Mittland 2 - Das Feuer der Drachen: 1.100 Seiten Fantasy (German Edition)
Ihr uns nicht begegnet, hättet Ihr das Ei nie gefunden. Was wäre dann geschehen?«
»Das Ende von Mittland«, sagte der Lessan dumpf. »Die Götter haben euch rechtzeitig zu uns geschickt.«
»Zufall über Zufall«, murrte Bob.
»Und wenn aus dem Ei ein roter oder schwarzer oder gescheckter Drache schlüpft und es sich nicht um das Kind der Sonne handelt?«, fragte die Amazone.
»Dann, Laryssa, sollten wir anfangen, zu den Göttern zu beten.«
Eine Stunde später lag das Ei in der Glut des Feuers.
Zwei Tage später war noch nichts geschehen. Das Ei glühte von innen, schimmerte milchig, doch nicht deutete darauf hin, es könne ein Drache schlüpfen.
»Vielleicht ist das Feuer nicht heiß genug?«, überlegte man.
»Glut ist Glut und kann nicht heißer werden«, sagte ein anderer.
»Kann sie doch«, sagte Bob. »Man muss die Glut lüften.«
»Man sagt, Drachen leben eine Ewigkeit. Vielleicht dauert das Schlüpfen auch so lange?«, unkte eine alte Frau.
»Oder es ist ein taubes Ei, verfault und tot«, murmelte ein Mann.
Der Lessan ließ die Kommentare zu und starrte in die Glut, die Bob mit Palmwedeln anfachte, bis sie weiß war wie die Sonne.
»Unsere Seher sagen, es müsse eine Glut sein, nur so könne ein Drache schlüpfen«, sagte Ma’murd.
»Das klingt logisch«, gab Bob zurück. Er schwitzte. Er schwitzte tagsüber immer, denn die Hitze war nicht mit jener Milde zu vergleichen, die auf Fuure herrschte. »Schließlich handelt es sich um ein Wesen, dass selbst das Feuer in sich hat. Und glaubt mir – ich weiß, wovon ich rede.« Er schwieg und starrte dumpf vor sich hin.
Bama legte ihm eine Hand auf die Schulter und streichelte sie sanft.
Nichts geschah. Man feuerte und feuerte und hielt die Glut heiß , und das Ei lag dort und nichts änderte sich, abgesehen davon, dass es von Ruß geschwärzt war.
Der Tag verlor seine Bedeutung. Man aß, trank und wartete. Der Lessan versuchte, seine natürliche Ruhe zu bewahren, ließ seine Gäste jedoch keinen Moment aus den Augen – auch dann nicht, wenn er woanders weilte. Stets waren seine Vasallen bei den Gefährten, jederzeit freundlich, jedoch darauf bedacht, keinen aus den Augen zu verlieren.
»Glauben die, wir schnappen uns das Drachenjunge, falls es jemals schlüpft, und flüchten damit in die Tote Wüste? So bescheuert sind wir nicht, oder?«, schimpfte Bob.
Am schlimmsten war die Langeweile.
Die Oase war ein überschaubarer Ort und hatte ihren Reiz bald verloren, lediglich ein launiges Bad in einem der kühlen klaren Teiche sorgte für Kurzweil und Sauberkeit. Bob schnaubte und prustete , und Bama lachte, ja, sie lachte tatsächlich. Für einen Augenblick fiel alle Schwere von ihr ab , und sie sah in Bobs Augen wieder aus wie die junge Barb, die er einst heftig umworben hatte.
Doch auch dieses Vergnügen währte nicht lange.
Sie wurden bestens versorgt, gut genährt, aber die Tage schlichen dahin wie Schnecken in Gelee. Zu viel Zeit zum Denken, zu viel Hitze, Sand und kalte Nächte.
Sie wechselten sich am Feuer ab, denn niemand wollte den großen Augenblick verpassen – falls er eintrat!
»Da!«
»Schaut hin!«
»Etwas geschieht!«
»Es wird, es wird …«
»Durchsichtig wird es!«
»Ja, wie Glas!«
Unruhe machte sich breit. Der Tag neigte sich Richtung Sonnenuntergang , und nicht wenige hatten das Interesse an dem Ei verloren. Sie streiften es mit Seitenblicken, doch der Glaube daran, es könne jemals ein Drache schlüpfen, war in der Hitze verdunstet. Kinder machten sich lustig über die in die Glut starrenden Erwachsenen , und sogar Ma’murd schien den Glauben an einen Erfolg verloren zu haben, denn er ließ sich kaum noch blicken. Entweder er ritt in die Wüste, tagte mit den Ältesten oder Sehern in seinem Zelt , oder schritt durch die Oase und schaute nach dem Rechten. Manchmal schien es, als habe er die Gefährten vergessen, als wären sie Teil der Oase geworden, drei vertrocknete Büsche vielleicht , oder drei Haufen Kamelscheiße.
Die Fardas sammelten sich um das Ei und Ma’murd gesellte sich zu ihnen . Er wirkte derangiert, richtete seine Kopfbedeckung, ein Tuch, welches er mittels eines Ringes auf den Haaren hielt, und zog seinen weißen Kaftan zurecht. Er wirkte, als sei er aus dem Schlaf geschreckt oder bei der Liebe überrascht worden. Wohl eher das zweite, wenn man seine glänzenden Augen und das feine Schmunzeln sah, und Laryssa drehte seltsam bewegt den Kopf weg.
»Mir scheint, es
Weitere Kostenlose Bücher