Mittland 2 - Das Feuer der Drachen: 1.100 Seiten Fantasy (German Edition)
blicken. Wer in der unwirtlichen Region des kalten Nordens lebte, konnte sich Kompromisse nicht erlauben, denn sie konnten einen das Leben kosten. Es gab nur die Natur, den Feind, die Jagd und die Treue zum Clan. Es gab feste Regeln, die es einzuhalten galt , und wer dagegen verstieß, musste mit harten Konsequenzen rechnen.
Ascor hatte gesagt, man entgehe manchmal der Strafe, aber nicht dem Gewissen. Was immer das bedeuten mochte – es ließ Korgath schaudern, denn es klang düster und unabwendbar.
Er wünschte sich in die warmen weichen Arme von Xenua, doch diese ließ ihn seit geraumer Zeit nicht mehr auf ihr Lager. Sie verhielt sich verstockt und kaum etwas war von dem übrig, was der Clan führer einst geliebt hatte. Die wilde Frau hatte sich verändert, war aufsässig und besuchte immer öfters ihre Eltern, was Korgath für eine Ausrede hielt, um von ihm weg zu kommen. Er sei zu hart, sagte sie. Er behandele seine Tochter, die eigentlich Connors Tochter war, schlecht und mache kein Hehl daraus, sich einen weiteren Sohn gewünscht zu haben, der ihm bisher verwehrt geblieben war. Außerdem soff er zu viel, und wenn er ehrlich sei, fühle er sich im Kreis seiner Männer viel wohler als in ihren Armen, nach denen er sich nur hin und wieder sehnte, um seine körperlichen Bedürfnisse zu befriedigen.
Korgath spürte Zorn in sich aufsteigen.
Insgeheim hörte er Ascors Stimme, die ihn warnte und erneut darauf hinwies, dass er ein Lakai seines Gewissens sei. Seitdem Korgath wusste, dass Connor noch lebte, hatte sich etwas in ihm verändert. Es war eine Mischung aus Freude ... und Furcht!
Es war an der Zeit, neue Stärke zu gewinnen. Er würde nicht warten, bis Connor herkäme. Er würde das machen, was ein guter Kämpfer tat. Er würde ihm entgegen gehen. Ihn auf halbem Wege abpassen und schauen, was geschah. Er würde die Kontrolle behalten! Und Dandoria einnehmen. Wenn es sein musste, mit Schwert, Hammer, Axt, Bogen und Blut.
Er stand so hastig auf, dass der stabile Hocker umkippte und schlug mit der Handfläche auf die Tischplatte. Er trat vor sein Zelt , und hektischer Atem stand wie eine Wolke vor seinem Gesicht. Er starrte in das Grau des Tages und auf die feinen Schneeflocken, die über der Ebene tanzten. Seine von Büffelleder und Büffelfell geschützten Füße standen fest auf dem verdichteten Boden, von seinem Armmuskeln rannen Schweißtropfen, sein Brustkorb unter dem Lederwams hob und senkte sich selbstbewusst, mit den langen geflochtenen Haaren spielte der Wind, sodass die Muscheln und winzigen hineingeknoteten Knochen sangen, der knielange Rock umspielte seine bloßen Beine .
»Alle aus den Zelten! Ich habe etwas zu verkünden!«
Im Nu wa r er von seinen Männern umringt; die Weiber hielten sich abseits und drückten die Kinder an sich , und die Pferde tänzelten ungewiss.
Ascor kam gebeugt hinzu. Er stützte sich auf einen langen Stab, dessen Spitze der Kopf eines Warden zierte, kunstvoll in Stein gemeißelt.
Korgath holte tief Atem .
»Wir reiten nach Dandoria, Männer! Wetzt den Stahl, gürtet den Hammer, schleift die Axt. Und ihr Weiber seht zu, dass wir genug Dörrfleisch haben und Quellwasser. Füllt die Trinkschläuche , und sammelt für die Gäule, was sie benötigen. Morgen nach Sonnenaufgang brechen wir auf. Männer, nehmt Abschied von euren Weibern, besteigt sie noch einmal , und schenkt ihnen euren letzten Gruß. Herzt eure Kinder . L asst sie in eure Augen schauen, damit sie sich an einen tapferen Mann erinnern. Wir werden Dandoria erobern.«
Atemloses Schweigen folgte seinen Worten.
Der Atem vieler stand wie eine Wolke über ihren Köpfen, und Schneeflocken schmolzen darin, bevor sie den Erdboden berühren konnten.
Dann brach Jubel los. Nur die Männer johlten, doch ihre Stimmen trugen weit.
Korgath nickte zufrieden. S ein Blick fand den des Schamanen. Um die Lippen des Alten spielte ein feines Lächeln. Der Clanführer blickte weg, denn in seinem Kopf hörte er ein feines Wispern, das er zu ignorieren versuchte.
Ascor kam zu ihm und flüsterte: »Weißt du, was du tust?«
Korgath nickte hart und presste die Lippen aufeinander.
»Warum wartest du nicht noch eine Weile? Ein Mond ist keine lange Zeit ... Vielleicht brauchen Snækollur und seine Männer noch eine Weile.«
»Du sagtest selbst, sie kehren nicht zurück.«
»Ich sagte, dass ich es nicht sehe. Das bedeutet nicht, dass es nicht geschehen kann.«
»S chau dir die Männer an. Wie ihre Augen blitzen. Wie sie sich
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