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Mitternachtsstimmen

Mitternachtsstimmen

Titel: Mitternachtsstimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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Stuckverzierungen ihrer eigenen Wohnung, nur die Möblierung
unterschied sich. Sie war überwiegend im Art-deco-Stil
gehalten, mit ein paar wenigen Jugendstilakzenten vermischt.
Die Bilder waren anscheinend auf einem Fest aufgenommen
worden, in dessen Mittelpunkt zwei Kinder im Alter von
Laurie und Ryan zu stehen schienen. Bei einer Aufnahme
waren es nicht die Personen, die Caroline stutzig machten,
sondern ein Lüster.
Denn sie war sicher, dass genau der gleiche in Virginia
Estherbrooks Wohnung hing.
Ein paar Seiten weiter fand sie Aufnahmen aus den sechziger
Jahren, wieder in diesem Wohnzimmer, das nun allerdings mit
denselben Möbeln ausgestattet war, die noch heute in Virgies
Wohnung standen. Hier war auch die Schauspielerin selbst zu
sehen, hinter einem Sofa, die Arme um die Schultern zweier
Kinder gelegt.
Und wieder waren diese Kinder etwa im gleichen Alter wie
ihre eigenen.
Sie blätterte weiter und stieß auf eine andere Kinderparty.
Diesmal mit Zwillingsjungen, einem Mädchen, das vielleicht
ein Jahr älter war als die beiden, und einem anderen Mädchen,
das nach Carolines Überzeugung niemand anderer sein konnte
als Rebecca Mayhew, obwohl sie jünger aussah – und sehr viel
gesünder – als beim letzten Mal, als Caroline sie gesehen hatte.
Die restlichen Seiten waren leer, aber Caroline blätterte sie
dennoch durch, um sicherzugehen, dass sie nichts übersah.
Dann ging sie das Album noch einmal aufmerksam von vorne
bis hinten durch. Beim zweiten Durchsehen stachen ihr nicht
nur die Aufnahmen von Menschen ins Auge, die Tony und
Melanie Shackleforth so verblüffend ähnlich sahen, sondern
noch etliche andere. Einige der abgelichteten Männer hätten
jüngere Ausgaben von Dr. Humphries, andere Zwillingsbrüder
von George Burton sein können. Auf den Bildern von der
Geburtstagsparty aus der Art-deco-Ära war ein Paar zu sehen,
das Alicia und Max Albion hätte sein können, nur dass die Frau
in ihren Siebzigern war, und der Mann gut zehn Jahre älter.
War es möglich, dass sämtliche Wohnungen im Rockwell
von einer Generation zur nächsten weitergegeben worden
waren?
Aber auch das ergab keinen Sinn – gut, es war vorstellbar,
dass Max Albion seinem Vater aufs Haar glich, aber was war
mit Alicia?
Außer ihre Eltern hatten auch in diesem Haus gewohnt.
War es das? War das der Grund dafür, dass die Nachbarn
hier so extrem freundlich zueinander waren? Konnten das alles
Sandkastenfreunde sein, die alle im selben Haus aufgewachsen
waren und ihr Leben in denselben Wohnungen verbrachten wie
ihre Eltern und Großeltern? Und plötzlich kam ihr eine Idee. Es
gab eine Möglichkeit, das herauszufinden; das Liegenschaftsamt. Brad war dort etliche Male im Auftrag von Kunden
gewesen, um Nachforschungen über frühere Besitzer eines
Grundstücks anzustellen. Genau, das war es!
Sie legte das Album zurück in die Schublade und verschloss
diese wieder. Dann wandte sie sich den drei Schubladen auf
der rechten Seite zu. In der oberen stieß sie auf ein Scheckbuch, das sie spontan aufklappte und an den Abschnitten
erkannte, dass nur einige wenige Schecks ausgestellt worden
waren – die meisten davon wiesen das Biddle Institut als
Begünstigten aus.
In der zweiten Lade fand sie ein halbes Dutzend Umschläge
von einem Fotolabor am Broadway. Neugierig zog sie einen
Packen Bilder aus dem Obersten. Das erste Foto zeigte eine
Gruppe Kinder, und im Hintergrund erkannte sie einen der
Käfige vom Central Park Zoo. Auf dem nächsten Foto wieder
die gleiche Kindergruppe, vor einem anderen Käfig. Auch die
anderen Bilder dieses Stapels zeigten diese Kinder, manchmal
ein halbes Dutzend von ihnen, manchmal in einer Zweier- oder
Dreiergruppe. Und keines der Bilder wirkte gestellt; die Kinder
hatten anscheinend gar nicht gemerkt, dass sie fotografiert
wurden.
Sie überprüfte die Rückseite der Bilder, fand aber keine
Kommentare, wer die Kinder waren oder aus welchem Jahr die
Bilder stammten. Beim Durchsehen der letzten Aufnahmen fiel
ihr ein Mädchen auf; ein Mädchen mit langen blonden Haaren,
die ein herzförmiges Gesicht mit blauen, boshaft glitzernden
Augen umrahmten.
Auf dem letzten Bild des Stapels war das Mädchen mit drei
anderen zu sehen, doch diesmal war ihr Kopf mit einem
schwarzen Marker eingerahmt.
Als hätte man sie ausgewählt.
Aber wofür?
Und plötzlich überfiel sie wie aus heiterem Himmel die
Erinnerung an die Nacht, als Laurie so geschrien, und Tony
nicht neben ihr

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