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Mitternachtsstimmen

Mitternachtsstimmen

Titel: Mitternachtsstimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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zurück, bewunderte ihr Werk und stieß dann
einen Seufzer aus, der plötzlich zu einem krampfartigen Husten
wurde.
»Ist Ihnen nicht gut?«, erkundigte sich Caroline, indem sie
die Hand ausstreckte, um die ältliche Schauspielerin zu stützen.
Virginia Estherbrook winkte sie mit einer ungeduldigen
Handbewegung weg. »Nichts Ernstes. Ich bin nur entsetzlich
müde und glaube, ich werde jetzt ganz schnell in mein Bett
kriechen und einen ganzen Monat durchschlafen. Sie sind mir
doch nicht böse, wenn ich jetzt nach Hause schleiche, oder?«
Am späten Nachmittag waren Beverly Amondson und
Rochelle gekommen, Beverly mit einem Asternstrauß und
Rochelle mit einem Pfund Pralinen von Godiva. Beverlys
Lächeln gefror für einen Moment, als ihr Blick auf die Vase
mit den Tulpen und Narzissen fiel, und Rochelle schüttelte
über die zahllosen Schüsseln und Platten in der Küche den
Kopf, als Caroline ihre beiden Freundinnen durch die
Maisonnette-Wohnung führte. »Das Empfangskomitee in
diesem Haus scheint ja wirklich auf Draht zu sein. Der
Partyservice ist wohl mit einem ganzen Lastwagen angerückt.«
»Nein, das ist alles selbst gemacht«, erklärte Caroline. »Ich
glaube, ich brauche den nächsten Monat nicht zu kochen.«
»Es gibt auch jede Menge anderes zu tun«, meinte Beverly
während des Rundgangs, denn in jedem Raum, den sie
betraten, musste irgendetwas renoviert oder erneuert werden.
Die Wasserflecken an den Decken der oberen Räumlichkeiten
zeugten von einer mittleren Überschwemmung im Stockwerk
darüber – »was deinem Ehegatten anscheinend entgangen ist«,
wie Rochelle spitz bemerkte. Darüber hinaus lösten sich die
Tapeten ab und viele der Teppiche waren so abgenutzt, dass
die Unterseite durchschien. In einigen Räumen hing ein
schaler, modriger Geruch, als wären sie schon ewig nicht mehr
betreten worden.
Und als die Frauen in Ryans Zimmer kamen, hockte der
Junge wie ein Häufchen Elend auf seinem Bett, hatte den
Baseballhandschuh noch an, doch seine Augen schwammen in
Tränen.
»Was ist denn mit dir, mein Schatz?«, fragte Caroline und
setzte sich zu ihm.
Ryan sah sie verzweifelt an. »Können wir nicht wieder nach
Hause ziehen?«
»Liebling, das ist jetzt unser Zuhause«, erinnerte ihn
Caroline, worauf Ryan sich mit einem traurigen Blick in dem
ihm zugewiesenen Zimmer umsah. Es war zwar nicht ganz so
groß wie das von Laurie, hatte aber trotzdem sein Bett nahezu
verschluckt, und sein Schreibtisch und die Kommode mit
seinen Kleidern wirkten wie Appetithäppchen. Die
Zimmerdecke war fleckig, die Wände so schmuddelig wie in
den meisten anderen Zimmern dieser Wohnung, und der ganze
Raum wirkte so leer, dass Caroline genau verstand, was in
Ryan vorging. »Ich weiß, dass dieses Zimmer schrecklich groß
ist«, versuchte sie ihn zu trösten. »Aber in ein paar Tagen wirst
du dich daran gewöhnt haben, und dann wird es dir nicht mehr
so leer vorkommen.«
»Hier stinkt es«, erklärte Ryan und zog die Nase kraus.
Gleichzeitig wischte er sich mit dem Ärmel die Tränen ab.
»Ach, das werden wir nächste Woche alles ändern«,
versicherte ihm Caroline. »Wir reißen die alten Tapeten runter
und malen dein Zimmer frisch aus, ganz nach deinem
Geschmack. Und in der Zwischenzeit«, fügte sie hinzu,
nachdem Ryan durch herzhaftes Schniefen angedeutet hatte,
dass es ihm besser ging, »kannst du dich an dem Geschenk von
Onkel Max freuen.«
Sofort verdüsterte sich Ryans Miene wieder. »Muss ich ihn
denn unbedingt Onkel Max nennen?«
»Selbstverständlich nicht – wenn du nicht willst. Aber ich
dachte, du magst ihn.«
Ryan zuckte mit den Schultern. »Ich schätze, er ist ganz in
Ordnung«, meinte er mit keinem Funken Überzeugung in der
Stimme.
»Na ja, es war immerhin sehr nett von ihm, dir diesen
Baseballhandschuh mitzubringen, und er scheint dich zu
mögen«, sagte Caroline und drückte ihn kurz, ehe sie von
seinem Bett aufstand. »Aber Onkel Max brauchst du ihn
deswegen nicht zu nennen. Und jetzt hör auf, dir Gedanken zu
machen – alles wird ganz prima werden. Du wirst schon sehen,
okay?«
Ryan nickte, aber als sie das Zimmer verließen, saß er immer
noch auf seinem Bett und starrte unglücklich auf den Boden.
»Wer ist dieser Onkel Max?«, fragte Rochelle auf dem Weg
nach unten.
»Max Albion, einer der Nachbarn. Er und seine Frau haben
ein Pflegekind aufgenommen, mit dem sich Laurie schon
angefreundet hat.«
Beverly hob eine Augenbraue. »Ist das

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