Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mitternachtsspitzen: Roman (German Edition)

Mitternachtsspitzen: Roman (German Edition)

Titel: Mitternachtsspitzen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Elizabeth Phillips
Vom Netzwerk:
schien Miss Dolly zu verunsichern.
    Kit wollte sie beruhigen, merkte aber spontan, wie sich die Lippen der alten Dame zu einem koketten Lächeln verzogen. Sie streckte eine spitzenumhüllte Hand aus und schwebte so anmutig wie eine junge Debütantin in die Halle.
    »Mein lieber, lieber General. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, was für eine große Ehre es für mich ist, Sir. Ich vermag die Stunden nicht zu zählen, die ich kniend im Gebet verbrachte, damit der Herr Sie beschützte. Selbst in meinen kühnsten Träumen hätte ich mir niemals vorgestellt, dass ich Sie einmal persönlich kennen lerne.« Sie schob ihre zierlichen Finger in Cains Riesenhand. »Ich bin Katharines Anstandsdame, Dorthea Pinckney Calhoun aus Columbia.« Und dann sank sie in einen tiefen Knicks, der die Templeton-Mädchen stolz gemacht hätte.
    Cain starrte entgeistert auf ihre spitzenbesetzte Haube.
Sie rappelte sich auf, ihr Scheitel reichte ihm gerade mal bis zum mittleren Hemdknopf. »Wenn ich irgendetwas für Sie tun kann, um Ihnen den Aufenthalt hier auf Risen Glory so angenehm wie möglich zu machen, General, sagen Sie es nur. Betrachten Sie mich von jetzt an als Ihre getreue Dienerin.«
    Miss Dolly klimperte dermaßen heftig mit den Wimpern, dass Kit Sorge hatte, die Augen könnten ihr aus dem Kopf fallen.
    Cain wandte sich mit einem fragenden Blick zu Kit, aber die junge Frau war mit ihren Gedanken woanders. Er räusperte sich. »Ich glaube… ich bin mir sicher, Madam, Sie verwechseln mich. Ich bin kein General. Offen gestanden, gehöre ich dem militärischen Korps nicht mehr an, auch wenn man mich gelegentlich auf meinen früheren Rang als Major anspricht.«
    Miss Dolly brach in mädchenhaftes Gekreische aus. »Ach du meine Güte! Ich Dummchen! Sie haben mich eiskalt erwischt!« Sie senkte die Stimme zu einem verschwörerischen Flüstern. »Ich vergaß Ihr Inkognito. Eine sehr gute Tarnung, darf ich erwähnen. Kein Yankee-Spion würde Sie wiedererkennen, obwohl es wirklich schade ist, dass Sie den Bart abrasieren mussten. Ich habe ein Faible für Bärte.«
    Cain war mit seiner Geduld am Ende und schnellte zu Kit herum. »Was redet sie da für einen Unsinn?«
    Miss Dolly presste die Finger auf seinen Arm. »Aber, aber, regen Sie sich doch nicht auf. In Gesellschaft bin ich sehr diskret, mein Ehrenwort. Dann rede ich Sie nur mit Major an, lieber General.«
    In Cains Stimme schwang eine leise Warnung. »Kit…«
    Miss Dolly blies die Backen auf. »Ruhig Blut, General. Machen Sie sich wegen Katharine Louise keine Gedanken. Eine loyalere Konföderiertentochter gibt es gar nicht.
Sie würde Ihre wahre Identität niemals preisgeben. Nicht wahr, meine Liebe?«
    Kit öffnete den Mund zu einer Antwort. Aber es kam kein Ton heraus.
    Miss Dolly nahm den bunten Fächer, der an ihrem knochigen Handgelenk baumelte, und tippte damit auf Kits Arm. »Sagen Sie dem General auf der Stelle, dass es so ist, Liebes. Wir dürfen ihn nicht unnötig aufregen. Der arme Mann hat schon genug um die Ohren. Na, kommen Sie schon, sagen Sie’s ihm. Sagen Sie ihm, dass er uns vertrauen kann.«
    »Sie können uns vertrauen«, krächzte Kit.
    Cain funkelte sie fassungslos an.
    Miss Dolly lächelte und reckte schnuppernd die Nase. »Ich glaube, ich rieche Hühnerfrikassee. Ich liebe Frikassee, vor allem mit einer Prise Muskatnuss.«
    Sie hakte sich bei Cain ein und stolzierte in Richtung Esszimmer. »Wissen Sie, General, es ist nicht unmöglich, dass wir entfernte Verwandte sind. Durch die Heirat meiner Großtante Phoebe Littlefield Calhoun ist unsere Familie väterlicherseits mit den Lees aus Virginia verwandt.«
    Cain blieb abrupt stehen. »Versuchen Sie mir weiszumachen, Madam – glauben Sie allen Ernstes, dass ich General Robert E. Lee bin?«
    Miss Dolly öffnete ihren kleinen Schmollmund und schloss ihn kichernd wieder. »Oh nein, so leicht kriegen Sie mich nicht, General. Sie Böser, Sie! Mich schnöde zu überrumpeln. Und das, nachdem ich Ihnen strengste Diskretion versprach. Natürlich sind Sie Major Baron Nathaniel Cain. Katharine Louise hat mir das klar zu verstehen gegeben.«
    Darauf zwinkerte sie ihm verschwörerisch zu.
     
    Während des Dinners setzte Cain eine Leichenbittermiene auf, und Kit hatte keinen Appetit. Schlimm genug, dass sie in seiner Gegenwart ständig an den Kuss denken musste. Blöderweise hatte sie ihrer Begleiterin auch noch den Floh ins Ohr gesetzt, er wäre General Lee. Miss Dolly schien das alles nicht zu kümmern. Sie plauderte

Weitere Kostenlose Bücher