Mitternachtsspitzen: Roman (German Edition)
sein.
Stunde um Stunde wurde Kit deprimierter. Cain konnte mit der Plantage machen, was er wollte, und sie vermochte ihn nicht daran zu hindern. Zudem interessierte er sich mehr für die Spinnerei als für die Baumwollfelder. Vielleicht kam er sogar noch auf die Idee, eine Straße durch die Felder zu bauen. Immerhin war er ein Spieler. Was, wenn er ihr Treuhandvermögen verschleuderte? Oder Grundstücke verkaufte, um an Bares zu kommen?
Die Uhr in der Halle schlug Mitternacht, und sie malte sich die Zukunft in immer dunkleren Farben aus. Cain war immer schon ein Vagabund gewesen. Er lebte jetzt seit drei Jahren hier. Wie lange würde es noch dauern, bis er Risen Glory satt hatte und sich etwas Neues suchte?
Sie versuchte sich einzureden, dass Risen Glory momentan nicht gefährdet sei. Cain war mit der Spinnerei vollauf beschäftigt und würde sicher nichts Überstürztes
tun. Auch wenn es ihr widerstrebte: Sie würde auf Zeit spielen müssen.
Nun, Risen Glory war vermutlich nicht in Gefahr, aber wie stand es um sie? Wieso erregte es sie, wenn er sie berührte? Wenn sie ihn nur ansah, schlug ihr Herz höher. Wiederholte sich die ganze Geschichte? Fühlte sich eine Weston zu einem Cain hingezogen, wie es bei ihrem Vater und seiner Mutter schon einmal der Fall gewesen war? Eine Verbindung, die um ein Haar zum Ruin der Plantage geführt hätte.
»Katharine Louise, warum sind Sie noch nicht im Bett?« Miss Dolly stand im Türrahmen, ihr Gesicht unter dem gerüschten Nachthäubchen tief besorgt.
»Ich kann nicht schlafen. Verzeihen Sie, wenn ich Sie geweckt habe.«
»Soll ich Ihnen ein bisschen Laudanum bringen, damit Sie schlafen können?«
»Das brauch ich nicht.«
»Aber Sie brauchen Ihre Nachtruhe, Katharine. Kommen Sie, hören Sie auf mich.«
»Mir geht es prächtig.« Sie führte Miss Dolly nach oben, wo die ältere Dame darauf bestand, ihr ein paar Löffelchen Laudanum einzuflößen.
Kit fiel in einen unruhigen Schlaf, der von Albtraumgestalten durchgeistert wurde. Im Morgengrauen schlich sich ein großer, falbfarbener Löwe zu ihr ins Zimmer. Sie schnupperte den maskulinen, animalischen Geruch, aber statt es mit der Angst zu bekommen, krallte sie die Finger in seine Mähne und zog ihn aufs Bett.
Wie durch einen dichten Nebelschleier gewahrte sie, dass es ihr Ehemann war. Er flüsterte ihr Zärtlichkeiten ins Ohr und fing an, sie zu streicheln. Durch das Dickicht ihrer Träume fühlte sie seine Haut. Warm und feucht wie ihre.
»Ich nehme dich jetzt«, flüsterte ihr Traummann.
»Ja«, murmelte sie. »Oh ja.«
Er drang in sie ein, und ihr Körper fing Feuer. Sie bewegte sich rhythmisch mit ihm, und bevor die Flammen glutheiß über ihr zusammenschlugen, stöhnte sie seinen Namen.
Am nächsten Morgen wachte sie auf, wie benommen von ihrem Laudanum-Traum. Sie blinzelte zu den seidenen, rosa-grün gestreiften Bettvorhängen, bemüht, die Nachwirkungen des Schlafmittels auszublenden. Komisch, wie real ihr der Traum vorgekommen war … Der Löwe, der sich unter ihrer Berührung in …
Sie schoss kerzengerade im Bett hoch.
Cain stand vor ihrer Waschschüssel und rasierte sich vor dem Spiegel. Er trug lediglich ein weißes Handtuch um die Hüften gewickelt. »Guten Morgen.«
Sie funkelte ihn an. »Geh in dein Zimmer und rasier dich gefälligst dort.«
Er drehte sich um spähte viel sagend auf ihren Busen. »Hier ist das Licht besser.«
Sie bemerkte, dass das Laken unter ihre Brust gerutscht war, und riss es bis zum Kinn hoch. Dann sah sie, dass ihr Nachthemd zerknäuelt am Boden lag. Er schmunzelte über ihr empörtes Aufjaulen. Daraufhin zog sie sich kurzerhand die Decke über den Kopf.
Keine Frage. Sie war verräterisch feucht zwischen den Schenkeln.
»Heute Nacht warst du eine richtige Wildkatze«, meinte er gedehnt und erkennbar belustigt.
Und er ein Löwe.
»Das war das Schlafmittel«, gab sie zurück. »Miss Dolly hat mir Laudanum gegeben. Ich kann mich an nichts mehr erinnern.«
»Kein Problem. Dann helf ich deinem Erinnerungsvermögen
eben auf die Sprünge. Du warst süß und sanft, und du hast alles gemacht, was ich von dir wollte.«
»Du spinnst wohl!«
»Nein, ich hab mir genommen, was mir zusteht«, erklärte er. »Du bist mit mir verheiratet, schon vergessen? Ganz offensichtlich brauchst du eine starke Hand.«
»Und du eine Kugel in den Kopf.«
»Los, raus aus den Federn. Zieh dich an, Mrs. Cain. Du hast dich lange genug versteckt.«
»Ich hab mich nicht versteckt.«
»Da hab
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