Mittland 2 - Das Feuer der Drachen: 1.100 Seiten Fantasy (German Edition)
blickte sich in einer dunklen Kammer um, in der man kaum die Hand vor Augen sehen konnte, obwohl helllichter Tag war. Die Fenster waren mit Leinen verdeckt, als wolle man einem geschätzten Gast einen ruhigen Schlaf gönnen.
»Steve? Bist du hier?«
Keine Antwort.
Frethmar zerrte die Leinenvorhänge weg , und Lichtstrahlen erhellten den Raum. Ein Bett, ein Tisch, zwei Stühle, alles sehr einfach, eine Kommode mit einer Waschschüssel, ein Kristallspiegel, auf dem Steinboden ein abgetretener brauner Teppich. Es stank nach Essen s resten und Feuchtigkeit. Ansonsten gab es hier nichts und niemanden. Andererseits war die Tür verschlossen gewesen. Warum?
Hatte Agaldir sich geirrt? Hatte Connor Recht und der Blinde Magister war nur noch ein alter Mann, dem man nicht mehr vertrauen konnte? Er hatte gesagt, er spüre, dass Steve hier sei. Wenn ein Blinder Magister so etwas sagte, dann gab es keinen Zweifel. Eigentlich ... normalerwe ise – doch was war noch normal?
Frethmar wirbelte herum, denn irgendwo in diesem Raum hatte sich etwas bewegt, hatte etwas ein Geräusch verursacht.
»Steve?«, murmelte der Zwerg.
»Ja?«
Frethmar spitzte seine Ohren. Hatte er sich verhört? Hatte jemand geantwortet? Es war nur ein Wispern gewesen, wie ein Windhauch in den Blättern einer Weide.
»Ja?«
Und erneut kam der Laut, das Wort, sehr leise, so leise, dass Frethmar an seinem Verstand zweifelte. Bei den Göttern, die Zeit lief ihm weg. Was geschah derweil mit Connor und Agaldir? Er musste sich beeilen. Falls er Steve hier nicht fand, musste er seinen Gefährten zu Hilfe eilen. Oh verflucht! Das war eine verzwickte Situation. Er musste eine Entscheidung treffen.
»Bist du das, Steve? Wo bist du? Wo finde ich dich?« Der Zwerg traute sich kaum, lauter zu reden, als eine Maus piepsen mochte, obwohl er am liebsten geschrien hätte, aber etwas hielt ihn davon ab. Etwas, das ihn hören konnte, etwas Gefährliches, Bedrohliches! Etwas anderes ! In seinen Ohren rauschte es, so sehr konzentrierte er sich. Bildete er sich die Stimme ein? So sehr er den Raum mit seinen Blicken durchmaß, er fand nichts und niemanden, zu dem die Stimme gehören konnte. Der Raum war unbewohnt. Dennoch hatte er die Stimme vernommen. Sie echote noch immer wie ein verirrter Windhauch zwischen den Wänden.
Aus dem Nichts schälte sich eine Gestalt.
Steve?
Nein, das konnte nicht sein.
Frethmar blinzelte und hielt seine Axt bereit.
Das Wesen näherte sich Frethmar.
Der Zwerg hörte sich fluchen und seine Axt wirbelte. Er folgte seinen Instinkten und begriff erschüttert, dass seine Waffe wirkungslos war. Sie durchschnitt die Gestalt, ohne dass sie Schaden nahm. Im selben Moment, da er den Schemen erneut angriff, erkannte er, wen er vor sich hatte.
BLUMA!
Frethmar ließ die Axt sinken und starrte auf das Wesen. Er war desorientiert und fühlte sich wie in einem Traum, in einer unwirklich wirkenden Situation begriffen. Zuerst Steves Stimme und dann Bluma?
»Bestelle keine Auster, um darin eine Perle zu finde, sondern esse sie«, sagte Bluma, schwach schimmernd und grau schillernd. Ihre Stimme klang erstaunlich präsent und doch von weit her. »Sei kein Narr. Tanze nicht auf einem Seil, auf dem viele tanzen. Und noch etwas wichtiges, lieber Zwerg. Binde dein Schiff nicht an einen einzigen Anker.«
»Was ... was meinst du damit?«, keuchte Frethmar atemlos. »Von was redest du?«
»Ich spreche über die Hoffnung, dummer Zwerg«, sagte Bluma sanft.
»Von der Hoffnung? Was hat das mit einem Schiff zu tun?«
»Denke!«
»Ich verstehe immer noch nicht.«
»Du warst nichts und wirst nichts sein. Auf Gidweg in Trugstedt warst du ein Nichts. «
Frethmar sperrte den Mund auf.
»Beides ist gleich. Vergangenheit und Zukunft gehen dich nichts mehr an.«
»Das weiß ich. Was war das war und was sein wird, kenne ich nicht. Meinst du das?«
Bluma lächelte und nickte.
»Bluma, liebe Bluma – du bist es doch, oder? – was willst du damit sagen?«
»Denken ist schwere Arbeit.«
»Willst du damit sagen, ich könne nicht ...«
»Rede mit dir selbst, und du denkst!«
Frethmar war perplex.
»Rede m it dir selbst. Frethmar. Tue es. «
Er versuchte, den Sinn hinter ihren Worte zu entdecken, doch ihre Worte entglitten ihm wie mit der Hand gefangene Fische. Unzählige Fragen lagen ihm auf den Lippen. Befand er sich in einer abstrusen Gedankenwelt und in Wirklichkeit stand er noch neben Balgers Leiche?
Frethmar hatte jedes Zeitgefühl verloren,
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