und gleichsam entschlossen, ließ ich mich wider besseres Wissen auf dich ein. Du bist mir verdammt unter die Haut gegangen, Kit.«
Er stellte die Tasche auf den Boden und richtete sich auf. Für den Bruchteil von Sekunden schaute er sie nur an, dann trat er zu ihr. Die tiefe Betroffenheit in seinem Blick durchbohrte sie mit schmerzvoller Intensität. Er empfand genau wie sie.
Er streichelte behutsam über ihre Wange. »Als wir uns liebten«, sagte er rau, »hatte ich das Gefühl, eins mit dir zu sein. Du hast dich mir hingegeben. Mir deine Wildheit, deine Weiblichkeit, deine süße Sinnlichkeit geschenkt. Aber das Vertrauen und das Verständnis fehlten – und das war bitter.«
Er rieb mit dem Daumen zärtlich über ihre papiertrockenen Lippen, seine Stimme kaum mehr als ein Flüstern. »Manchmal, wenn wir uns liebten, ertappte ich mich bei der Vorstellung, wie es wäre, dich körperlich zu züchtigen. Dafür habe ich mich gehasst.« Er ließ die Hand sinken. »Neulich wachte ich schweißgebadet auf, vor lauter Angst, ich könnte dir irgendwann wirklich wehtun. Heute Abend, als ich dich in diesem Kleid sah und mit all den anderen Männern, war mir endgültig klar, dass ich gehen muss. Es hat keinen Zweck mit uns. Wir haben alles falsch gemacht. Wir hatten nie die Spur einer Chance.«
Kit umklammerte seinen Arm und blickte ihn mit tränenverschleierten Augen an. »Geh nicht. Es ist noch nicht zu spät. Wenn wir ganz neu anfangen …«
Er schüttelte den Kopf. »Ich bin innerlich ausgebrannt. Es tut weh. Es tut verdammt weh, Kit.«
Er hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn, hob die Tasche auf und eilte aus dem Raum.
Cain hatte seine Drohung wahr gemacht. Er war fort, als Kit nach Risen Glory zurückkehrte. Die nächsten Tage schlich sie wie eine Schlafwandlerin durch das Haus. Sie war total apathisch, vergaß zu essen und schloss sich in
dem großen, gemeinsamen Schlafzimmer ein. Ein junger Anwalt wurde mit einem Stapel Dokumente bei ihr vorstellig. Er klärte sie unverbindlich-freundlich darüber auf, dass sie ab jetzt die rechtmäßige Besitzerin von Risen Glory sei und zudem über ihr Vermögen frei verfügen könne. Sie hatte alles, was sie sich immer gewünscht hatte, und war trotzdem kreuzunglücklich.
Er trennt sich von seinen Pferden und seinen Büchern, bevor sie ihm zu sehr ans Herz wachsen …
Der Notar erklärte ihr auch, dass Cain das Geld, das er dem Treuhandfonds für den Wiederaufbau der Spinnerei entnommen habe, bis auf den letzten Cent zurücküberwiesen habe. Sie hörte ihm zwar zu, aber eigentlich interessierte sie das alles nicht.
Sie schickte Magnus, mit dem sie die Verwaltung der Plantage hätte besprechen müssen, ungnädig weg. Ignorierte Sophronias dauernde Ermahnungen, dass sie etwas essen müsse. Und bei Miss Dolly stellte Kit die Ohren auf Durchzug.
Als sie an einem trübsinnigen Nachmittag gegen Ende Februar im Schlafzimmer saß, die Nase hinter einem Buch versteckt, schaute Lucy bei ihr herein. Veronica Gamble erwarte sie im Salon, erklärte die Hausangestellte.
»Sag ihr, ich fühle mich nicht gut und kann niemanden empfangen.«
Veronica ließ sich jedoch nicht abwimmeln. Sie glitt an Lucy vorbei die Stufen hinauf, klopfte kurz und trat ein. Realisierte Kits ungepflegte Erscheinung und die ungesunde Blässe. »Lord Byron hätte seine helle Freude an Ihnen«, sagte sie spitz. »Die Jungfrau welkt dahin wie eine sterbende Rose und wird mit jedem Tag schwächer. Sie isst nicht mehr und verkriecht sich in ihren Gemächern. Grundgütiger, sind Sie noch ganz gescheit?«
»Ich möchte allein sein.«
Veronica streifte einen eleganten, topasfarbenen Samtumhang von den Schultern und warf ihn auf das Bett. »Machen Sie meinetwegen, was Sie wollen. Aber Sie sollten wenigstens an das Kind unter Ihrem Herzen denken.«
Kits Kopf schoss hoch. »Woher wissen Sie das?«
»Ich habe Sophronia letzte Woche in der Stadt getroffen. Sie hat es mir erzählt und mich gebeten vorbeizuschauen.«
»Sophronia hat keine Ahnung. Niemand weiß es.«
»Sie glauben doch wohl nicht, dass Sophronia irgendetwas Wichtiges entgeht, oder?«
»Trotzdem hätte sie den Mund halten sollen.«
»Sie haben Baron nichts von Ihrer Schwangerschaft gesagt, nicht wahr?«
Kit bemühte sich um Haltung. »Wenn Sie nach unten in den Salon gehen, lasse ich den Tee servieren.«
Aber so leicht war Veronica nicht
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